Mein
bestes Mädel ! 27.12.42
Heute
habe ich nochmals Weihnachten feiern können. Die restlichen 2 Päckchen trafen
vorhin ein und außerdem noch Deine 3 Briefe vom 14., 15., und 17.12. Recht,
recht herzlichen Dank für alles. Zuerst
habe ich Deine Päckchen ausgepackt. Da war alles so schön zusammengefügt, daß
ich es mir fast nicht getraut habe, es auseinander zu packen. Die Stolle werde
ich mir zu Gemüte ziehen. Die
Granatsplitter habe ich probiert , so schmecken sie schon bedeutend besser. Zur
Feier dieses Abends werde ich mir nachher eine rote und eine weiße Kerze
anzünden. Man muß mit diesen Sachen behutsam umgehen, denn man weiß ja nie, wie
man diese Sachen hier brauchen kann. Recht schönen Dank nochmals. Das hast Du
wieder feingemacht. Daß mein Päckchen mit den Bonbon und den Pralinen zur
rechten Zeit eingetroffen ist, hat mir ebenfalls mächtig Spaß gemacht. Da hast
Du doch eine Kleinigkeit gehabt von mir, die Du unter den Baum mit legen
konntest. Eine weitere schöne Überraschung war es für mich, als ich lesen
konnte, daß Kurt so unvermittelt auf Urlaub kam. Da hat er ja eine ganz nette
Reise durch Deutschland und zu allen seinen Verwandten und Bekannten gemacht.
Das ist direkt auffallend, daß er diesmal gesprächiger war, als sonst. Es hat
mich gewundert, daß er doch immer wieder auf mich zu sprechen kommt, wenn er im
Urlaub ist und meint, daß ich wieder einmal da sein müßte. Ich selbst würde
mich zwar auch freuen, wenn ich ihn ihm Urlaub begrüßen könnte. Es ist ja so
eigenartig, daß man sich so wenig kennt, findest Du nicht auch? Mit Deinem
Bruder ist es doch ähnlich. Das muß anscheinend so sein, denn man erkennt
daran, daß gerade wir beide uns doch am nächsten stehen. Mit Deiner Einteilung der Süßigkeiten bin
ich ganz und gar einverstanden. Du bist ja auch so ein kleines Leckermaul. Wenn
es für die Kinder noch etwas gegeben hat, ist das schon ganz in Ordnung. Ich
habe , wie ich Dir schon mitteilte, wieder eine kleine Rücklage. Ich hatte sie
schon fertiggemacht, aber bevor ich nicht wußte, wie es mit den anderen Sachen
zugegangen ist, wollte ich es nicht auf den Weg geben. Man wird misstrauisch,
wenn man schon Lehrgeld gezahlt hat. Denn man spart sich diese Sache ab und hat
dann nicht Lust, dies für andere Leute tzu tun, denn dazu gibt es zu wenig. Man
macht es ja nur, um seinen Lieben daheim eine Freude zu bereiten. Außerdem
brauchtest Du ja zu jener Zeit etwas Schmerzensgeld für Deine Zahnreparatur.
Ich weiß, daß das manchmal eine weniger angenehme Sache sein kann. Froh ist man
aber doch, wenn es wieder in Ordnung ist. Ich weiß es, unser Junge ist ein
Lauser. Ich habe heute beiden einen Brief geschrieben, von dem ich den
Durchschlag beifüge. Sie hatten mir soviel geschrieben, daß es mir schon schwer
auf der Seele lastete, daß ich solange nicht geantwortet hatte. Nun ist es mir
schon wesentlich leichter. Daß ich vom Schwimmenlernen geschrieben hatte,
geschah in der Absicht, ihn nochmals zu reizen. Wie ich heute aus Deinen
Briefen lese, hat er sich anscheinend doch aufgerafft. Wenn er mit dem Gurt
schon ein Stück vorwärtskommt, dann wird er auch weiterhin Fortschritte machen.
