Donnerstag, 19. März 2020

Brief 588 vom 3.12.1944


Mein liebster Schatz!                                                                             3.12.44 1.Advent      

 Heute ist Sonntag und das ist eigentlich der Infantristenreisetag. Wir waren ja schon lange Wochen in derselben Stellung, so daß es wieder einmal Zeit wurde  nach höherer Meinung  daß wir einen Stellungswechsel vornehmen. Es war ja nicht weit , aber immer fein nach der Melodie vom Steppenreiter heißt es: Im schnellen Trab den  ? auf und fort. Aus diesem Grund war es mir auch gestern schlecht möglich, Dir zu schreiben. Der Iwan hat sich in letzter Minute in unserer alten Stellung noch häßlich gezeigt. Wir hatten schon aufgepackt und wollten unseren Bunker im Wald verlassen, als er mit der „Nähmaschine“  so heißt bei uns ein Flugzeugtyp  eine Bombr in zwanzig Meter Entfernung voll hingesetzt hat, die einen Trichter verursacht hat, in den man einen Teil unseres Bunkers hineinstellen kann. Man muß eben auch Glück haben.  Heue früh kam ein Bummelant an. Es war Dein Brief vom 13.11. Anscheinend ist der 13. doch ein Unglückstag für mich. Ich weiß nicht, wie ich Deinen Brief von diesem Tag auffassen soll. Hast Du was gegen mich oder wolltest Du mich auf den Arm nehmen. Ich bin ja in vieler Hinsicht im Laufe der Jahre schon etwas gewöhnt worden, aber dieser Brief hat mich doch etwas stutzig gemacht. Ob das nun an meinem Äußeren liegt oder an meinem Charakter, eines wird wahrscheinlich nicht stimmen. Du schreibst als Antwort auf einen meiner Briefe, „auch ich kann sagen, jung gefreit hat mich noch nie gefreut.“ Ist das nicht zuviel gesagt? Man gibt sich die Jahre über die größte Mühe, um seiner Familie ein ordentlicher Vater zu sein. Ich sorge mich um Dich und die Kinder und Du haust mir einen solchen Satz hin.  Das ist ja ein tolles Stück. Sag mal, wie willst Du das wieder gutmachen? Ich glaube kaum, daß Dir das je gelingen kann. Na, warte nur, wenn ich bei Gelegenheit wieder einmal nach hause komme, dann gibt es mächtig hinten drauf. Ich muß aber sagen, ich haben das selbst erst gemerkt, als ich Deinen lieben Brief zum zweiten Mal durchlas. Vorher hatte ich dem Text das normale Sprichwort unterstellt.  In dem Streit zwischen Erna und Deinem Vater habe ich Deinem Vater gegenüber nochmals meine Meinung zu dieser Angelegenheit geschrieben, ich betrachte damit diese als für mich abgeschlossen. Wenn sich beide Parteien einmal struweln müssen, dann soll man ihnen das Vergnügen lassen, wir haben für unseren Teil mit uns selbst genug zu tun. Bei dieser Gelegenheit will ich noch an den Geburtstag von ERna erinnern. Ich werde ihr in diesen Tagen kurz schreiben. Auf meine verschiedenen Schreiben habe ich ja von ihr noch keine Antwort erhalten. Ich werde auch damit nicht weiter rechnen brauchen. Das ist zwar nicht weiter wichtig und für mich ist das nur eine Feststellung. _ Vorgestern habe ich zwei Päckchen an Dich abgesandt, Nummer 8 und 9 ist es. Ich weiß nicht mehr genau, ob ich Dir schon davon berichtet habe. Eine Dose Fleisch und einige Bonbons und Tabakwaren. Hoffenltich kommt alles gut an. _ Herzlich grüße ich Dich und die Kinder und bin trotz allem immer und immer 

Dein Ernst. 

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