Mittwoch, 3. Januar 2018

Brief 356 vom 17.12.1942


Mein herzlieber Schatz !                                                              17.12.42        

Ich freue mich immer sehr, wenn ich einen Brief von Dir in Händen halte. Ich weiß, daß er aus Deinen Händen kommt und daß er Deine Gedanken ausstrahlt. Das ist die Verbindung, die zwischen uns Beiden besteht. Ich lese, was Du den Tag über getan hast, was Dich bedrückt und was Dich erfreut hat. Ich nehme so teil an dem, was zuhause vorgeht. Das freut mich immer. Ich interessiere mich doch für alles, was daheim vorgeht, vor allem was Ihr treibt. Ich danke Dir deshalb für Dein Schreiben und möchte mich nun mit Dir wieder zusammensetzen, um über die verschiedenen Dinge zu plaudern, über die Du mir berichtet hast.  Über Helgas „Bühnenerfolg“ habe ich mich sehr gefreut. Es muß sie aber ziemlich angestrengt haben, denn ich kann mir nicht erklären, warum sie so zapplig geworden ist. So wie ich sie kenne, will sie ja nicht versagen, denn dazu ist ihr Ehrgeiz zu groß. Es macht mir nun Spaß, daß sie ihre Sache gut gemacht hat. Dir hat es auch gefallen, dann ist alles befriedigt. Das ist ja sehr wesentlich.  Anscheinend habt Ihr in der letzten Zeit ziemlich viel Fliegeralarm. Um diese Jahreszeit ist das ja weniger schön. Wie leicht kann man da sich etwas holen. Im übrigen kann man bei dieser Angelegenheit wohl überhaupt nicht von „schön“ reden. Die Kinder sind dann wohl immer froh, wenn sie ins warme Bett schlüpfen können.  Aus Deinem Schreiben kann ich entnehmen, daß Du nun laufend Post von mir bekommst. Ich denke, daß Du nun auch wieder beruhigt bist, vor allem, wo Du nun gelesen hast, daß alle Deine Sendungen , bis auf den ersten Lustpostbrief, mich erreicht haben. Heute erhielt ich von Dir das 6. Päckchen. Jetzt habe ich bald alle beieinander. Ich habe sie schön zur Seite gelegt und, wie ich Dir schon mitteilte, werde ich sie am Weihnachtsabend aufmachen. Dann bin ich mit Euch auf diese Stunden verbunden, weil ich weiß, daß Ihr in Gedanken bei mir weilen werdet. Einige verschiedene Kleinigkeiten habe ich auch für Euch wieder erworben. Es ist ein Pfund Butter, ein Kilo Honig und ein Kilo Mehl.  Du kannst zwar keine großen Sprünge damit machen, aber ich freue mich so sehr darüber, daß ich für Euch diese Sachen besorgen konnte. Froh ist man erst, wenn man weiß, daß es in Deine Hände gekommen ist. Aber das ist auch immer für mich die erste Freude, wenn ich weiß, daß ich Päckchen für Euch packen kann. Denn ich sage mir immer wieder, es hilft mit wirtschaften. Daß Du die Sachen gerne aufnimmst und sie verwerten kannst, das ist mir klar.  Wenn du das Heft noch nicht bekommen konntest, so ist das nicht Deine schuld. Ich habe wieder einmal Pech gehabt und werde mich eben solange vertrösten müssen, bis die neue Auflage herauskommt. Ich kann erst nach Eintreffen dieser Unterlagen die Angelegenheit aufgreifen.  Inzwischen hast Du ja bereits gelesen, daß es mit dem Torteessen für mich aus ist. Ich muß mich nun damit zufrieden geben, daß ich diese zeitlang Gelegenheit hatte, welche bekommen zu haben. Was nutzt es, wenn ich ein Wehklagelied anstimme. Von den Kameraden, mit denen ich vorher bei Tisch war, habe ich immer wieder gehört, daß sie diese Art und Weise nicht billigen. Für sie ist damit zwar die Angelegenheit abgeschlossen, denn sie können dabei nichts unternehmen. Ich werde mich schon wieder durchfuttern, da mache Dir nur keine Sorge darum.  Mit Bedauern habe ich davon lesen müssen, daß es Dich auch wieder einmal gepackt hat. Das ist nicht angenehm, diese Rennerei. Ich kenne das aus eigener Erfahrung. Ich kann wohl behaupten, daß diese Erfahrungen keine geringen sind. Ich hoffe, daß Du dies inzwischen überstanden hast, denn auf die Dauer schwächt das kolossal.  Recht hast Du, wenn Du schreibst, daß der Tommi noch der fleißigste Briefeschreiber ist. Man muß ihm das hoch anrechnen, denn er muß auch im allgemeinen immer einen Anstoß haben.  Aber der Wittenburg läßt auch ab und zu etwas von sich hören. Es ist ja auch nicht notwendig, daß diese Bindungen so schnell abreißen.  Wenn die Feldpostprüfstelle einen meiner Briefe an Dich aufmachte, so kann sie ja nicht viel lesen. Das, was ich schreibe, kann ich jederzeit vertreten. Es kann ja sein, daß die Stenografie ihnen einige Schwierigkeiten bereiten. Es freut mich, daß Du nun auch wieder Durchschlagpapier daheim hast. Du warst doch knapp damit. Inzwischen habe ich von diesen Sachen wieder einiges abgesandt. Ich will nicht, daß Du damit sparen mußt. Wenn Du an mich die Zeitungen schickst, so ist es meines Erachtens nicht notwendig, daß Du allzu viel Papier nimmst, denn es genügt vollkommen, wenn Du das Papier einmal darum legst. Kannst Du nicht immer zwei Zeitungen zusammenpacken? Ich bin gespannt, ob Dein Vater mit meinem Brief auch so zufrieden ist wie Du, Du weiß ja, daß er sich manchmal an einem Wort stößt, was ihm nach seinem Dafürhalten nicht ganz paßt. Aber ich werde ja sehen, was er antwortet. Deine Weihnachtspäckchen hast Du auch alle rechtzeitig auf den Weg gebracht. Da wird es wohl kein verspätetes Eintreffen geben. Wenn man die schwierigen Verhältnisse in Bezug auf Einkauf in Betracht zieht, hast Du ihnen doch einige ganz nette Kleinigkeiten gesandt. Ich hoffe, daß sie sich alle darüber freuen. Daß Kurt keine Marke zugesandt hat, finde ich verwunderlich. Das sieht ihm aber vollkommen ähnlich. Von Blankenloch wird er wohl allerhand zu essen geschickt bekommen. Bei diesen Bauern fällt das doch nicht so in das Gewicht, wie bei uns Stadtleuten.  Heute in einer Woche ist nun Heiliger Abend. Wahrscheinlich werde ich auch so einsam auf meiner Bude sitzen wie hier, nur mit dem Unterschied, daß ich die Päckchen aufgemacht habe. Es wird ein schwerer Abend und einige schwere Tage geben. Vielleicht kann ich mir etwas zu trinken verschaffen. Dann kann ich diesen Zustand etwas betäuben, aber ganz unterdrücken werde ich ihn wohl nicht können. Es muß aber auch überstanden werden, ganz gleich wie.  Du mein lieber Schatz lasse Dich recht herzlich küssen und nimm Du mit den Kindern recht viele Grüße entgegen von Deinem Dich fest liebenden Ernst.

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