Donnerstag, 19. März 2020

Brief 553 vom 8./9.9.1944 (kam später an!)


 Du meine liebste Annie!                                                         8.9.44/ 9.9.44      

Auch heute kann ich Dir wieder schreiben, weil wir einigemaßen Ruhe haben. Wenn auch hin und wieder geschossen wird, so ist es doch möglich, daß ich mich mit Dir unterhalten kann. Das Wetter ist noch schön trocken und die Arbeit ist zum großen Teil auch beendet. Wir haben nach den harten Kämpfen, die ja auch anscheinend im Wehrmachtsbericht erwähnt wurden, hier eine neue Stellung über dem Fluß eingerichtet. Der Ort heißt nicht, wie ich irrtümlich geschrieben hatte, Grebwo, sondern Osterolennel, nach der deutschen Bezeichnung Scharfenwiese. Man kommt ja nicht immer gleich klar mit diesen verrückten polnischen Namen, weil manchmal ein Ort in den anderen übergeht. _ Es wird nun doch ein Brief, zu dem ich zwei Tage Zeit brauche, denn wir haben gestern abend noch zum Arbeiten antreten müssen, weil für einen Gefechtsstandbau Material herbeigeschafft werden mußte. Auch jetzt müßte ich eigentlich schaffen, aber eine kleine Atempause braucht man schon zwischendurch einmal wieder, die will ich nun gleich benutzen, meinen gestrig begonnenen Brief fortzusetzen. Wie ich hier bei meiner Ankunft feststellen konnte, hatte ich mich auch wieder nicht so sehr beeilen b rauchen, denn der Spieß war froh, daß er mich wiedersah. Ihm war das nicht mitgeteilt worden, daß ich erkrankt war, so daß keiner wußte, wo ich steckte. Er sagte mir, daß nach haus berichtet worden sei, daß ich als vermißt gelten würde. Es sei nun aber gleich wieder geschrieben worden, daß diese Meldung auf einem Irrtum beruhe. Du hast ja auch von mit laufend Nachridht erhalten, so daß dies ja von vorneherein klar sein sollte. Damit hat ja diese Angelegenheit auch ihre Erledigung gefunden. Wie wir bei meiner Abfahrt feststellten, hatte ich doch keine Zahnbürste eingepackt. Das ist so weiter nicht schlimm, denn ich habe inzwischen schon wieder eine kaufen können. Deshalb mußt Du Dir also keine Gedanken zu machen. Auch sonst mit der Verpflegung steht es nich schlecht, denn wir bekommen wirklich ausreichend.  Du weiß ja, daß ich nicht gerade ein großer Esser bin, und wenn dann die anderen Kameraden satt werden und zufrieden sind, dann kannst Du das ja schln glauben. Briefpapier bekommen wir hier auch an die       gebracht. Auch in dieser Richtung besteht dann kein mangel. Von hier aus gab es weiter nichts zu berichten, denn hiergeht der Krieg in unveränderter Form weiter. Wir haben uns hier eingeschanzt. Eine Unterkunft haben wir uns auch geschaffen, so daß wir weiterhin einigermaßen geschützt sind, wenn es regnet. Ob der Russe hier wieder angreift, das kann man ja nicht wissen, ob wir ihn vom Übergang über den Fluß abhalten können, das kann man auch noch nicht beurteilen. Befehlsmäßig muß ja diese Linie im WEsten auf einem gewissen Punkt sich gefestigt haben. Aber wir hoffen trotz allem zuversichtlich. daß es sich für uns noch alles zum Guten wenden wird.   Ich kann Dir nicht sagen, was für ein GEfühl der Dankbarkeit in mir ist, wenn ich daran zurückdenke, daß ich solch schöne Urlaubstagebei Euch erleben konnte. Den Kameraden habe ich es nicht weiter erzählt, nur soweit sie mich danach fragten. Wenn man so hört, was sich alles ereignet hat, wähnred meiner Abwesenheit, dann kann man dem Schicksal dankbar sein. Aber ganz abgsehen davon, bin ich so froh, wenn ich mich der schönen Tage erinnere. So muß ich auch daran denken, wie unser Junge so glücklich war, als er bei einem unserer Walsspaziergänge die Krause Glucke fand und immer wieder bestätigt haben wollte, daß er damit doch was Schönes gefunden habe. Oder wie Helga nie genug bekam, wenn wir beim Baden waren. Immer noch einmal wollte sie ins Wasser und dann ging es ihr nicht wild genug zu. Tauchen und kein Ende. Oder wie Jörg dort auch den Geschmack davon bekam und sich darüber freute, daß er es geschafft hatte. Wie ein kleiner Hund prustete er immer, wenn er wieder tauchte. Ja, das sind soviel kleine Erlebnisse, die einem ins Gedächtnis kommen. Du hast nun noch Deine verschiedenen GArtenarbeiten zu erledigen, die ich Dir zurückgelassen habe. Ich habe mir schon Gedanken gemacht, daß ich Dir die Kartoffeln nicht herausgetan habe und daß ich Dir nicht die Äpfel heruntergeholt habe. Aber wenn ich mir das vorstelle, dann war alles noch nicht ganz soweit, daß man sich mit Ernst dieser Dinge hätte annehmen können Ich glaube auch, daß Du mir darum nicht böse bist. Hast Du noch viel Äpfelringe machen können. Darüber werde ich ja demnächst erfahren. Bis in 10 bis 14 Tagen kann ich ja erst mit dem Eingang von Post von Dir rechnen, denn ich konnte Dir ja erst jetzt die neue Anschrift mitteilen.  Das ist aber nicht so schlimm, ich kann schon warten, vor allem,. wenn ich glauben kann, daß Ihr gesund seid, was ich immer noch annehme. Wenn ich auch nicht ganz im Bilde über die weitere Entwicklung der Dinge bin, so glaube ich doch nicht, daß sich meine Befürchtung, die ich Dir gegenüber aussprach, bewahrheitet hat und daß Ihr noch daheim sein könnt. Ich grüße Dich, mein lieber Schatzu, recht herzlich und die Kinder und Vater ebenfalls. Ich behalte Euch lieb , wie Ihr das ja auch mit mir tut. Jedem von Euch Dreien gebe ich einen lieben Kuß, denn ich denke nur immer an Euch. Von Dir wünschte sich zwar auch gern einen 

Dein Ernst.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen