Mein liebstes, mein gutes Mädel! 25.11.
Herzlichen und vielen Dank für Deinen lieben Brief om
14.11., den ich gestern nach langer Pauser von Dir erhielt. Einmal muß doe Post
eben doch ein Erbarmen haben und das war wohl gestern der Fall. Heute Vormittag war ich auf einer
Veranstaltung, in der Musik geboten wurde. Nun mußt Du Dich mit Deinen Gedanken
nicht gleich zu hohen und hehren Dingen versteigen. Es war eine Art Tanzkapelle,
die wirklich flott beieinander war. Unter anderem waren ziemlich bekannten
Rundfunkkünstler dabei. Unter anderem der Violinensolist des Deutschlandsenders
Dreier und der Name eines Tanzkapellmeisters Henri Kaufmann ist mir auch nicht
ganz unbekannt. Es war recht nett und hat einmal wieder für kurze Zeit die
sonstige Umgebung vergessen lassen. Das eine ist natürlich weniger schön, daß
man erst zwei Stunden laufen muß, bis man an Ort und Stelle ist. Es ist an sich
ganz klar, daß man solche Dinge nicht gleich hinter der HKL aufführen kann.
Wenn man an solchen Genüssen teilhaben will, daß muß man eben dies mit inkauf
nehmen. An eines habe ich aber bei diesem Marsch denken müssen, und das war ein
SAtz aus dem Brief von Siegfried, den ich Dir übrigens heute mitsende, daß wer
jetzt beim Regiment sich befindet und das seu jetzt ziemlich weit ran, und daß
man sich denken könne, daß es da auch Zünder gäbe. Wie die Verhältnisse nicht
überall gleich liegen, so sind sie doch ähnlich, wie ich sie hier angetroffen
habe. Ich will nun nicht behaupten, daß wir in einer unruhigen Stellung wären,
aber immerhin, eines stillen Lächelns konnte ich mich nicht ganz erwehren. Was
sollte ich dann sagen, wenn ich mich hier im ersten Graben befinde. Ich kann
aber nur sagen, daß ich das gar nicht so beängstigend empfinde. Ob da nicht ein
bißchen Geltungsbedürfnis mit dabei heraussieht? Ich habe ihm gestern gleich
geantwortet. Gestern bekam ich auch
einen Brief von Wittenberg, der mich auch recht gefreut hat. Nach einer seiner
Äußerungen muß er sich hier, wahrscheinlich nicht weit von mir, aufhalten. Ich freue mich immer wieder über die
Anhänglichkeit, die er immer und immer wieder an den Tag legt. Er spricht von
einem einmal wieder Zusammentreffen nach dem Kriege. Auch sonst schreibt er ganz nett. Der Aufbruch in Douai muß
anscheinend sehr plötzlich gewesen sein, denn er hat seine sämtlichen
Anschriften dort gelassen. Die Stadt hat unter den Bombenangriffen stark
gelitten. Aber das ich ja eine Sache, die uns heute keinen Gedanken mehr zu
machen braucht. _ Wie Du so schreibst, ist es jetzt nicht so einfach, wenn man
etwas machen lassen will und es ist nur gut, daß Du Dir mit den Schuhen noch
selbst helfen kannst, und daß Du auf diese Leute nicht angewiesen bist. Wenn
man solange warten wollte, dann könnte man vorher barfuß laufen und man müßte
sich ins Bett legen. Mit meinen Anzügen hast Du immer ziemlich ÄArbeit, wenn Du
sie tagtäglich vom Keller in die Wohnung und umgekehrt tragen mußt. Aber es ist
schon so, daß es angebracht ist, wenn man mit seinen Sachen vorsichtig umgeht.
ERsetzen kann man diese heute nicht mehr, denn es ist ja nichts zu bekommen.
Daß Du Dir auf diese Weise noch den Schlaf stehlen lassen sollst, das ist ja
nun wirklich nicht notwendig. Meinem Brief lege ich noch die zweite Urkunde
bei. Ich hoffe, daß sie auch in Deine Hände kommt wie die andere. Dich und die Kinder grüße ich recht
herzlich. Bleibt mir nur gesund und nehmt viele liebe und innige Küsse von mir
entgegen. Ich immer und immer
Dein Ernst.
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