Donnerstag, 19. März 2020

Brief 583 vom 25.11.1944


Mein liebstes, mein gutes Mädel!                                                                            25.11.   

Herzlichen und vielen Dank für Deinen lieben Brief om 14.11., den ich gestern nach langer Pauser von Dir erhielt. Einmal muß doe Post eben doch ein Erbarmen haben und das war wohl gestern der Fall.  Heute Vormittag war ich auf einer Veranstaltung, in der Musik geboten wurde. Nun mußt Du Dich mit Deinen Gedanken nicht gleich zu hohen und hehren Dingen versteigen. Es war eine Art Tanzkapelle, die wirklich flott beieinander war. Unter anderem waren ziemlich bekannten Rundfunkkünstler dabei. Unter anderem der Violinensolist des Deutschlandsenders Dreier und der Name eines Tanzkapellmeisters Henri Kaufmann ist mir auch nicht ganz unbekannt. Es war recht nett und hat einmal wieder für kurze Zeit die sonstige Umgebung vergessen lassen. Das eine ist natürlich weniger schön, daß man erst zwei Stunden laufen muß, bis man an Ort und Stelle ist. Es ist an sich ganz klar, daß man solche Dinge nicht gleich hinter der HKL aufführen kann. Wenn man an solchen Genüssen teilhaben will, daß muß man eben dies mit inkauf nehmen. An eines habe ich aber bei diesem Marsch denken müssen, und das war ein SAtz aus dem Brief von Siegfried, den ich Dir übrigens heute mitsende, daß wer jetzt beim Regiment sich befindet und das seu jetzt ziemlich weit ran, und daß man sich denken könne, daß es da auch Zünder gäbe. Wie die Verhältnisse nicht überall gleich liegen, so sind sie doch ähnlich, wie ich sie hier angetroffen habe. Ich will nun nicht behaupten, daß wir in einer unruhigen Stellung wären, aber immerhin, eines stillen Lächelns konnte ich mich nicht ganz erwehren. Was sollte ich dann sagen, wenn ich mich hier im ersten Graben befinde. Ich kann aber nur sagen, daß ich das gar nicht so beängstigend empfinde. Ob da nicht ein bißchen Geltungsbedürfnis mit dabei heraussieht? Ich habe ihm gestern gleich geantwortet.  Gestern bekam ich auch einen Brief von Wittenberg, der mich auch recht gefreut hat. Nach einer seiner Äußerungen muß er sich hier, wahrscheinlich nicht weit von mir, aufhalten.  Ich freue mich immer wieder über die Anhänglichkeit, die er immer und immer wieder an den Tag legt. Er spricht von einem einmal wieder Zusammentreffen nach dem Kriege.  Auch sonst schreibt er ganz nett. Der Aufbruch in Douai muß anscheinend sehr plötzlich gewesen sein, denn er hat seine sämtlichen Anschriften dort gelassen. Die Stadt hat unter den Bombenangriffen stark gelitten. Aber das ich ja eine Sache, die uns heute keinen Gedanken mehr zu machen braucht. _ Wie Du so schreibst, ist es jetzt nicht so einfach, wenn man etwas machen lassen will und es ist nur gut, daß Du Dir mit den Schuhen noch selbst helfen kannst, und daß Du auf diese Leute nicht angewiesen bist. Wenn man solange warten wollte, dann könnte man vorher barfuß laufen und man müßte sich ins Bett legen. Mit meinen Anzügen hast Du immer ziemlich ÄArbeit, wenn Du sie tagtäglich vom Keller in die Wohnung und umgekehrt tragen mußt. Aber es ist schon so, daß es angebracht ist, wenn man mit seinen Sachen vorsichtig umgeht. ERsetzen kann man diese heute nicht mehr, denn es ist ja nichts zu bekommen. Daß Du Dir auf diese Weise noch den Schlaf stehlen lassen sollst, das ist ja nun wirklich nicht notwendig. Meinem Brief lege ich noch die zweite Urkunde bei. Ich hoffe, daß sie auch in Deine Hände kommt wie die andere.  Dich und die Kinder grüße ich recht herzlich. Bleibt mir nur gesund und nehmt viele liebe und innige Küsse von mir entgegen. Ich immer und immer 

Dein Ernst.

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