Daß ihm das Freude gemacht hat, zeugt doch davon, daß er an sich will, es sich
aber nicht getraut. Es dreht sich eigentlich nur darum, daß er den Kniff
herausbekommt. Wenn er es erst einmal heraus hat, wird er schon Geschmack an
der Sache bekommen. Ich teile also ganz und gar seine Freude, wie Du wohl
auch. Nach dem Ständer bist Du aber
schnell gesprungen, den ich mir für den Füllhalter gewünscht hatte. Du hast ihn
auch schon gleich bekommen, das ist aber gut gegangen. Das muß nichts
Besonderes sein, wenn er nur seinen Zweck erfüllt, das ist doch die
Hauptsache. Was die Angelegenheit mit
Alice anbelangt, so gehen wir ja einige. Der Wille Deiner Mutter war es zwar
immer, daß wir uns mehr anschließen sollte. Wir haben wohl von uns auch immer
versucht, dem Rechnung zu tragen, aber wie ich immer wieder feststellen mußte,
war dieses Verhältnis sehr einseitig, denn sie haben uns immer so belanglos
geantwortet, wenn sie überhaupt geantwortet haben. Ich habe ja zu Weihnachten
wieder geschrieben. Bei ihr langte es ja kaum zu einer Karte und die ist immer
so inhaltslos, daß man nicht viel damit anfangen kann. Ich muß schon sagen, daß
man sich immer zwingen muß, wenn man an sie schreiben soll. Ich habe es aber
immer noch im Andenken an Deine Mutter getan. Ich bedauere es sehr, daß sie es
so schwach erwidert. Sie ist zwar sehr schnell gekränkt, fühlt aber nicht, wie
sie selbst ist. Wir müssen den Dingen ihren Lauf lassen, denn sonst macht man
noch mehr kaputt, wie die ganze Geschichte wert ist. Ernas Geburtstag habe ich mir notiert, damit ich im kommenden
Jahr schreiben kann. Teile mir nochmals Siegfrieds Geburtstag mit. Er ist doch
am 18.4. Auch den Hochzeitstag von Beiden sollte ich wissen. Ich weiß nur, daß
er im Oktober war. Die Geschichte mit
dem Klöße essen hat mir Spaß gemacht. Daß unsere beiden Lauser so auf Klöße
versessen sind, hatte ich nicht gedacht. Da war ja der Jubel auf allen Fronten
ganz groß. Bei Jörg hatte es sich ja gut getroffen, als er erst in der Schule
im Film das Klöße essen gesehen hatte. Helga war anscheinend entzückt. Ich
weiß, daß man mit den bescheidenen zur Verfügung stehenden Mitteln sehr
haushalten muß und es ist nicht immer leicht, ein nahrhaftes und schmackhaftes
Essen zuzubereiten. Dem Geschmack aller bist Du mit jenem Essen allen
entgegengekommen. Die Sonderzuteilung
hast Du rechtzeitig erhalten, um noch die Weihnachtsbäckerei für Euch beenden
zu können. Es ist dann nicht bis auf den letzten Tag geblieben. Ich kenne das,
Du hast die Hetzerei auf die letzten Tage nicht so gern. Wenn es gut gegangen ist, dann seid Ihr
Gestern im Theater gewesen. Das hat den Kindern hoffentlich gefallen, denn für
so etwas sind sie ja immer zu haben. Daß Nannie der Kinder so nett gedacht hat,
finde ich schön von ihr. Ich werde mich jedenfalls bedanken für diese
Aufmerksamkeit Unser Mädel ist wohl reichlich versehen mit Ketten und sonstigem
Gehänge. Jörg hat nun auch ganz nette Bücher, denke ich. Lasse mich nun schließen. Die anderen
Sachen, die noch zu beantworten sind, werde ich morgen vornehmen. Ich grüße
Dich und hoffe, daß Deine Erkältung im Hals sich inzwischen wieder behoben hat.
Nimm viele Küsse entgegen von Deinem Ernst.
Mein
liebstes Mädel ! 28.12.42
Auch heute habe ich wieder Post von Dir bekommen. Es waren
eigentlich zwei ganz flinke Briefe dabei. Der eine war vom 25. und der andere
26.11. Sie haben nur etwas über einen Monat gebraucht. Wenn Du in dem einen Brief von einem kleinen
Weihnachtsgeheimnis sprichst, so hättest Du es bei der Ankunft des Briefes
nicht so hüten brauchen, denn ich habe Deine Päckchen schon eher bekommen. Ich kann Dir aber bei dieser Gelegenheit
gern noch einmal bestätigen, daß mir der Kopfschützer gefällt. Ich habe es zwar
noch nicht notwendig gehabt, ihn zu probieren. Es kann aber sein, daß ich noch
mal recht froh um ihn bin. Ich verwahre ihn also vorerst noch bis ich ihn
brauche. Nimm bitte darum meinen Dank für Deine Mühe nochmals entgegen, denn Du
hast ihn dafür verdient. An alles hast Du gedacht und ich wünschte, daß es
nicht notwendig wäre, daß man diese verschiedenen Nebeneinrichtungen, die Du da
angefügt hast, nicht brauchen würde, schon im Interesse der anderen Kameraden. Wenn die Zeiten nun nicht ganz so sicher
sind, möchte ich Dich überhaupt bitten, Deinen Brief erst am folgenden Tag
wegzuschaffen. Es ist nicht nötig, daß Du Dich hier Gefahren aussetzt, die in
keinem Verhältnis zu dem Zweck stehen. Ich werde Deine Briefe schon rechtzeitig
erhalten. Nimm meine Mahnung nicht zu leicht, sondern befolge sie. Wenn dann
die Tage wieder länger werden, kannst Du dann eher um diese Zeit aus dem Haus
gehen. Daß die Angelegenheit mit der
Brust bei Helga abgeschlossen sei, gibt mir auch wieder etwas Beruhigung. Ich
halte es aber trotzdem für ratsam, den weiteren Verlauf der Dinge im Auf zu
behalten. Wollen wir hoffen, daß der Arzt recht behält und daß sich keine
weiteren Folgen einstellen. Denn mit der Gesundheit ist nicht zu spaßen. Ich bin nun auch nicht der Ansicht, daß der
Alkohol ein Allheilmittel sei. Wenn also Dein Kümmeltrinken bei jenem Mal nicht
geholfen hat, dann ist der Kopfschmerz nicht in Verbindung mit irgend welchen
Magenverstimmungen zu bringen. Wenn es dagegen auf den Magen zurückzuführen ist,
kann Dir ein Alkohol nichts schaden. Aber es hat Dir hoffentlich keine weitere
Verschlechterung Deines Befindens gebracht. Ich hoffe das wenigstens. Wenn Du
aber an einem solchen Tag nicht schreiben kannst, dann verstehe ich das wohl
und bin Dir nicht böse darum. Du kannst mir das ja in Deinem nächsten Brief
erklären, dann ist ja alles wieder in Butter.
