Du mein liebstes gutes Mädel! 14.11.44
Ich fange heute gleich
früh an, Dir meine Grüße zu senden, denn mein Feldwebel fährt ganz plötzlich
auf Urlaub, sodaß ich ihm dieses Schreiben mitgebben kann. Auf Deine Schreiben
gehe ich nochmals besonders ein. Es ist ja so, daß Du sonst wieder länger auf
Nachricht von mir warten mußt, wenn jetzt ein solcher Brief aus der Reihe
tanzt. Bei uns ist es hier recht kalt geworden, denn ein eisiger Ostwind fegt
über den gegenüberliegenden Hügel hinweg. Man muß sich schon tüchtigbewegen,
wenn man nicht gar zu sehr frieren will. Doch wenn man seinen Bunker noch
heizen kann, dann geht das schon. Man kann doch die starren Glieder wieder
aufwärmen. _ Ich muß Dich bei dieser Gelegenheit gleich noch um etwas bitten.
Mit der nächsten Zeitungssendung kannst Du mir doch ein Taschenspiegel zusenden.
Du kannst ihn mit Klebestreifen festmachen, denn mir ist meiner entzwei
gegangen. _ Dich und die Kinder grüße ich recht herzlich. Viele liebe Küsse
füge ich bei und bin in Liebe immer
Dein Ernst.
Mein liebes, gutes Mädel! 14.11.44
Das ist ja nun der zweite Brief, den ich heute an Dich
schreibe, wenn ich den kurzen Gruß, den ich unserem Feldwebel mitgeben konnte,
als Brief bezeichnen kann. Ich kam von der Wache zurück und habe gleich noch
ein paar Zeilen geschrieben, damit Du zwischendurch gleich wieder Nachricht
bekamst. Doch Du sollst nun nicht merken, daß eine Lücke deshalb entsteht,
darum setze ich mich zu meiner gewohnten Schreibstunde wieder hin, um mit Dir
zu plaudern. Post ging gestern keine von Dir ein, das möchte ich gleich zum
Voraus bemerken, doch ich kann ja noch auf die anderen Briefe zurückgreifen,
aus denen ich noch manches zu beantworten. _ Du behandelst nochmals die Frage
wegen der Sachen, die Du im Keller im Luftschutzkoffer aufbewahrst und kommst
zu dem Schluß, daß es doch besser sei, wenn Du diese Sachen alle unten läßft.
Ich glaube auch, daß das nach meinem Urteilungsvermögen das Beste ist. Wenn Du
die Wäaschwe und das, was sonst noch notwendig ist, ab und zu einmal an die
Luft bringst, dann wird das vollauf genügen.
Daß Du Deine Frisur verändert hast, macht mir im Moment wenig Kummer,
denn ich bin ja leider immer noch fort von D ir. Wenn es mir nicht paßt, dann
hoffe ich, daß ich den Mut dazu
aufbringe, um Dir das zu sagen. Wenn aber die Kinder und das Urteil der anderen
Leute dahin lautet, daß Du noch jünger aussiehst, dann muß ich mich wohl bald
verstecken, denn wenn die mich mit meinem grauen Kopf sehen, dann werden die
Leute glauben, ich gehe mit meinen beiden Töchtern spazieren. Aber laß es, das
werde ich mit Geduld zu tragen wissen, wenn man mir sowas anträgt. _ Du
schreibst mir, daß Du gerne nocht mit mir plaudern möchtest, doch bist Du der
Ansicht, daß alles auf dem Papier anders aussehen würde, wie Du es gerne haben
wolltest. Hast Du Dich schon einmal gefragt, ob ich das so empfinde, wie Du
sonst bist? Ich kenne Dich, und das, was Du schreibst, ist mir immer wieder
Dein Spiegelbild. Ich bin kein Schriftsteller und Du auch nicht, das ist uns
Beiden ja bekannt. Darum kannst Du trotz allem frei von der Leber weg
schreiben, denn Du bist mein Mädel, und ich weiß, wie ich das alles zu werten
habe. _ Ich danke Dir für die Übersendung der Ausschnitte aus der Zeitung. Daß der Miehle auch gestorben ist, ist doch
sonderbar. Vor nicht allzulangen Jahren starb doch der Gaß ebenfalls als
Leutnant. Die Landungen, die bei uns in der Nähe vorgenommen werden. Da gibt es
ja wieder einige Häuser in unserer Nähe.
Für jetzt will ich wieder abschließen und Dich und die Kinder recht
herzlich grüßen. Viele liebe Küsse füge ich bei. Vater grüße wieder von mir und
sei Du selbst recht oft nochmals geküßt von
Deinem Ernst.
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