Meine Liebste, Du meine liebe Annie ! 8.12.44.
Mit täglicher Regelmäßigkeit, so gilt auch heute wieder Dir
mein Gruß. Für uns hat wieder mit der Mittagzeit unser Tag begonnen, denn es
kommt ja immer wesentlich darauf an, daß wir bei Nacht auf Posten sind. Einmal
verlangt der Körper auch sein Recht, das man ihm dann in den ersten
Tagesstunden geben muß. Wenn man auch
keinen Rythmus hat, so gewöhnt man sich und findet sich auch in diese
Lebensgewohnheiten. Ursprünglich war ich ja vorgesehen, daß die einzelnen
Kompanien einmal für eine kurze Zeit in Ruhestellung gehen sollten. Wir wären
wohl die nächsten gewesen, so daß wir uns über die Weihnachtstage unseren
Dienst im Graben gehabt hätten. Doch wie das beim Barras ist, man kann nicht
mit etwas fest rechnen. Schnell kommt
einmal etwas dazwischen. Für uns kann ich nur das wiederholen, was ich Dir
schon krüzlich schrieb. „Im flotten Trab den (?) auf und ab“Doch mit solchen
Zwischenfällen muß man sich abfinden. Darüber schreibe ich Dir ein andermal
mehr. _ Nun hätte ich zu Deinen Briefen noch einiges zu sagen. Du meinst. ich
würde lachen, wenn Du Dich mit dem Vorbereiten Deines Gepäcks für ein evtl.
Abrücken beschäftigst. Durchaus nicht. Im Gegenteil, ich machte Dich ja schon
bei unserem letzten Zusammensein darauf aufmerksam, daß man mit allem rechnen
muß. Was wäre denn möglich, was Du alles mitnehmen kannst. Bei dem beschränkten
Gewicht kann das keine große Menge Sachen sein. Die Kinder können ja auch nicht
übermäßig belastet werden, weil sie nicht viel tragen können. Man darf sich
nicht vom einmaligen Anheben des Gepäcks täuschen lassen und nun glauben, das
geht. Du mußt schließlich immer noch beweglich bleiben. So bedauerlich es wäre,
wenn man das alles in Stich lassen muß, was man in all den Jahren
zusammengetragen hat, so ist doch immer wieder die Hauptsache, Ihr seid gesund.
Es ist eine verantwortungsvolle Aufgabe für Dich, zu entscheiden, wie und was
Du in einem solchen Falle tust, aber ich weiß bei Dir alles in rechten Händen,
was mir immerhin eine Beruhigung ist.
Daß Du mir das Bild vom Bettelgäßchen vorenthalten wolltest, rechne ich
ja wohl mehr Deiner Eitelkeit zu, aber Du brauchst keine Angst zu haben, ich
kann Dich deshalb noch genau so gut leiden wie vorher. Daß Du slebst so wenig
Vertrauen zu Deinen Erziehungsmaßnahmen an mir hast, ist ja sehr bedauerlich,
aber wie dem auch sei, wir haben uns die Jahre hindurch immer verstanden, und
wir wollen hoffen, daß es auch so bleibt mit oder ohne Erziehung.
Weihnachtsbäckerei ist ja immer ein Hauptspaß für die Kinder gewesen. Daß nun
unsere beiden Stromer eine Ausnahme davon machen sollen, kann ich kaum glauben.
Dagegen kann ich mir gut vorstellen, daß sie bei den kleinen Handreichungen,
die ja sich bis zur VErteilungvon Kostproben gehen, tüchtig bei der Sache
waren.
Diese Vorbereitungen auf das Fest tragen ja auch recht
schöne Stunden in sich. Was kann sich da ein Kinderherz nicht alles ausmalen.
In Friedenszeiten ist das ja alles anders, weil da die Möglichkeiten viel
größer sind. Aber wie schnell und wie leicht läßt sich ein Kind erfreuen. _ Der
Inhalt der mir übersandten Karten ist mir nicht ganz erklärlich. Was die für
eine persönliche Angelegenheit meinen, kann ich mir nicht vorstellen. Aber dazu
habe ich Dir ja gestern auch schon geschrieben. Der (Name ?) war es nicht, mit
dem ich im Briefverkehr gestanden bin. Es war Öritz, dem ich, wie ich Dir
gestern schon mitteilte, auch wieder einmal schreiben will. Unsere Äpfel sind nicht sonderlich haltbar.
es mag daran liegen, daß sie meist etwas verschorft sind. Obstschorfe ist der
Anfang von Fäulnis. Wenn man den Baum regelmäßig und ordentlich spritzen
könnten, dann könnte man damit schon abhelfen. Verbraucht nur die Äpfel, bevor
sie ganz hingehen. So kommen sie Euch doch zugute. Lasse Dich und die Kinder recht herzlich grüßen. Ich sende Dir
wieder viele liebe Küsse und bitte Dich, diese den Kindern mit zu übermitteln.
Bleibt alle Drei recht gesund und denkt auch an Euer Vaterle und an
Deinen
Ernst.
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