Du mein liebster Schatz ! 30.11.44
Recht herzlich möchte ich mich für Deine beiden Briefe vom
20. und 21. bedanken, die gestern abend
schon bwei mir eingingen. Die sind doch ziemlich schnell gegangen. Ich weiß,
daß bei Dir jetzt die Zeit auch öfter sehr knapp ist. Augenblicklich ist es ja bei mir ähnlich, denn dieser Feldwebel
läßt mir wirklich verdammt wenig Ruhe. Wenn man einmal an sich denken will,
dann muß man sich schon die Zeit wegstehlen. Ich sage mir aber immer wieder,
daß dieser Zustand kein Dauerzustand ist und daß dies alles vorbeigeht. Ein
Kamerad von mir, der sonst mit mir immer zusammen ist, befindet sich in unserem
Erholungsheim, sodaß sein Dienst von mir noch micht gemacht werden muß.
Manchmal kommt eben alles zusammen. _
Du schreibst mir, daß Jörg mit seinen Aufgaben auf Dich gewartet hatte,
damit Du ihm hilfst. Bekommt er das
nicht allein zusammen oder ist das nur einmal gewesen? Ich frage nur deshalb,
weil er doch sonst allein damit fertig geworden ist. _ Du meinst, es sei gut,
daß wir in unserem Bunker heizen können. Da hast Du ohne weiteres recht, aber
wie ich Dir schon vor einigen Tagen mitteilen mußte, ist bei uns Wasser
eingedrungen. Der Grundwasserspiegel ist gestiegen. Das war nicht mehr schön,
wie man beobachten konnte, wie das Wasser mehr und mehr stieg. Gestern waren es
durchweg zehn Zentimeter. Es herrschte
direkt ein fauliger Geruch und alles roch so modrig. Der Ofen wollte vor
Feuchtigkeit auch nicht mehr brennen und das Holz konnten wir nicht mehr
richtig aufbewahren. Ausserdem war alles feucht und kalt. Der Aufenthalt war
bestimmt nicht mehr als angenehm zu bezeichnen. Nun hatten wir gestern unseren
Bunker einmal gründlich ausgeschöpft und dann haben wir den ganzen Boden mit
Sand ausgefüllt. Darauf haben wir nun Bohlen gelegt und darüber Bretter.
Dadurch ist der Fußboden um etwa zwanzig Zentimeter gehoben. Jetzt läßt es sich
doch wieder einigermaßen leben. Es sind alles so unangenehme Dinge, die man
hier mit in Kauf nehmen muß und mit denen man täglich rechnen muß, die sich
aber auch täglich einstellen. Diese Sachen sind aber anscheinend dazu da, daß man
sie überwindet. _ Mit dem Mist kommst Du aber gut weg in diesem Jahr. Wenn Du
nochmals einige Fuhren hast holen können, dann denke ich, daß Du damuit
ausreichen wirst. Womöglich bleibt noch für den kleinen Garten etwas übrig.
Hoffen wir nur, daß die Entwicklung der ganzen Lage es nicht notwendig machet,
daß Ihr von dort fort müßt. Es macht mir viel schwere Gedanken, wenn ich im
Wehrmachtsbericht lese, daß Freiburg und Offenburg bombadiert worden sind. Wie
leicht kann es passieren, daß auch unser Konstanz einmal drankommt, denn diesen
Mordbren nern ist ja nichts heilig. Unsere Geduld und unsere Kraft wird auf
eine harte Probe gestellt. Es kostet viel Nerven und viel Vertrauen, wenn man
immer mit gleicher Gläubigkeit bei der Sache bleiben soll. _ Zum Strümpfestopfen
kann ich unsere Helga schon einmal gebrauchen, die Löcher sind erst so groß,
daß man eine Faust durchstecken kann. Gut ist nur, daß ich zwei Paar
übereinander habe, und daß die Löcher jeweils an verschiedenen Stellen sind. Du
mußt Dich nun nicht so sehr über meine Lotterei wundern. In diesen Tagen wird
ja wieder die Wäsche gewechselt und dann habe ich ja auch wieder für einige
Zeit frische Sachen an. Lasse Dich
wieder einmal in die Arme nehmen und herzlich küssen. Es geht aber leider nur
wieder von ferne. Darum füge ich viele liebe und innige Grüße für Dich und die
Kinder bei. Immer
Dein Ernst.
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