Donnerstag, 19. März 2020

Brief 598 vom 15.12.1944


Mein liebstes Mädel, Du meine gute Annie !                                                                  15.12.44   

Für kurze Zeit befinden wir uns wieder einmal in Ruhe. Am Sonntag geht es wieder nach vorn. Wir werden, solange wir hier sind, in Ruhe gelassen werden und Aussicht haben, von Zeit zu Zeit in diese Stellung zurückkehren zu können. Wenn dies nicht mehr der Fall ist, hebt sich das ja von selbst auf. Hier sollen wir wieder einmal nach Strich und Faden aufgepulvert werden. Heute früh haben wir den kirchlichen Segen empfangen. Es ging genau wieder so zu, wie vor einem Vierteljahr, wo ich Dir schon einmal davon schrieb. Die Art und Weise, wie man mit diesen Dingen umgeht, entspricht gerade dem, was man sonst beim Barras gewohnt ist. Vorhin sind wir zur Abwechslung wieder einmal geimpft worden. Dann bekommen wir heute noch unsere Winterbekleidung, dann werden wir nicht mehr frieren müssen. Morgen sollen , was eigentlich für heute vorgesehen war, wir ins Kino gehen. Morgen Abend soll bei uns ein Kameradschaftsabend gestartet werden. Die Tage gehen schnell vorbei. Genau wie auch die letzten Monate vergangen sind. Besser wäre es, wir hätten den Winter schon hinter uns. _  Mit der Postzustellung geht es im Moment wieder einmal langsam. Außer einigen Zeitungen von Deinem Vater habe ich gestern nichts erhalten. Ich hoffe, daß Ihr, meine Lieben, alle gesund seid. Wenn auch im Wehrmachtsbericht immer wieder von Angriffen auf Städte in Südwestdeutschland die Rede ist, so will ich hoffen, daß Ihr noch immer davon verschont seid und bleibt. _ Heute habe ich noch Deinem Vater zum Weihnachtsfest geschrieben, damit habe ich nun meine ganze Weihnachtspost erledigt. Ich warte schon seit einigen Tagen auf Post von ihm. Ich weiß nicht, hat er mir mein letztes Schreiben verübelt, oder was ist sonst. Die Zeitungen gehen zwar immer noch laufend ein, so daß ich weiß, daß es ihnen ordentlich geht. Morgen werde ich wahrscheinlich noch ein Päckchen an Dich absenden können. Ich möchte die Sachen, die ich noch bei mir habe, nicht mit herumschleppen.  Lasse Dich und die Kinder recht herzlich grüßen . Viele, viele liebe Küsse für ich hinzu und bin stets 

Dein Ernst.

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