Donnerstag, 19. März 2020

Brief 556 vom 9.10.1944


Mein liebster un bester Schatz!                                                               9.10.44   

Nach den ersten Tagen der Unruhe und des Einrichtens geht es heute einigermaßen geruhsam bei uns zu. In der Nacht war zwar ein großes Unternehmen bei uns, bei der es viel eisenhaltige Luft gab, aber bei Tag istes desto ruhiger in unserem Abschnitt gewesen. In den vorangegangenen vier Tagen habe ich schätzungsweise fünf Stunden geschlafen. Heute habe ich mich etwas hingelegt und bin tatsächlich fest eingeschlafen und konnte dabei vier zusammenhängende Stunden schlafen. Das hat mich wieder tüchtig gestärkt, so daß ich wieder ganz ordentlich auf Posten bin. Ich hatte ja gestern Dir mitgeteilt, daß ich Dir heute etwas mehr schreiben würde, wenn nichts Besonderes eintritt. Dieses VErsprechen will ich nun einlösen und Dir nach meinen zwei letzten Briefen wieder etwas ausführlicher berichten. Aus dem Absender wirst Du es vielleicht gemerkt haben, daß ich nun schon die erste Stufe des Soldatseins überschritten habe und die zweite erklommen ist. Ich bin Gefreiter geworden. Das ist doch eine Leistung. Ja, bis jetzt ist das ganz formlos vor sich gegangen. Am Sonntag vor achtTagen wurde ein großer Teil von Kameraden befördert. Auch von mir sprach man, doch als es soweit war, da hatte man mich vergessen. mir persönlich hat das nichts weiter ausgemacht, wenn ich das Dir offen sagen soll, denn ich habe beim Barras schon soviel Dinge erlebt, daß mich sowas nicht aus dem Gleichgewicht bringt. Dieser Tage kommt der Spieß in die Stellung und fragt mich, ob ich nicht Gefreiter geworden sei, was ich verneinte. Daraufhin entschuldigte er sich und sagte, daß das sofort rückwirkend nachgeholt würde. Mit ist das Soldbuch abgenommen worden und das war vor wenigen Tagen. Seither habe ich es noch nicht zurückl erhalten. Doch gestern kam unser Rechnungsführer und zahlte mir Geld nach, weil ich doch nun befördert worden sei.  Wenn das schon eingetragen ist, dann muß es anscheinend stimmen, denn das, was mir die Kameraden schon vorher mitgeteilt haben, das kann man doch nicht immer für bare Münze nehmen. Das wäre so alles in diesem Fall. Es kann ja sein, daß man mir das noch offoiziell mitteilt, aber darauf warte ich nicht erst. Ja, so geht das. Ob nun noch etwas nachkommt, wird sich ja zeigen. _ Wie ich aus Deinen Briefen lese, willst Du anscheinend mit Gewalt, daß Du wieder laufen kannst. Ja, mein liebes Mädel, dazu muß man recht viel Geduld aufbringen, das läßt sich nicht erzwingen. Es braucht alles seine Zeit und die muß auch Du abwarten. Ich denke nur daran, wie ich mir vor Jahren den Fuß verknaxt hatte. Es hat lange gedauert, bis das wieder in Ordnung war und dabei hatte ich noch nicht einmal eine Wunde. Also lasse alles richtig ver heilen und verdirb nichts durch zu zeitiges Anstrengen. _ Was machen denn die Hände unserer lieben kleinen Nachfolgehausfrau? Hoffentlich sind sie wieder gesund geworden.  Man merkt eben, daß sie diese Dinge noch nicht gewohnt ist und daß die Hände nocht nicht abgehärtet sind. Das kann man schließlich nicht verlangen. Ich wünsche ihr, wie Dir selbstverständlich auch, recht gute Besserung weiterhin. Mit den Apfelringen habt Ihr ja schon schöne ERfolgeerzielt. Damit kannst Du den Winter über ganz gut etwas anfangen. Das freut mich immer wieder, wenn ich weiß, daß Ihr nicht nur auf das angewiesen seid, was einem so zugeteilt wird. Das Brot wird ja auch wieder gekürzt, das spürt man eben auch . Die Kartoffelzuteilung ist aber auch nicht übermäßig groß. Vielleicht kannst Du von irgendeiner Seite noch welche dazubekommen. Ich denke an Resi. Aber das überlasse ich Dir. Das ist schön von den Kindern, daß sie das Kohlenschichten gleich übernommen haben. Das sind ja alles so Arbeiten, an die Du Dich jetzt noch nicht ranmachen kannst._ Wegen den Zeitungen lauf doch nicht mehr zu den unfreundlichen Menschen. Ich glaube ja, daß sie ein Königreich verschenken. Ich bekomme ja von Leipzig immer die Zeitungen, das genügt ja auch. Es ist ja nicht wegen des Geldes, aber doch wegen des Ärgers, der immer damit verbunden ist. _ Dem Gaugel muß es schon hart ankommen, wenn es so wenig Zigaretten gibt. Du hast ja einen ganz schönen Erfolg gehabt. Denn vier Glas Marmelade ist doch etwas Feines. Daß die Marmelade so fest wird, habe ich mir gedacht. Weißt Du, was besonders gut schmeckt, diese Holderbeeren mit Brombeeren zusammen gekocht. _ Hoffentlich gefällt es Jörg weiterhin an seiner ARbeitsstelle. Es wird schon manchmals etwas gabn, das ihm nicht zusagt, aber da muß er sich hineinfinden und nicht gleich den Kopf hängen lassen.  DAß ihm das Freude gemacht hat, als er etwas mitbekam, das kann ich mir gut vorstellen. _ Helga hat sich nun im Apfel  ? machen versucht, VAter will also dabei behilflich sein. Ich bin auf Deine Nachrichten gespannt, wie das so verlaufwen ist. _ Heute habe ich wieder ganz schön mit Dir pllaudern können. Es ist mir schon fast zu einem täglichen Bedürfnis geworden, und wenn es einmal nicht so klappt, dann fehlt mir an dem Tag etwas. Es geht eben nicht immer so, wie man gern will. Ich grüße Dich recht herzlich und wünsche mir, Dich wieder einmal in die Arme nehmen zu können.  Nimm einen herzlichen und lieben Kuß entgegen und teile alles an die Kinder weiter.  Bleibt mir gesund und denkt immer an Deinen Ernst und Euer 

Vaterle. 

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