Donnerstag, 19. März 2020

Brief 577 vom 16.11.1944


Du mein liebes Schätzlein !                                                                                        16.11.44    

 Nachdem Du nun auch nach der Meinung von unserer Helga mit Deiner Hochfrisur pfundig aussiehst und wenn es so ist, daß Du jünger aussiehst, dann sind wir ja wieder in die Zeit zurückgekommen, in der wir uns kennenlernten, und da sprachen wir uns wohl noch Sie an. Heute sind wir ja nun schon so abgeklärt, daß alles kühler geworden ist, oder bist Du etwa anderer Meinung. Aber erst muß ich mich wieder für die schönen Briefe bedanken, die ich gestern von Dir erhielt. Es sind drei Stück von Dir und einer von Helga. Deine haben die nummern 90/92. Deine ausführlichen Briefe an Deinen Vater habe ich ebenfalls gelesen. Ich kann nur sagen, daß ich wieder ziemlich zu lesen hatte. Wenn Du Dir den Sonntag etwas ruhiger einrichtest als bisher, dann handelst Du richtig. Wenn Ihr sonst nichts weiter habt, dann gestaltet Euch nur diesen Tag etwas weniger arbeitsreich, denn was  besonderes zu machen ist, das muß eben wochentags fertig werden. Wenn Du jetzt zu dieser Erkenntnis gekommen bist, so freut mich das, denn ich habe ja schon immer zu Dir in dieser Art gesprochen. Ganz abgesehen davon, muß man sich einmal besinnen und ausruhen können. _ Nachdem Du mir einiges aus dem Film „Feinde“ (?) geschildert hast, ist mir das wieder in Erninnerung. Wir sahen ihn wohl einmal zusammen vor Jahren. Die Mitteilung Deiner Spei sezettel hat mich interessiert und sie waren mir in gewisser Hinsicht eine Beruhi gung. Ich mache mir wirklich manchmal ernstlich Gedanken. Ich weiß ja, daß Du alles tust, um den Kindern alles zu geben, was nur möglich ist. Oft ist es ja so, daß Du selbst auf das verzichtest, was Dir zukommt. Die Äpfel halfen schon immer mit, denn das ist ja eine willkommenes Abwechslung. Genießt nur das, was Euch zur Verfügung steht.  Daß unsere Beiden immer sich gern mit ihrem Spielzeug beschäftigen, macht mir selbst Freude, denn sie haben ja nichts weiter als das. Gern wäre ich manchmal dabei, um ihnen Anregungen zu geben. Man kann sie doch immer wieder einmal beobachten und man kann ihre Entwicklung sehen. Mit dem Jungen von Leimenstoll spielt unser Jörg anscheinend öfter. Daß unseren Beiden das besser abgeht, wenn sie mehr oder wenigwer tun und lassen können, wie es ihen gefällt. Der Zwang, wie ihn manche Eltern ihren Kindern auferlegen. DAß sie darum auch Spielkameraden mitbringen, eben, weil es bei uns besser zu spielen ist, das ist nur verständlich. _ Es ist wieder etwas knapp mit der Zeit, doch ich will versuchen, daß ich in der Nacht dazukomme, auf die anderen Sachen einzugehen, denn gegenwärtig bin ich dauernd gestört.  Herzliche Grüße sende ich Dir und den Kindern. Viele liebe Küsse Euch allen Drei sendet wieder 

Dein Ernst.

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