Mein liebster Schatz ! 15.1.45
Endlich habe ich wieder einige Post von Dir erhalten, über
die ich mich recht gefreut habe, denn ich war gestern derart abgespannt, daß
ich beim Briefeschreiben keine richtigen Gedanken fassen konnte. Durch Deine
lieben Zeilen habe ich eine Ablenkung erfahren, und gleichzeitig bin ich etwas
entspannt worden. s fließt mir auch heute wieder etwas besser aus der Hand. Seit
Tagen hieß es, daß wir mit irgendwelchen Überraschungen des Gegners rechnen
müßten. Das ist ja schließlich auch erklärlich, wenn man bedenkt, daß wir keine
großen Kampfhandlungen in der letzten Zeit in unserem Raum hatten. Durch die
Auslösung einer Offensive des Russen in unserem unmittelbaren Nachbarabschnitt,
ist die erhöhte Alarmbereitschaft etwas aufgelockert worden, so daß man auch
wieder eher etwas zu sich kommen kann. Mir selbst würde das nicht allzu viel
ausmachen, aber alle Menschen, mit denen man umgeht, die sind gereizt und
Nervös. Wenn ich, wie in der vergangenen Nacht, vier Stunden hintereinander
geschlafen habe, dann geht es doch wieder besser. Also, wie gesagt, es läßt
sich heute besser an, und das ist ja wichtig. Ich habe nun durch die neu eingetretene
Situation eine für mich neue Waffe erhalten. Es ist ein Schnellfeuergewehr, mit
dem man schon etwas machen kann. Das habe ich gestern auseinandergenommen. Wenn
man so ein Ding hat, dann hat es keinen Zweck, wenn man sich nicht damit
auskennt. Die habe ich gestern eingehend untersucht. ABer nun zu Deinen Briefen. Es sind die vom 1. bis 4.1.. Wie ich
lese, seid Ihr ordentlich ins Neue Jahr gerutscht. Wie ich diesen Übergang
erlebt habe, weiß Du ja schon . Ich freue mich, daß Ihr beieinander gewesen
seid, und daß Ihr, allerdings den Umständen entsprechend, an der alten,
hergebrachten Weise festgehalten habt und auf den Kartoffelsalat nicht
verzichtet habt. Für die guten Wünsche zum Jahreswechsel danke ich Dir; hoffen
wir, daß sie in Erfüllung gehen. Der
Schneefall um die Jahreswende kam den Kindern sicherlich recht gelegen, denn
gerade während der Ferienzeit ist das doch eine schöne Abwechslung. Da hat wohl
Helga auch fest mitgemacht. Hatten wir nicht zwei Schlitten? Dann hat es doch
da keine Schwierigkeiten gegeben, wer fahren darf und wer nicht. Ich kann mir
denken, daß Jörg da große Angst gehabt hat, daß er zu kurz kommt. Sie sollen
aber gerade hinter dem Bismarckturm recht Obacht geben, denn an den vielen
Bäumen hat es schon manchen Bruch gegeben, und zwar nicht der Schlittenbruch,
sondern auch manchmal sind die Knochen gesplittert. Das EK ist nun auch bei Dir eingetroffen. Hast Du eigentlich die
Urkunde dazu erhalten? DAvon hast Du mir bis jetzt noch nichts geschrieben.
Genau so weiß ich nicht, ist mein Weihnachts- und mein Brief für Neujahr
angekommen. Der Brief zum Nikolaustag für die Kinder ist anscheinend auch
verloren gegangen. Dann gib ihnen doch das Geld, was ich ihnen zugedacht hatte.
Ich hänge dadurch mit einigen Dingen in der Luft und weiß nicht, was eigentlich
so richtig los ist. Das Geschenk von 100 Rm für die Kinder ist sicherlich auch
eine Freude. Wenn sie so weitermachen, dann haben sie bald ihre tausend Mark
beieinander. Daß er diesen Betrag gespendet hat, ist ja ordentlich. Daß man einen Deiner Briefe zurückgesandt
hat mit dem Vermerk, „Neue Anschrift abwarten“ ist mir unverständlich. Das muß
ja ein großer Idiot gewesen sein, der das gemacht hat. Aber wie ich von meinem
Feldwebel höre, ist genau der gleiche Fall passiert. Ich kann mir das nicht
vorstellen. Männer wie er und ich sind in der Kompanie bekannt wie kaum jemand.
Aber es gibt immer wieder einmal Schnitzer. Dumm ist nur, daß sich die
Angehörigen Gedanken machen, ob nicht etwas passiert ist. Es ist alles kalr,
das kann ich Dir noch einmal ausdrücklich bestätigen. Daß Du den Kindern jedem eine Windbluse gemacht hast, wird ihnen
sicherlich eine große Freude gewesen sein. Das bitterböse Gesicht von Helga
kann ich mir vorstellen, wenn sie herumlaufen muß mit Sachen, die nun gar nicht
geschmackvoll sind. Jetzt sind ja beide wieder befriedigt. Heute habe ich Dir wieder einmal etwas mehr
als gestern erzählt. Ich denke, daß Du wieder zufriedener mit mir bist. Lasse
Dich nur recht herzlich grüßen und viel, vielmals küssen von Deinem immer an
Euch denkenden Ernst.
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