Donnerstag, 25. Januar 2018

Brief 373 vom 24.1.1943


Mein liebes gutes Mädel !                                                               24.1.43 
          
Der Sonntag geht bald wieder seinem Ende zu. Ich habe meine wöchentliche Reinigung vorgenommen. Ich bin zwar kein Mohammedaner, aber ich halte es doch für zweckmäßig, wenn man es sich leisten kann. Ein Hallenbad ist es zwar nicht, aber immerhin ein Waschbecken, das man auf den Ofen stellen kann, um es warm werden zu lassen. Du wirst zwar lachen, aber bei diesem Wasser hier geht es mir wie Dir, wenn Du vom Baden kommst.  Man hat aber trotz allem das Gefühl, daß man sauber geworden ist, Jetzt läuft noch der Feldpostrundfunk, Ihr werdet ihn sicherlich auch daheim hören.  Ich denke, daß Du dann zufrieden sein wirst, wenn Du Deinen eigenen Schneeschieber hast. Das war ja schon immer Dein Wunschtraum. Jetzt hast Du es geschafft. Ich kann Di aber verstehen, daß Du nicht gern von anderen Leuten abhängig sein willst. Daß Du aber schon Deinen Besen verwendet hast, das ist mir schon etwas komisch, aber das ist nun auch nicht mehr nötig. Daß Du Dir durch Kinobesuch etwas Abwechslung verschaffst, liegt ganz in meinem Sinn. So hast Du doch etwas Ablenkung. Mit dem Besuch beim Nähen habe ich mich früher ja schon einverstanden erklärt. Ich will Dir auch diesmal nicht dagegen sprechen, wenn Du meinst, daß Du es körperlich machen kannst. Ich möchte aber nicht, daß Du dadurch nächtelang aufsitzen mußt. Ich lege großen Wert darauf, daß Du Dich nicht kaputt machst. Ich habe früher schon einmal gesagt, daß es kein Schade für die wäre, die an sich viel mehr Zeit dazu hätten. Ich denke hier nur an meinen feinen Kollegen, der mir dauernd die Ohren voll jammert, weil seine Frau so Schwierigkeiten mit ihrem Dienstmädchen hätte. Die Frau hat zwei Kinder, hat aber nicht die Aufgabe wie Du, denn da ist noch die Mutter mit im Haushalt. Der Kerl hat aber einen Spleen und meint, daß seine Frau nicht in der Lage wäre, das alles allein zu machen. Weißt Du, da kann einem die Galle manchmal hochkommen. Die Frau schont sich. Die Leute sind bombengeschädigt in Düsseldorf und haben jett in Oberbayern eine Unterkunft gefunden. Ich sehe wohl ein, daß das keine Kleinigkeit für die Leute ist, aber auch unter anderen Umständen herrscht die gleiche Meinung vor. Aber ich will mich nicht weiter darüber auslassen, man könnte sich sonst darüber ärgern. Also, wenn Du das dort tun willst, dann immer unter dem Gesichtspunkt, daß Du auch auf Deine Gesundheit acht gibst.  Soeben komme ich von der Dienststelle wieder. Die Nachrichten von einer Zurückziehung unserer Einheit verdichten sich immer mehr. Es will mir einfach nicht in den Kopf, daß wir hier wegmüssen. Aber was hilft es, höhere strategische Gesichtspunkte sind dabei maßgebend. Wir müssen auch diese Schläge hinnehmen können, so hart wie es auch für uns ist, wir müssen dies tragen. Wenn nur der Winter wieder hinter uns wäre. Ich habe schon allerlei überflüssige Sachen abgesandt. Für mich sind sie jedenfalls im Augenblick im Wege und für Euch sind sie von Wert.. Ich hoffe, daß ich noch eine Flasche Öl sowie eine Flasche Cognac wegbringe. Eine kleine Flasche mit Honig muß ich auch noch fertig machen. Das Päckchen Nr. 11 habe ich bereits fertiggemacht. Es enthält Butter, die ich von meiner Verpflegung übrig hatte. Sei mir bitte nicht böse, auch die kleine Büchse mit Kondensmilch habe ich wieder beigefügt. Ich habe sie noch nicht verwenden können. Wenn Du im Augenblick keine Verwendung dafür hast, dann hebe sie mt auf, man weiß ja nicht, was noch kommen kann, dann hast du eine kleine Reserve. Daß mein Sinnen und Trachten in erster Linie auf mein Gepäck gerichtet ist, daß ich das in den Zustand bringen und transportfähig zu machen habe, das kannst Du Dir denken. Ich will aber auch nichts umkommen lassen, denn Ihr könnt es notwendig daheim brauchen.  