Mein
herzlieber Schatz ! 17.12.42
Ich freue mich immer sehr, wenn ich einen Brief von Dir in
Händen halte. Ich weiß, daß er aus Deinen Händen kommt und daß er Deine
Gedanken ausstrahlt. Das ist die Verbindung, die zwischen uns Beiden besteht.
Ich lese, was Du den Tag über getan hast, was Dich bedrückt und was Dich
erfreut hat. Ich nehme so teil an dem, was zuhause vorgeht. Das freut mich
immer. Ich interessiere mich doch für alles, was daheim vorgeht, vor allem was
Ihr treibt. Ich danke Dir deshalb für Dein Schreiben und möchte mich nun mit
Dir wieder zusammensetzen, um über die verschiedenen Dinge zu plaudern, über
die Du mir berichtet hast. Über Helgas
„Bühnenerfolg“ habe ich mich sehr gefreut. Es muß sie aber ziemlich angestrengt
haben, denn ich kann mir nicht erklären, warum sie so zapplig geworden ist. So
wie ich sie kenne, will sie ja nicht versagen, denn dazu ist ihr Ehrgeiz zu
groß. Es macht mir nun Spaß, daß sie ihre Sache gut gemacht hat. Dir hat es
auch gefallen, dann ist alles befriedigt. Das ist ja sehr wesentlich. Anscheinend habt Ihr in der letzten Zeit
ziemlich viel Fliegeralarm. Um diese Jahreszeit ist das ja weniger schön. Wie
leicht kann man da sich etwas holen. Im übrigen kann man bei dieser
Angelegenheit wohl überhaupt nicht von „schön“ reden. Die Kinder sind dann wohl
immer froh, wenn sie ins warme Bett schlüpfen können. Aus Deinem Schreiben kann ich entnehmen, daß Du nun laufend Post
von mir bekommst. Ich denke, daß Du nun auch wieder beruhigt bist, vor allem,
wo Du nun gelesen hast, daß alle Deine Sendungen , bis auf den ersten
Lustpostbrief, mich erreicht haben. Heute erhielt ich von Dir das 6. Päckchen.
Jetzt habe ich bald alle beieinander. Ich habe sie schön zur Seite gelegt und,
wie ich Dir schon mitteilte, werde ich sie am Weihnachtsabend aufmachen. Dann
bin ich mit Euch auf diese Stunden verbunden, weil ich weiß, daß Ihr in
Gedanken bei mir weilen werdet. Einige verschiedene Kleinigkeiten habe ich auch
für Euch wieder erworben. Es ist ein Pfund Butter, ein Kilo Honig und ein Kilo
Mehl. Du kannst zwar keine großen
Sprünge damit machen, aber ich freue mich so sehr darüber, daß ich für Euch
diese Sachen besorgen konnte. Froh ist man erst, wenn man weiß, daß es in Deine
Hände gekommen ist. Aber das ist auch immer für mich die erste Freude, wenn ich
weiß, daß ich Päckchen für Euch packen kann. Denn ich sage mir immer wieder, es
hilft mit wirtschaften. Daß Du die Sachen gerne aufnimmst und sie verwerten
kannst, das ist mir klar. Wenn du das
Heft noch nicht bekommen konntest, so ist das nicht Deine schuld. Ich habe
wieder einmal Pech gehabt und werde mich eben solange vertrösten müssen, bis
die neue Auflage herauskommt. Ich kann erst nach Eintreffen dieser Unterlagen
die Angelegenheit aufgreifen.
Inzwischen hast Du ja bereits gelesen, daß es mit dem Torteessen für
mich aus ist. Ich muß mich nun damit zufrieden geben, daß ich diese zeitlang
Gelegenheit hatte, welche bekommen zu haben. Was nutzt es, wenn ich ein
Wehklagelied anstimme. Von den Kameraden, mit denen ich vorher bei Tisch war,
habe ich immer wieder gehört, daß sie diese Art und Weise nicht billigen. Für
sie ist damit zwar die Angelegenheit abgeschlossen, denn sie können dabei
nichts unternehmen. Ich werde mich schon wieder durchfuttern, da mache Dir nur
keine Sorge darum. Mit Bedauern habe
ich davon lesen müssen, daß es Dich auch wieder einmal gepackt hat. Das ist
nicht angenehm, diese Rennerei. Ich kenne das aus eigener Erfahrung. Ich kann
wohl behaupten, daß diese Erfahrungen keine geringen sind. Ich hoffe, daß Du
dies inzwischen überstanden hast, denn auf die Dauer schwächt das
kolossal. Recht hast Du, wenn Du
schreibst, daß der Tommi noch der fleißigste Briefeschreiber ist. Man muß ihm
das hoch anrechnen, denn er muß auch im allgemeinen immer einen Anstoß
haben. Aber der Wittenburg läßt auch ab
und zu etwas von sich hören. Es ist ja auch nicht notwendig, daß diese
Bindungen so schnell abreißen. Wenn die
Feldpostprüfstelle einen meiner Briefe an Dich aufmachte, so kann sie ja nicht
viel lesen. Das, was ich schreibe, kann ich jederzeit vertreten. Es kann ja
sein, daß die Stenografie ihnen einige Schwierigkeiten bereiten. Es freut mich,
daß Du nun auch wieder Durchschlagpapier daheim hast. Du warst doch knapp
damit. Inzwischen habe ich von diesen Sachen wieder einiges abgesandt. Ich will
nicht, daß Du damit sparen mußt. Wenn Du an mich die Zeitungen schickst, so ist
es meines Erachtens nicht notwendig, daß Du allzu viel Papier nimmst, denn es
genügt vollkommen, wenn Du das Papier einmal darum legst. Kannst Du nicht immer
zwei Zeitungen zusammenpacken? Ich bin gespannt, ob Dein Vater mit meinem Brief
auch so zufrieden ist wie Du, Du weiß ja, daß er sich manchmal an einem Wort
stößt, was ihm nach seinem Dafürhalten nicht ganz paßt. Aber ich werde ja
sehen, was er antwortet. Deine Weihnachtspäckchen hast Du auch alle rechtzeitig
auf den Weg gebracht. Da wird es wohl kein verspätetes Eintreffen geben. Wenn
man die schwierigen Verhältnisse in Bezug auf Einkauf in Betracht zieht, hast
Du ihnen doch einige ganz nette Kleinigkeiten gesandt. Ich hoffe, daß sie sich
alle darüber freuen. Daß Kurt keine Marke zugesandt hat, finde ich
verwunderlich. Das sieht ihm aber vollkommen ähnlich. Von Blankenloch wird er
wohl allerhand zu essen geschickt bekommen. Bei diesen Bauern fällt das doch
nicht so in das Gewicht, wie bei uns Stadtleuten. Heute in einer Woche ist nun Heiliger Abend. Wahrscheinlich werde
ich auch so einsam auf meiner Bude sitzen wie hier, nur mit dem Unterschied,
daß ich die Päckchen aufgemacht habe. Es wird ein schwerer Abend und einige
schwere Tage geben. Vielleicht kann ich mir etwas zu trinken verschaffen. Dann
kann ich diesen Zustand etwas betäuben, aber ganz unterdrücken werde ich ihn
wohl nicht können. Es muß aber auch überstanden werden, ganz gleich wie. Du mein lieber Schatz lasse Dich recht
herzlich küssen und nimm Du mit den Kindern recht viele Grüße entgegen von
Deinem Dich fest liebenden Ernst.
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