Mein
lieber, guter Schatz !
16.12.42
Briefe,
Zeitungen, Päckchen trafen in den letzten Tagen aber ziemlich ein. Gestern
bekam ich Deine Briefe vom 3., 4. und 5., dann 3 Zeitungssendungen. Heute kam
ein weiteres Päckchen an. Den Weihnachtsbrief habe ich auch erhalten. Ich habe
ihn beiseite gelegt und werde ihn mir für den Weihnachtsabend aufheben. Aber
nun zu Deinen Briefen. Gestern konnte ich sie nicht beantworten, denn ich war
ziemlich müde und habe mich schon gleich nach dem Essen zu Bett gelegt. Meine
letzten zwei Briefe habe ich gleich Urlaubern mitgegeben. Sie werden Dich noch
rechtzeitig vor Weihnachten erreichen. Auch mein Päckchen Nr. 51, in das ich
die Puppen getan habe, wurde mir von unserem Chef, der in Urlaub fuhr, mitgenommen.
Ich habe hier noch eine Butter und zwei Packungen mit Käse gehabt und
dazugepackt. Wenn ich Glück habe, dann kommen sie noch vor Weihnachten an.
Einen weiteren Brief und zwar meinen Weihnachtsbrief hatte ich durch Kurier
gesandt, so daß meine Post in den letzten Tagen außergewöhnlich schnell
befördert wurden. Auch diesen Brief möchte ich Dir gern für die Weihnachtstage
zugehen lassen, damit Du nicht ganz ohne Post über die Feiertage bist. Daß Du das Nähen wieder aufgenommen und Du Gefallen daran gefunden hast, habe
ich mit Befriedigung gelesen. Ich finde
es sehr nett von Frau Dietz, wie sie sich immer ihres Patenkindes erinnert.
Hast du Ihr schon wieder einmal ein Foto von unserem Stromer geschickt. Er
könnte ihr ja auch einmal eines seiner Bilder malen. Ich denke, daß ihr das
sicher gefallen würde. Ich kann mir denken, daß ihr die Jahre und die
Kriegsjahre besonders anhängen. Wenn man älter wird, ist man eben viel
anfälliger wie sonst. Daß Du Dir einen neuen Regenumhang gekauft hast, wird
wohl notwendig gewesen sein. Das Gummizeug wird mit der Zeit brüchig und
erfüllt dann nicht mehr seinen Zweck. Die Haltbarkeit dieser durchsichtigen
Umhänge wird zwar auch sehr begrenzt sein.
Wenn es Dich vor dem Regen schützt, erfüllt es aber auch seinen Zweck. Wenn
Du den Kindern noch mit Zeichenblocks ud Buntstiften kommst, dann haben sie
sicher ihre Freude dran. Denn malen tun sie beiden gern. Aber diese Guckrollen,
wie Du sie nennst oder Kaleidoskop, wie es sonst noch heißt, macht ihnen
bestimmt Vergnügen. Wenn ich früher Kinder mit einem solchen Kaleidoskop sah,
so war das immer mein Wunschtraum, ein solches zu besitzen. Es kam nie dazu. Es
gibt so schöne, abwechslungsreiche Figuren.
Ich denken, daß ihnen das sicherlich gefallen wird. Unser Bildermaler sucht sich schon neue
Kundschaft. Ich freue mich, wie er es unbeschwert und von seinem Können
überzeugt sie nun schon seiner Lehrerin anbietet. Daß sie nun zu ihm gesagt
hat, daß es unter den Baum kommt, macht ihn wohl noch besonders stolz. Er soll
sich nur weiter damit beschäftigen. Er braucht ja nun nicht gerade Maler zu
werden, aber er gewinnt auf diese Weise Selbstvertrauen und das ist im Leben
viel wert. Bis heute Vormittag hatten
wir Tauwetter. Der Schnee war zum größten Teil weg. Aber heute gegen Abend fing
es an, kälter zu werden. In der Nacht haben wir ganz sternenklaren Himmel und
es ist anzunehmen, daß es morgen einige Grade kalt ist. Was nun die Versetzungsgeschichte betrifft,
so weißt Du ja inzwischen Bescheid, wie es gekommen ist, und daß ich für die
nächste Zeit noch hier bleiben werde.
Höhere Gewalt ist natürlich ausgeschlossen. Daß meine beiden ersten
Päckchen inzwischen eingetroffen sind, möchte ich gern hoffen. Vielleicht hat
es auch mit den beiden anderen noch geklappt. Es sind zwar alles nur
Kleinigkeiten. Du hast von mir inzwischen schon erfahren, wie schwer es ist,
etwas zu bekommen. Umso mehr hat es
mich gefreut, daß ich dieses Wenige habe schicken können. Das war für die
Kinder das richtige Geschäft, einen Brief vom Vater mit einem Auftrag zu
bekommen. Ob sie noch Glück gehabt haben, möchte ich fast bezweifeln. Daß aber
der Brief für meinen Vater auch an Dich gelangte, ist ja interessant. Ich habe
diesmal genau Obacht geben, daß ich nicht einen Brief geschrieben habe mit
Deiner Anschrift. Wenn es nun so gekommen ist, dann läßt sich das nicht ändern.
Mit der Besteckhülle kann ich schon noch solange warten, bis die Sperre
aufgehoben ist. Mache sie aber nicht zu groß, damit sie nicht allzu viel Platz
wegnimmt. Warum die Luftpostbriefe von
hier aus immerhin noch so lange brauchen, habe ich Dir kürzlich erklärt. Denn
die Flugzeuge fliegen erst noch nach dem Kaukasus und nehmen dort die Flugpost
mit, von dort geht es über das Schwarze Meer Richtung Heimat. Wenn Du der Frau von Deinem Vater etwas für
Weihnachten hast, so soll mir das recht sein. Wenn Du meinst, daß sie etwas
mitschickt, dann mache das nur wie Du es für richtig hältst. Ich war nur der
Ansicht, daß wir doch keinerlei Bindung zu der Frau haben. Wie ich lese, hast
Du Dich über die Schränkchen Tür selbst hergemacht. Er wird sich Deine Arbeit
ja ansehen und sein fachmännisches Urteil abgeben. Aber bei Deinen Erfahrungen in der Schreinerei, siehe Regel im
Vorraum der Wohnung usw., wird er wohl kaum etwas entdecken können. Es freut
mich, daß Dir Helga immer wieder eine Arbeit abnimmt. So wie Du mir zuletzt
mitgeteilt hast, das Treppeputzen. Es
ist doch einmal ganz schön, wenn man zusehen kann, wie andere arbeiten. Ich
denke, daß sie es zu Deiner Zufriedenheit gemacht hat. Die Nikolausüberraschung für die Kinder hat
ihnen sicherlich viel Spaß gemacht. Ein Kinderherz braucht doch auch so eine
kleine Freude. Da es nicht so geht wie in Friedenszeiten, das wissen sie ja
selbst. Aber sie wären sicherlich ganz enttäuscht gewesen sein, wenn Du nichts
gemacht hättest. Es sind ja bescheidene Sachen, und doch haben sie gewirkt.
Unser Strolch hat doch ein Glück. Er zieht, wie Helga schreibt, „natürlich“ den
Nikolaus. Daß sie etwas bedrückt war, als sie noch nichts hatte, während er
sich über seinen Gewinn freuen konnte, das kann ich mit bei ihrer Veranlagung
vorstellen. Sie kam ja dann am Abend noch auf ihre Rechnung. Dich haben sie
nicht vergessen. Sie haben also von ihren Spielsachen geopfert. Daß Ihr Euch
bei einer Kerze an dem Abend zusammengesetzt habt, daran habt Ihr recht
getan. Wenn Ihr dann noch
Weihnachtslieder gesungen habt, so wird das die Stimmung noch wesentlich erhöht
haben. Die Briefe der Kinder kann ich heute
nicht mehr beantworten. Ich schreibe aber, sobald es mir möglich ist an sie,
damit sie nicht denken, ich würde sie vergessen. Vertröste sie bitte noch auf
einige Tage. Nimm recht schöne Grüße
entgegen und lasse Dich herzlich küssen, wie ich Dich bitte auch die Kinder zu
küssen von Deinem Ernst.
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