Mein liebster Schatz, gutes Mädel ! 7.12.44
Gestern habe ich Dir einmal einen Brief geschrieben, der aus
dem sonst gewohnten Rahmen herausfällt. Es ist ja im allgemeinen nicht unsere
Art, über solche Dinge zu schreiben, weil wir in dieser Beziehung doch etwas
verschlossener sind als andere Menschen. Ich habe es aber einmal getan, weil es
schließlich doch einmal notwendig ist, wenn man dies einmal klarlegt. Nach langem Warten hat man mit mir doch
wieder ein Einsehen gehabt, und mir einen richtigen Arm voll Post zukommen
lassen. Von Dir gleich vier Briefe, Nr. 104/107. Da habe ich schon eine Weile
zu lesen gehabt. Über vieles habe ich mich freuen klönnen, doch manches hat mir
Gedanken gemacht. Ich schrieb Dir ja schon neulich, daß mir die Entwicklung der
Kampfhandlungen in unserer Ecke einige Kopfschmerzen bereitet. Während meines
letzten Urlaubs hatten wir uns ja schon besprochen und uns mit dem Gedanken
einer Räumung vertraut gemacht. Wenn nun die Möglichkeit einer solchen
Entwicklung näherrückt, dann wir es einem doch nicht so einerlei. Alles müßtest
Du doch zurücklassen, denn bei den geringen Möglichkeiten, die mit 30 Pfund
gegeben sind, bleibt ja so gut wie alles daheim. Ich sinne schon auf einen Ausweg, wie man einen Teil vorher
sicherstellen könnte. Vielleicht könnte
man eine Kiste irgendwo hinschicken. Vorher allerdings entsprechend versichern.
Wenn Du Dich einmal deshalb erkundigen könntest. Vielleicht an Dora, Deinen
Vater oder an Nannie. Welchen Weg man dann wählt, darüber müßte man sich dann
bald entschließen. Deinem VAter habe ich heute auch geschrieben. Ich habe ihm
gegenüber eine Andeutung der Lage gemacht. Ich will einmal sehen, wie er sich
dazu äußert. Besser wäre es auf jeden
Fall, wenn eine solche starke Bedrohung nicht erst eintreten würde. Gestern
habe ich noch an Nannie zum Geburtstag geschrieben. Doch nun haben sich wieder
verschiedene andere Briefe eingestellt, die mich zum Schreibschuldner gemacht
haben. Nannie und mein früherer Kamerad Finnesen haben mir geschrieben. Auch
von Dir bekam ich noch eine Zeitungssendung mit dem beigeklebten Spiegel. Für
beides herzlichen und leiben Dank. Die einem Deiner beigefügten Karte der
Dienst stellen 32500 hat mich verwundert. Ich kann mir nicht erklären, was die
noch von mir wollen. Die Karte ist zwar durchgeschlagen, was darauf schließen
läßt, daß der gleiche Inhalt noch an andere Personen geschrieben worden ist.
Ich werde in diesen Tagen einmal an den Kameraden Öritz schreiben. Den ganzen Inhalt Deiner Briefe kann ich Dir
heute nicht beantworten. Ich werde das so nach und nach tun. Heute schicke ich
Dir durch Einschreiben mein EK zu, damit ich es nicht immer in der Tasche mit
mir herumtragen muß. Die Urkunden sind ja wohl inzwischen in Deinen Besitz
gelangt. Wenn ich so Deinen
Speisezettel lese, so muß ich sagen, daß ich mich gern wieder einmal an Deinen
Tisch setzen würde. Ich sehe, daß Ihr immer noch auf Abwechlsung haltet. Wenn
du mir ab und zu davon schreibst, dann ist mir das immerhin eine gewisse
Beruhigung. So vielgestaltig geht es bei uns ja nicht zu, doch bin ich immer
noch satt geworden, und das ist wohl recht wesentlich. Daß die Schule für
unseren Jungen schon wieder aus ist, ist ja wenig erfreulich, denn diese ewigen
Unterbrechungen machen sich ja auch einmal bemerkbar. Da muß er aber jeden Tag
mindestens eine Stund sich über seine Bücher setzen. Davon kannst Du mir auch
einmal schreiben. Lasse Dich und die Kinder recht herzlich grüßen und oftmals
küssen von
Deinem Ernst.
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