Wenn Du die Baumwolle von den Flaschen wegmachst, so will ich Dir gleich mitteilen, daß diese wahrscheinlich alt ist, denn die stammt von einer mir unbekannten Stelle. Wenn Du diese irgendwie brauchst oder verwenden willst, dann müßte sie erst gereinigt werden. Ich schreibe Dir dies, damit Du die notwendige Vorsicht dabei anwendest.. Die Flaschen sind ja soweit fest verschlossen, daß an dem Inhalt nichts passieren kann. Das Wetter ist sehr wendisch, richtig wetterwendisch. Heute früh fing es nach erneutem Schneefall an mit Tauen, gegen Mittag wurde es kälter und jetzt dringt die Kälte langsam ins Zimmer rein. Es ist aber immer noch zu ertragen, wenn es nicht stärker anzieht.  Daß Du in das Päckchen für mich noch etwas Gebackenes getan hast, ist sehr lieb von Dir und ich danke Dir schon heute dafür. Heute Nachmittag habe ich das letzte gegessen. Es hat ziemlich lange ausgereicht. Ich freue mich wohl immer über diese schönen Sachen, ich will aber nicht, daß Ihr durch diese Sendungen Euch etwas absparen müßt, denn unsere Verpflegung ist, wie ich Dir schon schrieb, jetzt wieder so ausreichend, daß ich immer satt bin, außerdem sind wir ja mit Brot reichlich versorgt.  Was die Erwähnung des Schreibens Deines Vaters an Dich anbelangt, so kann ich nur dazu sagen, daß er sich nicht über uns beklagen kann. Wir haben  ihm unsere Ansicht über all diese Dinge geschrieben, wir haben ihm auch mitgeteilt, daß wir nicht die Absicht haben, ihn groß zu besuchen, wenn die Frau im Haushalt ist, weil wir doch zu sehr an dem früher Übliche hängen. Wenn nun die Tatsachen eintreten, die wir ihm schon anfänglich vor Augen hielten, dann muß er sich jetzt nicht wundern. Wir haben nun einmal keine Bindung mit dieser Frau, das läßt sich auch nicht herbeizwingen. Das Gedichtchen, das er gemacht hat, ist wirklich sehr nett gemacht, und ich glaube ihm gern, daß er in Gedanken viel an Mama hängt.  Ich verstehe andererseits auch, daß er auf seine jetzige Frau Rücksicht nehmen muß. Wir können ja auch den Verkehr in der jetzt sich angebahnten Form weiter mit ihm unterhalten. Bis jetzt habe ich aber keine Lust, mehr zu tun.  Vater wird aber die Beschäftigung bei Strohmayer nicht gerade angenehm sein. Daß dieser Halunke, dieser Kriegsgewinnler, ihn nicht als Facharbeiter beschäftigt, das sieht diesem Verbrecher ähnlich. Diese Brüder sitzen in der Heimat und machen das Geschäft. Sie opfern eines ihrer Kinder und das alles für ihren Verdienst. Wenn ich sowas höre, da kann mich der Zorn packen.  Daß Du mit unserem Jungen Schwierigkeiten insofern hast, als er nicht auf seine Schuhe Obacht gibt, das kann ich mir schon vorstellen, denn die Beschaffung ist ja gegenwärtig so schwer. Aber Überlegung kann man noch nicht so verlangen, denn er ist ja noch ein Kind, das nur an das Spielen denkt. Dabei vergisst er dann alles. Daß Dir das viele Sorgen macht, verstehe ich vollauf, denn es ist keine Kleinigkeit immer, Sachen in Schuss zu haben. Aber Du siehst ja immer wieder peinlich darauf. Mir macht es auch große Freude, daß der Blumenstock so dankbar blüht. Das war doch schön, daß ich ihn Dir als Andenken an den Urlaub noch gekauft hatte. Das ist doch ein lebendiges Erinnerungsgeschenk.  Auf die restlichen Sachen komme ich sobald als möglich zurück.  Lasse mich bitte jetzt schließen.  Sei Du recht herzlich gegrüßt und grüße ebenso die Kinder und Vater. Den Kindern gib jedem einen herzlichen Kuss, wie ich Dir selbst recht herzliche und viele Küsse übermittle. Dein Ernst.
Dem Päckchen Nr. 11 habe ich noch einige lichter beigelegt, die ich hier für evtl Fälle aufgehoben habe. Außerdem noch die Kerzen, die Du mir gesandt hast. Wenn ich sie später einmal brauche sollte, dann schreibe ich wieder. Hebe sie bitte mit auf.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen