Donnerstag, 25. Januar 2018

Brief 369 vom 17./18.01.1943


Mein liebstes Mädel !                                                                17.1.43    
    
Gestern bin ich nicht zum Schreiben gekommen. Post habe ich auch nicht erhalten. Aus Deinen anderen Briefen sind noch einige Dinge nicht beantwortet. Im übrigen denke ich, daß ich heute Abend wieder von Dir Post bekommen werde.  Mit unserem Jungen ist das ja wieder so eine Sache. Die Schule hat ihm am Anfang nicht gefallen. Daß die Lehrerin Tatzen ausgeteilt hat, hat ihm auch nicht in den Kram gepaßt. Ja, die Bengels werden sich entsprechend benommen haben. So eine Lehrerin kommt ja auf die Dauer bei diesen Brüdern nicht durch. Denn sobald die merken, sie gibt etwas nach, dann ist es doch aus. Das schadet nichts, wenn die ganze Gesellschaft richtig in Zuck gehalten wird. Das kommt ja auch den Eltern zuhause zugute. Das wird unserem Bengel noch öfter im Leben passieren, daß ihm Dinge begegnen, die ihm nicht in den Kram passen. Uns ist es ja auch nicht anders gegangen. Was die Äußerungen wegen des Erlernens eines Berufes anbelangt, so ist das nicht von solcher Bedeutung, als daß man das für erst nehmen muß. Er wird sich noch manchen Zwang auflegen müssen, bis er einmal soweit ist. Diesen Regungen kann er ja als Kind immer noch nachgeben. Aber da kommt er nicht drum herum, daß er erst noch tüchtig und viel lernen muß, bis er sich selbständig machen kann.  Den Brief habe ich noch nicht erhalten, in dem Du mir davon geschrieben hast, daß Helga nicht ganz auf dem Damm ist.  Hoffentlich hat sich das alles wieder gelegt, und hoffentlich hat es keine ernstlichen Folgen hinterlassen Sie hat sich ja dadurch noch einige Tage schonen können, das wird ihr bestimmt nichts geschadet haben. Daß ihr das Fell gejuckt hat, als Jörg zum Schlittenfahren ging und sie mußte im Zimmer bleiben, das ist mir verständlich. Sie wird es aber noch haben nachholen können, denn so schnell wird der Schnee nicht weggegangen sein. Durch diesen erzwungenen Zimmeraufenthalt hat sie ja Gelegenheit gehabt, sich ihr Theaterstück auszudenken. Ich muß immer wieder betonen, daß sie sich doch mit ihrer Umwelt beschäftigt und sich gleichzeitig damit ganz gut unterhält.  Mit meiner Mitteilung über das Herausnehmen der Lampen habe ich Dir anscheinend wieder Veranlassung gegeben, daß Du Dir Gedanken darüber machtest. Das ist also nicht nötig. Wir bekommen hier Kerzen zugeteilt. Aber dabei kann man ja doch nichts machen. Radio darf man laufen lassen. Ich habe mir hier eine Taschenlampe organisiert. Glühbirnen habe ich mir in Reserve gehalten, so daß ich trotzdem Licht habe. Du wirst zwar sagen, daß man das nicht darf, aber an das kann man sich ja nicht halten. Es wird vieles beim Barras verboten, was unsinnig und nicht notwendig ist und trotzdem wird es von einem kleinen Teil durchgeführt. Was notwendig ist und was einem verständlich erscheint, das wird gemacht.  Das Buch von Finkh hast Du wohl erhalten. Das ist nich schlecht und es gibt eine ganz nette Ergänzung zu den anderen Büchern. Ich denke, daß es Dir auch gefallen hat oder wird. Es kann ja sein, daß Kurt das gleiche Buch gekauft hat.  Deine Ansicht über das wenige Sich kennen zwischen Kurt und mir und andererseits zwischen Dir und Siegfried mag wohl mit Deiner Vermutung seine Richtigkeit haben. Man ist schon zu viele Jahre altersmäßig auseinander, so daß dadurch der Kontakt nicht so gegeben ist, wie wenn man so nahe beieinander ist wie unsere Beiden.  Es ist nun Abend geworden. Am Nachmittag habe ich einmal ein Bad im Waschbecken genommen, denn das war wieder einmal sehr notwendig. Es ist aber ein angenehmes Gefühl, wenn man wieder sauber ist. Später habe ich Päckchen gepackt. Je zwei Päckchen mit Öl und Honig. Sie tragen die Nummer 4 bis 7.  Ich werde sie in diesen Tagen nach und nach absenden. Ich habe nur den Wunsch, daß sie richtig und gesund in Deine Hände kommen.  Durch eingetretene Urlaubssperre bekomme ich die Sachen nicht so weg, wie ich es beabsichtigt hatte. Ich werde aber die Sachen auch so wegbekommen, denn ich habe das nicht gern hier herumliegen. Wenn man nochmals etwas bekommen sollte, dann sammelt sich das hier zu sehr an und man muß es dann mit herumschleppen.  Post ist auch heute nicht angekommen. Zur Zeit kommt die Post sehr unregelmäßig. Aber das Hoffen ist immer noch übriggeblieben.  Du mein liebes Mädel bleib gesund und lasse Dir viele herzliche Küsse geben und viele, viele Grüße übermitteln von Deinem Ernst.

Mein liebster Schatz !                                                                       18.1.43  
      
Es ist schon ½ 11 Uhr ehe ich zum Schreiben komme, aber ich will Dir doch wenigstens Deinen lieben Brief vom 7. beantworten, den ich heute erhielt. Die Briefe vom 3. und 6. sind ja noch nicht angekommen, aber die sind sicher unterwegs hängen geblieben.  Aus Deinem lieben Brief habe ich leider lesen müssen, daß unsere Helga immer noch Beschwerden hat, Ich habe die anderen Briefe von Dir noch nicht bekommen, ich will aber heute schon anfragen, warum hast Du keinen Arzt zu Rate gezogen. Ich kann zwar von hier aus nicht übersehen, ob dazu ein Arzt notwendig war. Ich möchte Dich aber trotzdem darauf hinweisen, sei vorsichtig, denn man kann das als Laie nicht so beurteilen. Ich weiß ja, daß Du alles tust, was die Besserung des Zustandes herbeiführt und daß Deine Sorge nur der Behebung des Krankheitszustands gilt. Ich wünsche mir, daß sich alles erledigt hat, bis mein Brief in Deine Hände gelang. Aber ich bitte Dich nochmals, sei auch in künftigen Fällen vorsichtig, denn schließlich können wir ja den Arzt auf Kassenkosten in Anspruch nehmen. Daß Du ihn nicht wegen jeder Kleinigkeit holen kannst und holen wirst, das weiß ich sehr gut. Endlich gab es wieder einmal ein Geschäft für Dich. Es war zwar nur eine kleine Umänderung im Zimmer der Kinder, aber damit muß man sich abfinden, denn es ist ja Krieg. Aber vielleicht kommt auch für Dich wieder einmal die Zeit, wo Du große Änderungen vornehmen kannst. So lange mußt Du Dich wieder schon gedulden.  Aber Du wirst schon damit zufrieden gewesen sein. Ich weiß, daß sich allerhand Sachen ansammeln, daß das nicht einfach ist, diese Dinge alle ordentlich unterzubringen ist mir genau so verständlich wie Deine Meinung, daß Du es nicht gern hast, wenn alles herumliegt. Anscheinend hast Du nun alles zu Deiner Zufriedenheit gelöst.  Unserem Stromer sieht es wieder einmal ähnlich, wenn er sich die Handschuhe zerrissen hat. Wenn ihm aber nichts weiter dabei passiert, ist, kann man ja ganz zufrieden sein. Das muß so nach seinem Geschmack gewesen sein, sich so lange Zeit in der Badewanne zu tummeln. Wenn Du ihm immer wieder warmes Wasser nachgeschüttet hast, dann hat er ja das Baden ausgiebig ausgenutzt. Dieser Amerikafahrer ist mir hier auch wieder begegnet.  Ich habe ihn in unserer kleinen Bücherei, die uns hier zur Verfügung steht. Ich habe wieder einmal einen Blick hineingetan, es freut einem immer wieder, wenn man darin liest, denn der Autor hat eine nette Art, die man immer wieder gern liest. Für die Kinder ist das nicht immer so einfach, das schon zu lesen. In wenigen Jahren werden sie sich aber schon darüber hermachen. Bei uns steht ihnen ja eine ausgiebige Bücherei mit vieler geistiger und unterhaltender Literatur zur Verfügung, an der sie eine Weile zu tun haben.  Ich weiß wohl, daß Du mir nicht böse darum bist, daß ich mich über die Pralinen hergemacht habe, aber ich meine immer, ich müßte alles an Euch schicken, was ich hier so außer der Reihe bekomme. Darum entschuldige ich mich auch. Aber ich habe ja immer noch von dem Weihnachtsgebäck, das Du mir gesandt hast. Wenn ich es einteile, dann reicht es noch ein Weilchen.  Meine Marmelade geht langsam zur Neige. In diesen Tagen muß ich die letzte Büchse in Angriff nehmen. Ich kann mir aber von dem uns zugeteilten Honig etwas nehmen, da habe ich auch etwas. Ich sende Dir bei Gelegenheit die Verpackung mit zurück. Wenn Du aber jetzt nichts zur Verfügung hast, dann brauchst Du mir nicht zuzusenden. Ich gehe hier schon nicht unter, da mußt Du Dir keine Sorge machen.  Von meiner Tageseinteilung kann ich Dir in abändernder Form berichten. Früh lasse ich mich gegen 6 Uhr wecken.  Um 8 Uhr fängt der Dienst an , der dann bis 1 Uhr läuft. Am Nachmittag fangen wir um 3 Uhr an und arbeiten bis 7 Uhr. Zwischen den Pausen liegen dann die Essenszeiten. Das Frühstück wird mir schon am Abend vorher mitgebracht mit der Abendverpflegung.  Mittagessen nehme ich im Unteroffizierkasino ein, die anderen Mahlzeiten auf meiner Bude, soweit es abends keine warme Verpflegung gibt. Ich weiß, daß Dich das immer interessiert. Von meiner Unterkunft muß ich etwa 3 Minuten zur Dienststelle laufen, und von der Dienststelle bis zum Kasino ist es in anderer Richtung etwa gleich weit.  Lasse Dich recht herzlich grüßen und vielmals küssen in vieler Liebe Dein Ernst.

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