Mittwoch, 3. Januar 2018

Brief 354 vom 14.12.1942


Mein liebstes Mädel !                                                       14.12.42      
   
Das war wieder eine Freude, als ich heute Euren Doppelbrief vom 2.12. erhielt. Erstens habe ich nun gelesen, daß Du die ersten Briefe der laufenden Post erhalten hast. Weiterhin habe ich eine gewisse Beruhigung bei Dir feststellen können wegen der Geschichte mit der Feldpostnummer. Heute oder morgen bekommst Du die richtige Bestätigung. Dann kannst Du erst wieder zufrieden sein.  Ich kann Dir dazu heute noch bestätigen, daß 4 von Deinen Päckchen angekommen sind, da sie aber, wie ich annehme, für Weihnachten bestimmt sind, habe ich sie beiseite gelegt. Diese Päckchen kommen nun bestimmt nicht mehr an Dich zurück, jedenfalls nicht in der gegenwärtigen Verfassung. Nachricht bekomme ich seit einiger Zeit laufend von Dir, wie Du aus meinen vorhergehenden Briefen ersiehst. Es ist auch nicht mehr notwendig, daß Du Dich darüber ärgerst, daß Dein erster Luftpostbrief nicht richtig angekommen ist. Das war eine Fehlverbindung aber doch keiner von den Briefen, die ihn nicht erreichten. Es geschah zwar mit dem Umweg über Dich aber er kam doch noch an. Bei manchen dauert es eben länger und das war einer davon.  Mit dem Brand bei uns ist es eine ungeklärte Sache. Man weiß nicht genau, was die Ursache war. Wahrscheinlich ist es darauf zurückzuführen, daß die Ofenabzugsrohre in die Luftschächte geleitet worden sind. Die Luftschächte sind innen mit Holz verkleidet, so daß diese bei der Erhitzung und womöglich durch Funkenflug Feuer gefangen haben. Das ist aber nur eine Annahme, die nicht geklärt ist. Ja, Du mußt Dir vorstellen, daß das ganze Haus dunkel war, als ich ankam. Der Gang ist zwei Stockwerke hinuntergestürzt, wie ich mich kürzlich durch Augenschein überzeugt habe. Wenn nicht einige Balken im Wege gewesen wären und wenn mir nicht alles so wacklig ausgesehen hätte, dann wäre ich vielleicht weitergegangen und hätte mir das Genick gebrochen. In der neuen Unterkunft, in der auch ich Quartier beziehen soll, hat es inzwischen auch schon einige Male gebrannt. Es war aber nicht sehr viel, so daß das Haus noch steht. Es kann aber sein, daß diese Hütte eines Tages abbrennt.  Man muß nur sehen, daß man noch rechtzeitig aus dem Bau herauskommt. Wenn etwas öfter passiert, dann bekommt man mit der Zeit die notwendige Routine im Einpacken und Flüchten.  Der Brief, in dem Du mir mitteilst, daß das Heft bei Gess noch nicht erhältlich ist, ist noch nicht eingegangen. Das ist sehr bedauerlich, denn ich hätte in den nächsten Tagen gerade Zeit, mich über diese Angelegenheit herzumachen. Aber es hilft nichts, ich muß mich solange gedulden. Vielleicht kommt es doch noch schneller als man gedacht hat.  In Deinem heutigen Brief beantwortest Du mir schon meine Anregung, die ich in einem meiner letzten Briefe wiederholte. Ich kann mich nur dazu äußern, daß Du es trotz allem versuchen kannst und eine Anzeige aufgibst. Es stimmt schon, daß sie ein Rad für Erwachsene braucht. Man muß aber schon Obacht geben, daß es keinen Bruch oder einen anderen verborgenen Fehler hat. Du kannst ja sehen, was sich da bietet. Versuche es einmal und lasse dann die Dinge an Dich herantragen. Du kannst Dich dann immer noch entscheiden, was Du machen willst, wenn die Angebote nicht so sind wie Du erwartet hast. Es kann ja auch so kommen, daß Du überhaupt keine Angebote erhältst. Die Sachen, die Du für die Kinder für Weihnachten bestimmt hast, sind unter den gegenwärtigen Verhältnissen zweckmäßig. Bei meinem Vater auf dem Schrank in der Stube war doch immer eine Laubsäge. Sie stammte noch von mir. Die könnte er ja haben. Die Frage ist nur die, ob er Sägeblätter dazu bekommt. Das wäre doch ein Geschäft für ihn.  