Mein
liebstes Mädel ! 17.1.43
Gestern
bin ich nicht zum Schreiben gekommen. Post habe ich auch nicht erhalten. Aus
Deinen anderen Briefen sind noch einige Dinge nicht beantwortet. Im übrigen
denke ich, daß ich heute Abend wieder von Dir Post bekommen werde. Mit unserem Jungen ist das ja wieder so eine
Sache. Die Schule hat ihm am Anfang nicht gefallen. Daß die Lehrerin Tatzen
ausgeteilt hat, hat ihm auch nicht in den Kram gepaßt. Ja, die Bengels werden
sich entsprechend benommen haben. So eine Lehrerin kommt ja auf die Dauer bei
diesen Brüdern nicht durch. Denn sobald die merken, sie gibt etwas nach, dann
ist es doch aus. Das schadet nichts, wenn die ganze Gesellschaft richtig in
Zuck gehalten wird. Das kommt ja auch den Eltern zuhause zugute. Das wird
unserem Bengel noch öfter im Leben passieren, daß ihm Dinge begegnen, die ihm
nicht in den Kram passen. Uns ist es ja auch nicht anders gegangen. Was die
Äußerungen wegen des Erlernens eines Berufes anbelangt, so ist das nicht von
solcher Bedeutung, als daß man das für erst nehmen muß. Er wird sich noch
manchen Zwang auflegen müssen, bis er einmal soweit ist. Diesen Regungen kann
er ja als Kind immer noch nachgeben. Aber da kommt er nicht drum herum, daß er
erst noch tüchtig und viel lernen muß, bis er sich selbständig machen
kann. Den Brief habe ich noch nicht
erhalten, in dem Du mir davon geschrieben hast, daß Helga nicht ganz auf dem
Damm ist. Hoffentlich hat sich das
alles wieder gelegt, und hoffentlich hat es keine ernstlichen Folgen
hinterlassen Sie hat sich ja dadurch noch einige Tage schonen können, das wird
ihr bestimmt nichts geschadet haben. Daß ihr das Fell gejuckt hat, als Jörg zum
Schlittenfahren ging und sie mußte im Zimmer bleiben, das ist mir verständlich.
Sie wird es aber noch haben nachholen können, denn so schnell wird der Schnee
nicht weggegangen sein. Durch diesen erzwungenen Zimmeraufenthalt hat sie ja
Gelegenheit gehabt, sich ihr Theaterstück auszudenken. Ich muß immer wieder
betonen, daß sie sich doch mit ihrer Umwelt beschäftigt und sich gleichzeitig
damit ganz gut unterhält. Mit meiner
Mitteilung über das Herausnehmen der Lampen habe ich Dir anscheinend wieder
Veranlassung gegeben, daß Du Dir Gedanken darüber machtest. Das ist also nicht
nötig. Wir bekommen hier Kerzen zugeteilt. Aber dabei kann man ja doch nichts
machen. Radio darf man laufen lassen. Ich habe mir hier eine Taschenlampe
organisiert. Glühbirnen habe ich mir in Reserve gehalten, so daß ich trotzdem
Licht habe. Du wirst zwar sagen, daß man das nicht darf, aber an das kann man
sich ja nicht halten. Es wird vieles beim Barras verboten, was unsinnig und
nicht notwendig ist und trotzdem wird es von einem kleinen Teil durchgeführt.
Was notwendig ist und was einem verständlich erscheint, das wird gemacht. Das Buch von Finkh hast Du wohl erhalten.
Das ist nich schlecht und es gibt eine ganz nette Ergänzung zu den anderen
Büchern. Ich denke, daß es Dir auch gefallen hat oder wird. Es kann ja sein,
daß Kurt das gleiche Buch gekauft hat.
Deine Ansicht über das wenige Sich kennen zwischen Kurt und mir und
andererseits zwischen Dir und Siegfried mag wohl mit Deiner Vermutung seine
Richtigkeit haben. Man ist schon zu viele Jahre altersmäßig auseinander, so daß
dadurch der Kontakt nicht so gegeben ist, wie wenn man so nahe beieinander ist
wie unsere Beiden. Es ist nun Abend
geworden. Am Nachmittag habe ich einmal ein Bad im Waschbecken genommen, denn
das war wieder einmal sehr notwendig. Es ist aber ein angenehmes Gefühl, wenn
man wieder sauber ist. Später habe ich Päckchen gepackt. Je zwei Päckchen mit
Öl und Honig. Sie tragen die Nummer 4 bis 7.
Ich werde sie in diesen Tagen nach und nach absenden. Ich habe nur den
Wunsch, daß sie richtig und gesund in Deine Hände kommen. Durch eingetretene Urlaubssperre bekomme ich
die Sachen nicht so weg, wie ich es beabsichtigt hatte. Ich werde aber die
Sachen auch so wegbekommen, denn ich habe das nicht gern hier herumliegen. Wenn
man nochmals etwas bekommen sollte, dann sammelt sich das hier zu sehr an und
man muß es dann mit herumschleppen.
Post ist auch heute nicht angekommen. Zur Zeit kommt die Post sehr
unregelmäßig. Aber das Hoffen ist immer noch übriggeblieben. Du mein liebes Mädel bleib gesund und lasse
Dir viele herzliche Küsse geben und viele, viele Grüße übermitteln von Deinem
Ernst.
