Donnerstag, 19. März 2020

Brief 560 vom 15.10.1944


 Du mein liebster Schatz!                                                                              15.10.44 

Es ist heute wirklich ein richtiger sonniger Sonntag. Von fern hört man wohl das Explodieren von Granaten und Bomben, doch durch solche ferne Eindrücke lassen wir uns hier im Fronterholungsheim nicht weiter beeindrucken. Wie ich Dir zum Besuch des Erholungsheims vorgeschlagen und gestern Nacht bin ich mit unserem Küchenfahrzeug aus der Stellung zurück zum Troß gefahren, denn einen langen Marsch kann ich meinem Bein doch noch nicht tztrauen. Einen Teil der Nacht habe ich schlafend auf dem Fahrzeug verbracht und den REst im Heu. Beizeiten bin ich dann aufgestanden, wurde aber gleich noch zum Kartoffelschälen herangezogen, aber dann konnte ich mir meine Papiere fertigmachen lassen, um dann nach hier zu starten. Zur Einleitung des Tages habe ich als erstes Deine beiden Briefe vom 2. und 3. Nummer 61 und 62 gelesen, die mich recht erfreut und gleich in die richtige Sonntagsstimmung gesetzt haben. Sie enthielten auch einige nette SAchen, über die man sich wirklich freuen konnte. Aber vorher will ich mir erst noch Deine Briefe vornehmen, den ich vorgestern erhielt, denn aus dem gibt es noch einiges zu beantworten. Da habe ich vor allem darüber lachen müssen, wie unser Stromer eine Prämie aussetzen mußte, , um Euch zum Langustenessen zu bewegen. Helga hat sich also überwinden können, womit sie sich den ausgesetzten Preis verdient hat. Daß es unserem Jungen aber geschmeckt hat, das ist ja die Hauptsache, denn es wäre ja schade, wenn diese Sachen umkämen. Doch deshalb braucht man sich ja nun keine Sorge mehr zu machen. Daß die Dir in  ?  gekauften Bastschuhe so treffliche Dienste leisten, ist mir durchaus recht, doch damals konnte man ja bestimmt nicht ahnen, daß Du sie gerade unter diesen Umständen so gut gebrauchen kannst. _ Es besteht ja keine Veranlassung, daß Du Dich für ein Päckchen bedankst, das noch nicht bei Dir eingetroffen ist. Für mich ist es erst eine richtige Freude, wenn ich weiß, daß Du meine Sendung erhalten hast. Hoffentlich gehen die gesandten Sachen nichtverloren. Heute habe ich nochmals ein Päckchen an Dich feertigmachen können. Es trägt die Nummer fünf und enthält eine Fischdose, einige Zigarren und einen kleinen Beutel Bonbons. Es sind ja alles nur Kleinigkeiten, aber Du siehst daran, daß ich alles das, was ich nur für Euch für verwendbar ansehe, aufhebe und zuschike. Deine Frage, ob ich die Rauchwaren gegen etwas anderes bei den Kameraden eintauschen kann, kann von mir nur dahingehend beantwortet werden, daß ich schon sämtliche Zigaretten herschenke. Dafür kann ich aber nichts verlangen, denn was soll ich da verlangen, denn die Männer bekommen ja auch nichts weiter als das, was mir zugeteilt wird. Die Bonbons des einen Kameraden erhalten ich ja ganz automatisch, wie er von mir die Zigaretten bekommt. Das ist auch nicht weiter schlimm, denn ich kann nur sagen, daß ich bisher immer vollauf satt geworden bin, ud daß wir uns schon manchmal gesagt haben, wenn unsere Angehörigen in der Heimat nur manchmal solche Essen hingestellt bekommen würden. Was macht es dabei aus, wenn es auch einmal Pferdefleisch gibt, Das ist in der heutigen Zeit bestimmt nicht weiter von Bedeutung. Wenn man genügend zum Essen bekommt und das ist kräftig, dann besteht keine Veranlassung, daß man sich noch nach etwas anderem umsehen muß. Es gibt ja auch hin und wieder Süßwaren und Schnaps wird uns auch von Zeit zu Zeit zugeteilt. Was will man jetzt noch mehr. Es kann natürlich nicht jeden Tag so sein, wie es hier der Fall ist, daß einem grüne Klöße auf den Tisch gestellt werden und dazu zwei große Rouladen. Dazu wurde uns noch ein Bier kredenzt. Ist das nicht wunderbar? Radio können wir hier den ganzen Tag hören und am heutigen Nachmittag ist sogar ein Kinobesuch vorgesehen. Alles ist auf Erholung abgestimmt und man kann es auch brauchen. Die Möglichkeit des Besuchs dieses Heimes betrachte ich immerhin als eine Auszeichnung für meinen erfolgreichen Einsatz, den ich in letzter Zeit zwar weniger in kämpferischer Hinsicht aber für meine sonstigen Bemühungen in jeder Beziehung. Daß das anerkannt worden ist, das freut mich doppelt. _ Die Meldung, die gerade durchs Radio bekannt gegeben worden ist, daß Athen geräumt wurde, kommt mir zwar nicht unerwartet, doch mußte man nach dem Lauf der Ereignisse damit rechnen. Der eine Kamerad von mir schrieb es Dir ja in seiner Karte. Vor einem Jahr war daran noch nicht zu denken. Wenn ich mir so überlege, dann sind meine sämtlichen Dienststellen, bei denen ich während des Krieges war, augegeben worden. Lille, Douai, Charkow und Kiew, und wie jetzt, Athen. Ob wir wohl noch einmal dorthin müssen, ehe wir den Krieg gewinnen? Es sieht wolh alles noch sehr kritisch aus, aber warum sollen wir den Kopf hängen lassen und das Spiel verloren geben, solange wir uns noch rühren können? _ Ich grüße Dich und die Kinder recht herzlich in der Hoffnung daß Ihr gesund seid und gebe Euch in herzlicher Umarmung einen lieben Kuß und bin immer 

Dein Ernst.

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