Außer diesen beiden Briefen erhielt ich noch den vom 16.12.. Er hat
nicht so lange gebraucht wie die anderen beiden Bummelanten. Dann kam noch eine
Illustriertenzeitung von Dir, die ich mir schon vorgeknöpft habe. Den Brief von Siegfried habe ich entnommen
und auch die der Kinder. Für alles recht herzlichen Dank. Ehe ich aber diesen beantworte, will ich
erst noch auf die vorhergehenden Schreiben von Dir zurückkommen, die ich
Gestern bekam. Das ist doch komisch, wie mein Vater da mit seiner
abergläubischen Einstellung wegen der Arbeitsaufnahme an einem Montag glaubt,
sein Schicksal zu zwingen. Es ist ja wesentlich, daß er davon überzeugt ist und
meint, daß es ihm hilft. Ich wünsche ihm an seinem neuen Tätigkeitsort recht
guten Erfolg und viel Glück. Es wäre wünschenswert, wenn er dort ein paar
Pfennig mehr verdienen könnte. Kurt
wird wohl auch wieder gefahren sein, oder muß in diesen Tagen abreisen. Das ist
ja immer das Unangenehme an einem Urlaub. Da ist aber nun einmal unsere
Pflicht, die uns niemand abnehmen kann und die man erfüllen muß. Es ist schwer,
aber es muß geschafft werden. Daß Du Kurt und Vater etwas zu trinken gegeben
hast, finde ich in Ordnung. Daß es zu keiner Besäufnis ausartet dafür wirst Du
schon Sorge tragen. Außerdem sind die angerissenen Flaschen und die darin
enthaltenen Mengen zu gering. Fritz
Bautz hat es nun auch mit dem Urlaub geschafft. Ich denke, daß seine Familie
froh war, daß er auch über die Weihnachtszeit daheim war. Wegen der
Angelegenheit mit der Schule, nehme ich in diesen Tagen Gelegenheit, darüber zu
schreiben, heute reicht mit der Platz nicht aus und es eilt ja auch nicht. Na,
das ist ja allerhand, wie Du kürzlich das Aufstehen vergessen hast. Das kann
schon einmal passieren. Wie wäre denn das, wenn ich daheim wäre und Du hättest
manchmal nicht den notwendigen Schlaf. Ist das etwa anders. Das gehört ja an
sich bestraft und wenn es mit meiner Anwesenheit wäre. Dann könnte ich Dir den
Schlaf nochmals nehmen und man könnte die Probe aufs Exempel machen. Lassen wir
aber von diesem Wunschtraum ab, denn dazu liegt dieser Tag doch zu fern. Bis
dahin müssen wir uns eben schriftlich behelfen. Mit dem Schutzmann hast Du ja
trotzdem noch Glück gehabt. Hast Du ihn vielleicht angelächelt oder mit
Blindheit geschlagen? Diese Zeichnung von Jörg mit den Sternen und vor allem
das Motiv hat er das nicht aus einem seiner Bilderbücher. Aber ganz gleich, die
Ausführung ist sehr gut und ich muß mich eben wundern, woher er es hat und kann
es einfach nicht so schnell fassen, daß es ganz allein aus ihn
herauskommt. Über das Lob kann er sich
auch freuen, denn er hat es bestimmt sehr nett gemacht. Ich weiß, daß Du nicht unbescheiden bist auf
Geschenke, aber man möchte gern etwas schenken. Ich muß zwar zugeben, daß man
von Frankreich her etwas gewohnt war in Bezug auf das Kaufen. Das ist hier ja
alles nicht möglich, weil es praktisch nicht gibt. Darum war ich doch aus so
froh, als ich diese Kleinigkeiten bekam. Wenn ich Dir außerdem noch Geld
geschickt habe, so kann ich das ohne weiteres entbehren und es geht mir nichts
deswegen ab. Du kannst es ohne Sorge annehmen.
Wie Du das Geld verwendest, ist mir gleichgültig. Ich habe ja früher
auch nicht so große Sprünge gemacht und habe auch gelebt. Nur hier in diesem Fall würde es mich schon
interessieren, wie Du es eingeteilt hast, denn es handelt sich ja hier um ein
Geschenk. Da nun die Kinder von
Siegfried auch wieder Geld erhalten haben, von mir auch noch einen Geldbetrag
erhielten, werden sie bei diesem Spartempo bald 200,-RM beieinander haben. Ich grüße Dich recht herzlich, mein liebes
Mädel und nimm gleichzeitig meine herzlichsten Küsse entgegen. Dein Ernst.
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