Mein
liebes Mädel ! 25.1.43
Ich
muß auch heute wieder ganz zufrieden sein, denn ich erhielt zwei Briefe von
Dir. Es sind die vom 14. und 15. dagegen sind die, die schon weiter
zurückliegen, noch nicht angekommen,. Ich danke Dir vielmals für Deine lieben
Zeilen und auch für die von Helga, die sie Deinem Brief beigelegt hatte. Ich
möchte in diesem Zusammenhang gleich etwas klargestellt haben. Helga schreibt,
daß mein Nikolausbrief noch angekommen sei. Ich habe aber das Empfinden, als
hätte sie das „nicht“ vergessen, denn Du teiltest mir doch kürzlich mit, daß Du
auch hoffen würdest, daß vielleicht doch noch dieser Brief eintreffen würde.
Ein Durchschlag eines Schreibens Deines Vaters an Dich kam heute auch noch an.
Der Briefumschlag war aber ganz zerfleddert, denn er hatte einen Kalender
beigelegt. Das hatte der Umschlag nicht ausgehalten und hat sich dieser
Kalender darum selbständig gemacht. Er ist also nicht angekommen. Ich habe ja
bereits einen, darum ist das nicht ganz so schlimm. Mit Freude habe ich vermerkt, daß das erste Päckchen mit Mehl bei
Dir angekommen ist. Ich denke, daß es gut brauchbar ist. Ich hoffe, daß die
anderen Sachen auch alle noch bei Dir ankommen werden. Wenn Du von dem
unterschiedlichen Wetter bei Euch sprichst, so habe ich Dir ja schon berichtet,
daß das hier auch nicht anders ist. Heute früh hatten wir wieder 25 Grad Kälte.
Morgen früh werden es entsprechend mehr sein, denn jetzt am Abend haben wir
schon nach meiner Meinung mehr davon. Wie man aber schon aus dem
Wehrmachtsbericht hört, hat es im Kaukasus geregnet. Da kann es passieren, daß
das hier auch bald eintritt. Daß eine Entfremdung zwischen den Kindern und mir
eingetreten ist, konnte ich auch nicht feststellen. Sie sind ja schon in einem
Alter, wo sie schon soviel übersehen können, was jetzt los ist und ihren Vater
kennen sie ja auch; und das ist nicht nur von einer Seite. Zudem macht gerade
das Briefeschreiben viel aus, denn das trägt zur Bindung und zur
Aufrechterhaltung des Gefühls des Zusammengehörens bei. Das dies auch
tatsächlich der Fall ist, lese ich immer wieder aus den Zeilen unserer beiden
Stromer. Daß auch Du dies alles unterstützt, weiß ich genau. Zwischendurch habe
ich erst einmal ein Päckchen mit Briefpapier fertiggemacht. Was ich jetzt wegschicke, brauche ich nicht
zu verpacken und Dir ist es nützlich daheim. Ich weiß, daß Du einen guten
Vorrat hast, aber das macht ja nichts. Es ist ja nicht ausgeschlossen, daß ich
eines Tages darauf zurückgreifen muß. Für morgen mache ich noch etwas davon
fertig, dann habe ich das auch. Wenn Du
mir ab und zu den Speisezettel mitschreibst ist schon richtig, dann kann ich
doch immer wieder sehen, was Ihr zu essen habt. Ich kann weiter daraus
feststellen, wie es Euch geht in Bezug auf die Ernährung. Daß Du abends immer
so müde bist, kommt wohl zeitweilig daher, daß Du die Abende vorher so lange
munter bist. Nach einiger Zeit tritt dann die Reaktion ein. Der Körper braucht
nun einmal Ruhe. Ich verstehe das sehr
gut, denn mir geht es genau so. Ich bin viele Abende bis spät in der Nacht auf.
Früh muß ich ja immer zur gleichen Zeit aufstehen. Aber manchmal habe ich dann
direkt Verlangen danach, mich zeitiger hinzulegen. Meist komme ich ja nicht
dazu, aber ab und an klappt es doch einmal.
Dein Vater beklagt sich, daß er von mir so lange keine Post bekommt. Das
liegt aber nicht an mir, denn ich beantworte meine Post fast am gleichen Tag.
Wenn nicht, dann doch kurz nach ihrem Eingang. Daß Dein Vater aber 70 Pfund
abgenommen hat, ist ja keine Kleinigkeit für ihn. Man sieht daraus, daß die
Ernährung doch nicht mehr so ist. Ich habe zwar heute Nachtdienst, aber ich
will zusehen, daß ich zum Schlaf komme und werde ihm in den nächsten Tagen
wieder schreiben, obzwar ich schon zwei Briefe an ihn unterwegs habe. Ich muß
mich mit meiner Zeit einrichten, denn ich komme schon kaum zum richtig etwas
Lesen und das würde ich manchmal ganz gerne tun. Wie ich aus Deinem großen Brief gelesen habe, gehen wir in allen
Dingen wieder einig. Das ist ja gut so, denn dann brauche ich ja keinen Krach
mit Dir anzufangen. Da hast Du doch sicherlich große Angst. Lasse Dich, mein
lieber Schatz, vielmals recht herzlich grüßen und küssen und bleibe mir
weiterhin gesund. Dein Ernst.
Meine
liebste Annie ! 26.1.43
Vielen vielen herzlichen Dank für Deine beiden
Luftpostbriefe vom 20. und 21., die heute beide eintrafen. Ich kann heute nicht
lang schreiben, denn mein Zimmer ist kalt geworden. Ich hatte heizen lassen,
aber die Kohle vergast nur das Zimmer, so daß ich ihn habe wieder ausräumen
lassen. Das Zimmer ist nun kalt und die Luft verursacht einem trotzdem immer
noch Kopfschmerzen. Ein Kamerad fährt aber ins Reich und soll diesen Gruß
gleich mitnehmen. Zuerst habe ich mich
sehr über den Erfolg von unserem Jungen gefreut. Die Belohnung für ihn liegt
bei, damit er sieht, daß ich mein Wort prompt einhalte. Über diese Dinge
schreibe ich noch einmal, nur heute nicht. Eine weitere Freude hatte ich
dadurch, daß ich durch diese Briefe erfuhr, daß sämtliche Päckchen aus dem
vergangenen Jahr nun alle bei Dir eingegangen sind. Auch das erste von diesem Jahr ist anscheinend bei Dir
angekommen. Ich hoffe, daß die anderen, die jetzt noch unterwegs sind, Dich
ebenfalls erreichen. Ich habe heute ein Paket fertiggemacht. Es enthält Öl und trägt die Nummer 13. Zwei
weitere Flaschen folgen morgen. Man hat nur immer die Schwierigkeiten mit der
Einhaltung des Gewichts. Überschritten ist es sowieso, aber man darf es nicht
allzu auffällig treiben. Einzelheiten werde ich ja noch aus den Briefen
ersehen, die unterwegs sind. Nimm für
heute recht viele Grüße und recht, recht herzliche Küsse entgegen von Deinem
Mann, Deinem Ernst.
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