Mein
liebster Schatz ! 18.1.43
Es
ist schon ½ 11 Uhr ehe ich zum Schreiben komme, aber ich will Dir doch
wenigstens Deinen lieben Brief vom 7. beantworten, den ich heute erhielt. Die
Briefe vom 3. und 6. sind ja noch nicht angekommen, aber die sind sicher
unterwegs hängen geblieben. Aus Deinem
lieben Brief habe ich leider lesen müssen, daß unsere Helga immer noch
Beschwerden hat, Ich habe die anderen Briefe von Dir noch nicht bekommen, ich
will aber heute schon anfragen, warum hast Du keinen Arzt zu Rate gezogen. Ich
kann zwar von hier aus nicht übersehen, ob dazu ein Arzt notwendig war. Ich
möchte Dich aber trotzdem darauf hinweisen, sei vorsichtig, denn man kann das
als Laie nicht so beurteilen. Ich weiß ja, daß Du alles tust, was die Besserung
des Zustandes herbeiführt und daß Deine Sorge nur der Behebung des
Krankheitszustands gilt. Ich wünsche mir, daß sich alles erledigt hat, bis mein
Brief in Deine Hände gelang. Aber ich bitte Dich nochmals, sei auch in
künftigen Fällen vorsichtig, denn schließlich können wir ja den Arzt auf
Kassenkosten in Anspruch nehmen. Daß Du ihn nicht wegen jeder Kleinigkeit holen
kannst und holen wirst, das weiß ich sehr gut. Endlich gab es wieder einmal ein
Geschäft für Dich. Es war zwar nur eine kleine Umänderung im Zimmer der Kinder,
aber damit muß man sich abfinden, denn es ist ja Krieg. Aber vielleicht kommt
auch für Dich wieder einmal die Zeit, wo Du große Änderungen vornehmen kannst.
So lange mußt Du Dich wieder schon gedulden.
Aber Du wirst schon damit zufrieden gewesen sein. Ich weiß, daß sich
allerhand Sachen ansammeln, daß das nicht einfach ist, diese Dinge alle
ordentlich unterzubringen ist mir genau so verständlich wie Deine Meinung, daß
Du es nicht gern hast, wenn alles herumliegt. Anscheinend hast Du nun alles zu
Deiner Zufriedenheit gelöst. Unserem
Stromer sieht es wieder einmal ähnlich, wenn er sich die Handschuhe zerrissen
hat. Wenn ihm aber nichts weiter dabei passiert, ist, kann man ja ganz
zufrieden sein. Das muß so nach seinem Geschmack gewesen sein, sich so lange
Zeit in der Badewanne zu tummeln. Wenn Du ihm immer wieder warmes Wasser
nachgeschüttet hast, dann hat er ja das Baden ausgiebig ausgenutzt. Dieser
Amerikafahrer ist mir hier auch wieder begegnet. Ich habe ihn in unserer kleinen Bücherei, die uns hier zur
Verfügung steht. Ich habe wieder einmal einen Blick hineingetan, es freut einem
immer wieder, wenn man darin liest, denn der Autor hat eine nette Art, die man
immer wieder gern liest. Für die Kinder ist das nicht immer so einfach, das
schon zu lesen. In wenigen Jahren werden sie sich aber schon darüber hermachen.
Bei uns steht ihnen ja eine ausgiebige Bücherei mit vieler geistiger und
unterhaltender Literatur zur Verfügung, an der sie eine Weile zu tun
haben. Ich weiß wohl, daß Du mir nicht
böse darum bist, daß ich mich über die Pralinen hergemacht habe, aber ich meine
immer, ich müßte alles an Euch schicken, was ich hier so außer der Reihe
bekomme. Darum entschuldige ich mich auch. Aber ich habe ja immer noch von dem
Weihnachtsgebäck, das Du mir gesandt hast. Wenn ich es einteile, dann reicht es
noch ein Weilchen. Meine Marmelade geht
langsam zur Neige. In diesen Tagen muß ich die letzte Büchse in Angriff nehmen.
Ich kann mir aber von dem uns zugeteilten Honig etwas nehmen, da habe ich auch
etwas. Ich sende Dir bei Gelegenheit die Verpackung mit zurück. Wenn Du aber
jetzt nichts zur Verfügung hast, dann brauchst Du mir nicht zuzusenden. Ich
gehe hier schon nicht unter, da mußt Du Dir keine Sorge machen. Von meiner Tageseinteilung kann ich Dir in
abändernder Form berichten. Früh lasse ich mich gegen 6 Uhr wecken. Um 8 Uhr fängt der Dienst an , der dann bis
1 Uhr läuft. Am Nachmittag fangen wir um 3 Uhr an und arbeiten bis 7 Uhr.
Zwischen den Pausen liegen dann die Essenszeiten. Das Frühstück wird mir schon
am Abend vorher mitgebracht mit der Abendverpflegung. Mittagessen nehme ich im Unteroffizierkasino ein, die anderen
Mahlzeiten auf meiner Bude, soweit es abends keine warme Verpflegung gibt. Ich
weiß, daß Dich das immer interessiert. Von meiner Unterkunft muß ich etwa 3
Minuten zur Dienststelle laufen, und von der Dienststelle bis zum Kasino ist es
in anderer Richtung etwa gleich weit.
Lasse Dich recht herzlich grüßen und vielmals küssen in vieler Liebe
Dein Ernst.
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