Donnerstag, 19. März 2020

Brief 567 vom 30.10.1944


Du mein herzensgutes Mädel!                                                                             30.10.44  

Es war mir gestern beim besten Willen nicht möglich, zum Schreiben zu kommen, weil ich dienstlich ziemlich angespannt war. Ich habe zwar keine Post von Dir erhalten, denn ich bekam nur einen Brief von Nannie, die mir seit ich hier draußen bin, auffallend mehr schreibt wie früher. Früher hatte ich monatelang warten können, bis ich wieder einmal Bescheid auf meine Briefe erhielt. Mir soll es recht sein, denn ich war ihr deshalb früher auch nicht böse. Von Lotte bekam ich eine Karte, mit der sie sich für meine Geburtstagswünsche bedankt. Sie ist typisch abgefaßt und sie bedarf wohl keines weiteren Kommentars. Ob es da nicht eine gewöhnliche Postkarte getan hätte. Diese kitschigen Sachen kann  ich einfach nicht ertragen. Aber lassen wir das. Ich habe ihr pflichtgemäß geschrieben und damit ist der Fall wieder erledigt. _ Nannie leidet anscheinend schwer unter der Länge des Krieges. Es sind nun einmal harte Zeiten, und die müssen wir durchstehen. Ich sende Dir ihren Brief in den nächsten Tagen wenn ich ihn beantwortet habe mit zu. Über ihre sonstige Einstellung gegenüber dem Gerede, dem man immer wieder begegnet, wirst Du Dich sicher auch freuen, soweit ich Dich kenne. Daß nun sogar noch mein Onkel sich trotz seines hohen Alters zum Volkssturm freiwillig gemeldet hat, ist doch wirklich bemerkenswert. Über das Leben, das wir nun hier nun im Graben führen oder auch sonst auf dem Marsch herrscht wohl allgemein eine andere Vorstellung als es der Wirklichkeit entspricht. Es ist auch schwer, das zu schildern, weil nur der das richtig verstehen kann, der dieses KLeben eine Weile mitgeführt hat. Mancher stellt sich das vielleicht schlimmer vor und mancher meint wieder, das sei halb so wichtig. Nannie empfindet es wohl härter, als es tatsächlich ist. Gegenwärtig ist es hier so, daß wohl in den Nachbarabschnitten einige Kilometer weiter südlich etwas los ist. Aber das darf uns ja weiter nicht berühren, denn wenn sich bei uns einmal etwas ereignet, sind wir auch nur auf uns selbst angewiesen. Das Kriegsgeschehen hier draußen hat seine eigenen Gesetze, die unumstößlich sind. Die Fliegenplage hat ja jetzt praktisch aufgehört, denn die wenigen, die nach dem großen Sterben übriggeblieben sind, kann man ja schon zählen und die kommen nicht mehr in Betracht. Dagegen haben wir jetzt einen Kampf mit unseren Mäusen auszufechten der sich wohl im Laufe der Zeit zu Ungunsten unserer Mitbewohner auswirken wird. Ich habe mir eine ganz raffinierte Falle konstruiert. Du wirst staunen. Ein alter Eimer, der halb mit Wasser gefüllt ist. Dieser wird unter eine Tisch- oder Stuhlkante  gestellt. Über diesen Eimer bzw. auf die Tischkante legt man einen Papierstreifen. Auf die äußerste Kante wird ein Stückchen Brot gelegt. Wenn die Maus das Brot schnappen will, kippt die Pappe um und die Maus fällt ins Wasser und kann sich baden. Drei Stück sind mir heute schon auf diesen Leim oder besser gesagt, auf diese Pappe gegangen. Wie ich von einem Kameraden erfahren habe, soll die Brotzuteilung nochmals gekürzt sein. Stimmt das oder ist das wieder ein dummes Gerede? Daß Ihr für die Kinder Honig zugeteilt bekommen habt, ist bestimmt sehr schön. Wie viel Kartoffeln hast Du für Euch zusammen für den Winter? Wenn ich Euch Bonbons zusende und einmal eine Tafel Schokolade, so ist mir das eine Freude. Du mußt Dir keine Gedanken deshalb machen, denn Bonbons bekommen wir in der Woche fast zweimal oder gar einmal mehr. Daß ich von Euch nichts geschickt haben möchte, brauche ich wohl nicht nochmals betonen. Vor einigen Tagen hatte unser Koch uns sogar Streuselkuchen gemacht. Es gab ja für die vielen Männer nicht viel, aber man hat doch wieder einmal.  