Samstag, 6. Januar 2018

Brief 364 vom 4./5.1.1943


Mein liebster Schatz !                                                                       4.1.43     
 
Die zweite Januarwoche ist schon angebrochen. Vorgestern, gestern und heute habe ich keine Post von Dir erhalten. Dagegen kamen der Brief der Kinder vom 24. an und ein Brief von Siegfried.  Über die Schreiben der Kinder habe ich mich recht herzlich gefreut.  Daß am Vorweihnachtsabend eine Sendung von hier war, das hatte ich nicht gehört. Interessant ist, daß einer mit Hilfe eines Mikrofons am gleichen Abend bei unserer Weihnachtsfeier zur Unterhaltung brachte, die den umgekehrten Weg ging. Es ist ein Soldat unserer Einheit, der Berichte aus der Heimat verbunden mit einer Art Wunschkonzert brachte. Dabei hatte er sich mehrerer höherer Offiziere bedient, die er bedachte. Es war ganz nett aufgezogen und am Anfang konnte man glauben, es sei eine richtige Übertragung. An Helgas Brief finde ich erst einmal eine große Vorfreude auf den bevorstehenden Abend und dann ist es so nett von ihr geschrieben, wie sie mich überraschen wollte, wenn sie bei einem Fronttheater mitspielen würde. Das wäre schon eine riesige Überraschung für mich und eine große Freude dazu. Das sind Kinderträume, die zu weit von der Wirklichkeit abrücken. Ich glaube, gerade aus diesem Schreiben ein groß Teil ihrer Liebe und ihrer Anhänglichkeit herauszuspüren. Wie paßt das mit dem Weihnachtsfest zusammen. Mit auf den Schoß zu sitzen wird also leider nichts werden. Jörg muß ja auch eine richtige Spannung gehabt haben, denn man fühlt sie ganz unbeschwert aus seinem Brief heraus. Er muß es wohl bald nicht mehr haben abwarten können. Da war es gut daß Du sie noch mit verschiedenen Dingen hast ablenken können. Das BAden hat im weiteren Sinne ablenkend wirken sollen. Es ist nur gut, daß man diese Berichte nicht am eigentlichen Weihnachtsabend bekommt, denn dann wäre einem noch wehmütiger zumute gewesen.  Heute wurden zur Leipziger Montagssendung Eure Lieder gespielt, die Ihr so gern hört, wie: „Antje, mein liebes Antje“ und “Wovon soll der Landser denn schon träumen“. Ich kann wohl annehmen, daß Du auch Hörer dieser Sendung warst. Unsere Gedanken haben sich dann sicherlich getroffen.  Wegen des bei Gess bestellten Heftes habe ich heute an den Kollegen Herre vom Amt geschrieben. Vielleicht kann er mir es beschaffen. Ich habe zwar wenig Hoffnung. Bis jetzt kannst Du die Bestellung noch aufrecht erhalten.  Das ist doch ein eigenartiges Wetter. Man könnte glauben, daß es dem Frühjahr zugeht. Überall taut es. Ein Wind hat sich aufgemacht, der nicht kalt ist. Aber bald an den Frühling gemahnt. Bei uns werden nun bald nach und nach die Urlauber eintreffen, die über Weihnachten daheim waren.  Ein Urlaub geht doch verhältnismäßig schnell vorüber, wenn es für uns von der Abfahrt bis zur Rückkunft einen Monat dauert.  In den letzten Tagen habe ich mich ziemlich ausgeschrieben. Ich muß erst Deine weiteren Briefe abwarten, um wieder etwas positives zu schreiben. Lasse Dich vielmals recht herzlich grüßen und viele Küsse füge ich für Dich und die Kinder mit bei. Dein Ernst.

Mein liebes Mädel !                                                                                5.1.43 
   
Dein lieber Brief vom 23.12. traf heute ein. Ich danke Dir recht herzlich dafür. Nachdem Du soviel geschrieben hast, mußt Du es ziemlich eilig gehabt haben, denn zu einer Unterschrift hat es diesmal nicht gelangt oder hatten Dich die Weihnachtstage schon in ihrem Bann?  Mein Schreiben, in dem ich die Verteilung des Geldes mitteilte, hat Dich vor den Feiertagen erreicht, Da ist doch die Angelegenheit vor den Feiertagen auch noch klar gegangen. Ich kann mir vorstellen, daß es nicht schön ist, wenn man eine Sache da hat und man nicht weiß, was der Absender damit eigentlich vor hat. Wegen den Puppen ist ein Missverständnis entstanden. Vielleicht habe ich mich ungeschickt ausgedrückt. Es ist von mir nur ein Paar gekauft worden. Wenn Du Helga schon darauf vorbereitet haben solltest, dann bleibt wohl nichts weiter übrig, als sie zu trösten. Ich halte den Preis von je 3,50 RM je Stück etwas zu hoch. Ich habe schon kürzlich darüber geschrieben.  Ich glaube, daß Du auch meine Ansicht teilst, wenn nicht, dann gib mir Bescheid, bitte. Was Deine Erwähnung des Kaufes der Nägel in Konstanz und dazu Deinen Hinweis meines Erwerbs in Frankreich anbelangt, dann muß ich mir heute immer wieder vorhalten, schon im Hinblick auf die lange Dauer des Krieges, daß es vielleicht zu wenig war, was man gekauft hat. Man hätte schon in den ersten Monaten sich gleich Geld freimachen sollen. Aber man glaubte, daß sich diese Ereignisse nicht solange hinausziehen würden. Man hätte dies und jenes noch beschaffen können. Ich denke gerade noch an Schuhe und Leder. Aber was nutzt das alles, man kann es doch nicht mehr ändern. Es freut mich auch noch, wenn ich daran denken, daß ich Dir durch diese Anschaffungen manchen Weg erspart habe. Ob Du dann diese Sachen alle bekommen hättest, das wäre auch noch eine Frag gewesen. Wenn ich dann noch die Anerkennung von Dir für meine Gedanken an Euch bekomme, dann bin ich schon zufrieden. Weiter will man ja nichts, denn Ihr sollte es doch etwas leichter durch diese kleinen Sendungen bekommen. Mein Sinnen und Trachten geht in der Freizeit auch vielfach danach, etwas für Euch zu organisieren. Eine andere Möglichkeit hat man ja doch nicht, um die Liebe zu Euch zum Ausdruck zu bringen. Ich weiß auch, daß Ihr das so empfindet. Ich habe nun noch nicht von Dir erfahren, ob die ominöse Laubsäge sich noch gefunden hat. Wie ich aber schon aus Deinen Zeilen lese, habe ich anscheinend wieder etwas angerichtet. Jetzt geht der Streit zwischen Dir und Jörg, wer den größeren Anspruch darauf hat. Das hatte ich nun nicht beabsichtigt. Wenn wieder Frieden ist, weiß ich wenigstens gleich ein Geburtstags- oder Weihnachtsgeschenk. Besser wäre es aber, ein Geschenk für den Muttertag, das ist durchaus passend und geeignet. Du bist ein richtiger kleiner Handwerker geworden.  Ich brauch mich deshalb auch nicht mehr wundern, warum unser Bengel sich mit solchen Dingen beschäftigt. Wenn schon die Mutter bastelt, dann muß es ja der Junge erst recht. Aber immerhin mein Kompliment. Habt Ihr zum Weihnachtsfest keine Stolle gehabt? Weil Du schreibst, Du hättest zwei Kuchen gebacken. Ich kann mir schon denken, daß sie appetitlich waren.  Ich habe auch schon in den letzten Tagen darüber geschrieben, was ich dazu denke, wenn Helga oder Jörg nicht jeden Tag schreiben. Das kann man nicht verlangen, denn sie sind ja noch Kinder. Ich habe bestimmt keine Veranlassung, ihnen das übel zu nehmen. Sie haben sich nach meiner Auffassung in der letzten Zeit sehr angestrengt und ich bin bestimmt dankbar dafür.  Ich habe auch gestern in meinem Brief von gestern erwähnt, daß es nichts war mit der Sendung von Charkow. Aber ich kann mir Eure Spannung vorstellen. Denn man horchst ja sofort auf, weil man nicht weiß, was kommt. Vor allem weil man seine Gedanken gleich in eine gewisse Beziehung dazu bringt.  Es hat sich nun zweimal als gut erwiesen, daß ich Dir die Durchschläge meiner Schreiben an Dich sandte, da konntest Du Kurt diese gleich zum Lesen geben .  Ich habe mich auch gewundert, daß mein Vater überhaupt keinen Baum gemacht hat. Er hat doch früher gerade an solchen Dingen gehängt. Vielleicht wollte er sich auch den Eindruck von früher nicht verderben. Man weiß ja nicht, welche Momente ihn dazu bewegt haben.  Lasse mich für heute wieder schließen. Ich erwarte nun mit größerer Spannung Deinen Weihnachtsbrief. Vielleicht kommt er morgen. Sei recht herzlich gegrüßt und vielmals geküsst von Deinem an Dich immer denkenden Ernst.


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