Du meine liebe,
meine gute Annie !
29.12.44
Dem Wochenende entgegen. Das Wetter ist hell und sichtig.
Frischen Schnee hat es in der vergangen Nacht gegeben. Die Sonne scheint wieder
und über unser Gehen durch Granaten und Granatenwerfer hinweg. Man nimmt nicht
sonderlich Notiz, denn sie gelten ja nicht uns. Sie sollen den Iwan treffen.
Bekämpfung des Feindes wird es genannt. Bis vor wenigen Tagen haben uns die
Brüder herübergewinkt und nachts riefen sie uns zu. Sie fragten, wie spät es
sei und ähnliches. Seit nun unsere Scharfschützen in den letzten zwei Tagen
etwa zehn Mann abgeschossen haben, ist es auf der anderen Seite etwas ruhiger
geworden. Zwar in der Nach macht er sich schon bemerkbar, aber da muß man sich
vorsehen und den Geschossen aus dem Weg gehen. Die klaren Mondnächte gemahnen
doch immer wieder zu gewisser Vorsicht. Zwar unsere weiße Tarnkleidung
Liebster Schatz
! 30.12.44
Aus bestimmten
Gründen habe ich meinen gestrigen Brief abbrechen müssen, denn wir hatten noch
eine Flasche Cognac hier, die ich mit meinem Feldwebel leergemacht habe. Wenn
man sonst ganz und gar aus der Gewöhnung gekommen ist, dann hat man schon zu
schaffen. Aber das ist nun auch vorüber, und für uns läuft der Betrieb einmal
weiter. Einen lieben Brief habe ich
gestern wieder erhalten, der mir viel Freude bereitet hat. Es ist Dein Brief
vom 17.12. Nummer 122. Daß Ihr Euch auch am 3. Advent wieder zusammengesetzt
und Lieder gesungen habt, wird auch den Kindern gut gefallen haben. Daß dieses
Zusammensein durch Alarm gestört wird, ist sehr schade, aber mit solchen muß
man heute rechnen. Froh ist man aber, wenn alles heil vorübergeht. Das war ja
auch der Fall. Deine Schilderung über unseren Jungen hat mich ebenso gefreut,
denn ich kann mir vorstellen, wie er zu Eurem Leidwesen die Wohnung vollbaut.
Die Soldatenlager dehnen sich sehr aus so daß er sie selbst nicht abreißen kann.
Das ist für Frauen, die immer saubermachen wollen, nicht verständlich. Aber wie
es scheint, hat sich dieser Pimpf durchgesetzt. Er ist doch ein rechter
Kuppelbruder. Wo hat er denn schon wieder die anderen Flieger her? Aber in
dieser Beziehung war er ja schon immer sehr betriebsam. Er macht sich
jedenfalls Gedanken und befaßt sich mit den Dingen. Meist ist es ja so, daß die
Kerle besser Bescheid wissen wie die Eltern. Helga kann man ja gratulieren zu
ihrem Sammelergebnis. Das ist wirklich ganz beachtlich. was sie da erreicht hat. Das kann ich mir
vorstellen, daß das Ingrid weniger gefreut hat, denn sie ist in dieser Hinsicht
recht ehrgeizig. Aber wichtig ist ja, daß ein jeder seine Pflicht tut. Gestern bekam ich den Auszug aus dem
Heeresverordnungsblatt über die Heranziehung der MV-Beamten zu
Reserveoffizieren. Es ist mir dabei etwas nicht ganz klar. Ich weiß nicht
nicht, ob das auch für mich in Betracht kommt, nachdem ich vorher nicht im
Offiziersrang stand. Ich habe bereits eine Rückfrage an den Kameraden Örz
gestartet. Ich will sehen, was man zu dieser ganzen Angelegenheit denkt. Im
übrigen erwarte ich ja auch noch Deine Ansicht über diese Angelegenheit. Ich
habe ja bis jetzt warten können, dann macht es wohl auch nicht weiter aus, wenn
ich noch etwas Zeit verstreichen lasse. Es hat eben alles seine zwei Seiten.
Ich weiß nicht mehr genau, habe ich Dir schon davon geschrieben, daß ich am 24.
zwei Päckchen an Dich abgesandt habe. Sie enthalten Schokolade, Bonbons,
Rauchwaren. Morgen kann ich noch ein kleines Päckchen mit einer Dose Fisch an
Dich absenden. Neue Päckchenmarken haben wir hier auch erhalten. Ich sende sie
Dir heute wieder mit und bitte Dich, daß Du mir einmal ein paar Äpfel schickst.
Du mußt zwar obachtgeben, daß sie keinen Frost bekommen, aber ich denke, daß
sich das schon machen läßt. Ich denke
wieder mit recht herzlichen Grüßen an Euch. Laßt Euch alle Drei fest und
herzlich küssen., Bleibt nur immer gesund für Euer Vaterle und für
Deinen
Ernst.
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