Er bastelt doch so gern. Da hätte er wieder eine Beschäftigung, nur muß er zusehen, daß er nicht bei allem Eifer den Tisch mit ansägt, denn das wäre nicht notwendig. Dieser Vorschlag kommt etwas reichlich spät, doch es ist vielleicht möglich, daß er noch rechtzeitig eintrifft. Meinen letzten Brief habe ich einem Urlauber mitgegeben. Es kann möglich sein, daß dieser auch so mitgeht.  Im allgemeinen haben unsere Stromer genügend Spielsachen, so daß es nicht so schlimm ist, wenn einmal nicht in so reichem Maße wie bisher welche dabei sind. Ich denke auch, daß sie mit den Sachen zufrieden sind, die ihnen geschenkt werden.  Deine Wäsche hast Du ja schnell trocken bekommen. Ich glaube, daß Du immer froh bist, wenn Du sie wieder soweit hast. Das ist gerade im Winter keine angenehme Beschäftigung. Im Sommer geht das schon eher an.  Wenn Du dann die Wäsche vom Januar hinter Dir hast, dann geht es schon eher, denn im Februar kann man schon mit einigen warmen Tagen rechnen.  Die Soldat en müssen es aber im Bad auf Dich abgesehen haben. Jetzt muß ich aber bald Obacht geben. Erst vor einigen Tagen bringst Du einen in die Kaserne, kurze Zeit darauf knüpfst Du Verabredungen im Bad an. Das wird langsam verdächtig.  Du siehst aber daraus, daß Du auf die Männer immer noch anständig wirkst, obzwar das im Bad in des Wortes eigenster Bedeutung nicht der Fall war. Wenn Du auch einige Male hast Wasser schlucken müssen, so mußt Du doch sagen, daß man solche kleinen Opfer bringen muß, wenn man Eindruck bei Männern machen will. Du mußt Dich trotz allem aber ziemlich kühl benommen haben, wenn die Soldaten es dann doch vorgezogen haben, sich zurückzuziehen. Oder kam das durch die Abkühlung des Bades? Wenn Du zwar so weitermachst, kannst Du keine Erfolge erringen. Daß Du Deinen Zorn gleich damit abgeregt hast, indem Du das Bassin 10X durchschwimmst, das war doch bestimmt nicht nötig.  Was nun Jörgs Schwimmkünste anbelangt, so so hat es meines Erachtens keinen Zweck, ihn zu zwingen. Wenn er es einmal packt, dann wird er es auch schaffen, denn er ist doch sonst anstellig. Wenn er es geschafft hat, dann ist er gewiß auch froh. Aber man muß immerhin berücksichtigen, daß er zwei Jahre jünger ist wie Helga, die sich dann doch bemerkbar machen.  Gestern hatte ich dir noch einige Durchschläge beigefügt von Briefen, die ich noch geschrieben hatte. Ich habe sonst an alle geschrieben bis auf Alfred, dem ich heute noch einige Zeilen sende. Damit ist dann meine Weihnachtspost erledigt.  Über Helgas fleißiges Schreiben habe ich mich mächtig gefreut und mich aber auch gewundert, wieso sie sich so dransetzt. Sie kann aber wegen mir ruhig so weitermachen. Du weißt ja, daß ich mich über jede Zeile von Euch freue. Gewundert habe ich mich über Dein Gewicht, Das ist aber nicht mehr viel.  Das ist ja weniger wie mein normales Gewicht. Ich hatte immer 65/66kg. Aber unsere beiden Stromer haben ihre Prozente. Das sind zwei handfeste Brocken. Mit ihren Küssen kann sich unsere Helga nicht genug tun vor lauter Nullen. Das belustigt mich immer. Das sind ja ganz astronomische Zahlen, die man schon nicht mehr aussprechen kann.  Auch heute habe ich mich wieder angestrengt.  Möchte aber nun schließen und Dir eine Gute Nacht wünschen.  Bleibe mir gesund, frisch und munter. Lasse Dir im Geiste wieder recht feste Küsse geben und Dich recht herzlich grüßen von Deinem Ernst.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen