Donnerstag, 19. März 2020

Brief 576 vom 15.11.1944


Du mein liebster Schatz !                                                                                   15. 11. 44  

Auch gestern traf kein lieber Gruß von Dir ein, doch das ist nun einmal nichts anders, daß man immer mit solchen Schwingungen rechnen muß. Einmal trifft eben mehr ein, das ander Mal muß man dafür warten. Eins ist mir dabei immer gewiß, daß ich Dein und der Kinder treues Gedenken besitze. Das ist mir schon recht viel wert, und darum kann ich mich auch gedulden. _ Du schneidest in einem Deiner letzten Briefe unsere Mäusefrage an und stellst dabei die Frage, ob das Fangen dieser Biester Wert hätte. Ich hatte Dir ja von meiner Fallenkonstruktion geschrieben. Für eine gewisse Zeit hatte die sich bewährt, aber nun sind die Viecher dahinter gekommen und haben sich nicht mehr darauf gewagt. An die zehn Stück hatte ich damit gefangen.  Heute habe ich gerade eine andere Falle gebaut. Ob diese Sache klappt, muß nun erst die Probe aufs Exempel beweisen. Die Beschäftigung reißt hier nicht ab. Von früh bis zur Nacht ist man eben auf den Beinen. Die Kälte hat wohl wieder etwas nachgelassen, doch dafür ist die stockdunkle Nacht, wenn man so durch die Stellung streichen muß, dann muß man höllisch aufpassen. Überall eckt man an, und die Händesieht man nicht vor den Augen. Einmal sind die Wände eingefgallen, dann tippt man wieder durch Wasserpfützen. Das sind alles so unangenehme Begleiterscheinungen, die man mit in Kauf nehmen muß. Ich habe zwar ein Paar Gummistiefel bekommen, doch das dauernde Wechseln der Schuhe paßt mir nicht so ganz. _ Wegen des angeforderten Spiegels haben wir uns wohl verstanden. Ich dachte an einen kleinen runden Taschenspiegel, wie ich ihn die ganze Zeit gehabt habe. _ Für heute muß es damit wieder gut sein, denn meine Weisheit ist zuende und die Zeit ist auch etwas knapp geworden.  Bleibt alle zusammen gesund und laßt Euch recht herzlich grüßen und vielmals küssen von 

Deinem Ernst.

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