Das hat mich gefreut, daß Du einige Nüsse gegen Zigaretten eintauschen konntest. Mehre solcher   Kleinigkeiten helfen doch alle zusammen. Das ist immer das, was man gegenwärtig so braucht. Die Rauchwaren haben ja für uns keine Bedeutung weiter.  Daß Du bezüglich des Nachbarn von Erna auch meiner Meinung bist, konnte ich mir ja vorstellen. Weißt Du, auf was das auch mit zurückzuführen ist, daß sich solche Spannungen ergeben? Erna hat doch eigentlich noch nicht viel Lebenserfahrung sammeln können. Solch ein Mann mit einer solchen Gosche macht schöne Sprüche und gleichzeitig sucht er seinen Nutzen. Ein typischer Sachse. Erna fehlt jemand, der sie etwas führt und leitet. Aber ich glaube, sie hat eben auch ihren eigenen Kopf und will ihre eigenen Wege gehen. Siegfried übersieht vielleicht die Dinge nicht in dem Maße. Aber Beide müssen zusehen, wie sie fertig werden. Es ist nicht unsere Aufgabe, da hineinzureden. Daß Du noch einmal eine kleine Kartoffelernte hattest, ist ja schön.  Die kannst Du sicher ganz gut gebrauchen. Davon könnt Ihr immerhin wieder einige Tage essen. Was bekommt denn eigentlich Jörg für seine Arbeitsleistung? Er geht doch hoffentlich nicht ganz leer aus? Für heute Dir und den Kindern wieder recht herzliche Grüße und viele, viele liebe Küsse sendet Dir Dein Ernst.
Mitbewohner auswirken wird. Ich habe mir eine ganz raffinierte Falle konstruiert. Du wirst staunen. Ein alter Eimer, der halb mit Wasser gefüllt ist. Dieser wird unter eine Tisch- oder Stuhlkante  gestellt. Über diesen Eimer bzw. auf die Tischkante legt man einen Papierstreifen. Auf die äußerste Kante wird ein Stückchen Brot gelegt. Wenn die Maus das Brot schnappen will, kippt die Pappe um und die Maus fällt ins Wasser und kann sich baden. Drei Stück sind mir heute schon auf diesen Leim oder besser gesagt, auf diese Pappe gegangen. Wie ich von einem Kameraden erfahren habe, soll die Brotzuteilung nochmals gekürzt sein. Stimmt das oder ist das wieder ein dummes Gerede? Daß Ihr für die Kinder Honig zugeteilt bekommen habt, ist bestimmt sehr schön. Wie viel Kartoffeln hast Du für Euch zusammen für den Winter? Wenn ich Euch Bonbons zusende und einmal eine Tafel Schokolade, so ist mir das eine Freude. Du mußt Dir keine Gedanken deshalb machen, denn Bonbons bekommen wir in der Woche fast zweimal oder gar einmal mehr. Daß ich von Euch nichts geschickt haben möchte, brauche ich wohl nicht nochmals betonen. Vor einigen Tagen hatte unser Koch uns sogar Streuselkuchen gemacht. Es gab ja für die vielen Männer nicht viel, aber man hat doch wieder einmal.  Das hat mich gefreut, daß Du einige Nüsse gegen Zigaretten eintauschen konntest. Mehre solcher   Kleinigkeiten helfen doch alle zusammen. Das ist immer das, was man gegenwärtig so braucht. Die Rauchwaren haben ja für uns keine Bedeutung weiter.  Daß Du bezüglich des Nachbarn von Erna auch meiner Meinung bist, konnte ich mir ja vorstellen. Weißt Du, auf was das auch mit zurückzuführen ist, daß sich solche Spannungen ergeben? Erna hat doch eigentlich noch nicht viel Lebenserfahrung sammeln können. Solch ein Mann mit einer solchen Gosche macht schöne Sprüche und gleichzeitig sucht er seinen Nutzen. Ein typischer Sachse. Erna fehlt jemand, der sie etwas führt und leitet. Aber ich glaube, sie hat eben auch ihren eigenen Kopf und will ihre eigenen Wege gehen. Siegfried übersieht vielleicht die Dinge nicht in dem Maße. Aber Beide müssen zusehen, wie sie fertig werden. Es ist nicht unsere Aufgabe, da hineinzureden. Daß Du noch einmal eine kleine Kartoffelernte hattest, ist ja schön.  Die kannst Du sicher ganz gut gebrauchen. Davon könnt Ihr immerhin wieder einige Tage essen. Was bekommt denn eigentlich Jörg für seine Arbeitsleistung? Er geht doch hoffentlich nicht ganz leer aus? Für heute Dir und den Kindern wieder recht herzliche Grüße und viele, viele liebe Küsse sendet Dir

Dein Ernst.
  

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