Meine
liebste Annie !
31.3.43
Herzlich danke ich Dir für Deine beiden Schreiben vom 21. und 22., die gestern ankamen.
Ein Brief von Frau Frick traf ebenfalls ein. Das war die Post von gestern. . Ja, die Sendung vom Truppenteil von Kurt kamen also ausgerechnet am Heldengedenktag an. Wie eine Mahnung von Kurt, auch ihn unter dem großen Heerbann der Gefallenen nicht zu vergessen. Ich nehme mir oft sein Bild vor. So wie er war, so erscheint er einem darauf, und ich kann nur wieder sagen, daß ich dann immer kaum daran glauben kann, daß sein Tod Tatsache sei. Wenn man dann allerdings seine persönlichen Sachen zurückkommen sieht, dann steht es wieder unzweifelhaft fest. Sein Fotoapparat war doch sein ein und alles. Weißt Du noch, wie er aus Pommern zurückkam und sich über die Anschaffung freute. Er konnte sich ja überhaupt manchmal wie ein Kind freuen. Er hat ihn lange Zeit begleitet. Daß er ihn gewissermaßen bis in den Tod begleiten würde, das ahnte damals niemand. Es ist schwer, das alles ansehen zu müssen.
Man kann sich aber auch nicht des stolzen Gefühls erwehren, dass er seine Pflicht getan hat bis zum letzten und wie es von ihm verlangt wurde. Wenn Du von dem einen Bild schreibst, wo er auf der Wiese sitzt und so herzlich lacht, dann muß ich daran denken, wie er manchmal bei uns saß und las. Wenn der Inhalt nun entsprechend war, fing er auf einmal an zu lachen und platzte nur so heraus. Wie ich aus Deinem heutigen Schreiben ersehe, ist Vater doch nicht so auf die Beeinflussung von Paula eingegangen, wie ich das schlechthin erst auf Deinen letzten Brief annahm. Er will also sich doch nicht so schnell entschließen, die Bausparkasse aufzugeben; jedenfalls noch, ohne vorher mit mir darüber gesprochen zu haben. Ich habe Dir ja schon meine Absicht in dieser Beziehung mitgeteilt. Ob du meine Auffassung in dieser Beziehung voll teilst, nehme ich wohl an. Ich will aber doch Deine Antwort erst abwarten. Soweit Du Einwände hast, teile sie mir unumwunden mit, denn wir werden sehen, was wir daraus machen. Pb wir das Geld nun auf die Sparkasse tun, oder sparen erst einmal dort weiter, das wird wohl nichts ausmachen und auf das gleiche hinauskommen. Wegen der Zahlung der rückliegenden Beträge mache Dir nur erst keine Gedanken, das werde ich schon ins Geleise bringen. Die laufenden Raten können wir doch im Moment zahlen.
Ich hoffe nicht, daß später solche schwerwiegende Komplikationen eintreten, daß wir dann nicht mehr in der Lage dazu sein sollten. Zur Regelung der weiteren Sachen lege ich Dir die gewünschten Bescheinigungen für die Abhebung des Geldes bei. Es würde mich rein rechnerisch interessieren, was Kurt gespart hat und was nun alles gezahlt worden ist. Ich bitte aber zu bedenken, daß ich das nicht wissen möchte, um etwa abzuwägen oder um zu kontrollieren. Es handelt sich nur darum, um einen allgemeinen Überblick zu bekommen. Was die Leute von der SS von mir wollen, kann ich mir eigentlich auch nicht erklären. Ich werde darum abwarten und Dir dann rechtzeitig Bescheid geben, was gewesen ist. Es hat mich gefreut, als ich in Deinem Schreiben las, daß Du Dir von meinen „Herren Kollegen“ nicht auf den Kopf spucken ließest.
Es hat mich nur gekränkt, wie man Dich in der Gegend herumgeschickt hat und wie diese Herren Kollegen sich der Angehörigen ihrer Arbeitskameraden annehmen. Das ist mir der beste Beweis für den ganzen Sinn der Kameradschaft in den Betrieben usw. Ich habe Dir ja schon beim letzten Mal geschrieben, daß ich auch wieder einmal in Urlaub komme. Dann wird sich auch einmal Gelegenheit bieten, diesen Fernkämpfern die Meinung zu sagen. Das ist ihnen noch nicht geschenkt. Da sieht man wieder die ganze Einstellung. Nur die Arbeit von sich abwälzen und alles abschieben. Es wird schon einer machen. Frau Frick hat ja ziemlich belanglos geschrieben. Ich weiß nicht, soll ich dieser Frau wieder antworten oder nicht. Ich schicke Dir den Brief einmal mit. Du kannst mir ja Deine Ansicht darüber schreiben, evtl. sendest Du mir diesen Brief dann wieder zurück. Ich sollte wohl noch einmal mein Beileid wegen des Todes ihrer Mutter, die ich ja kennengelernt hatte, aussprechen. Das wäre noch vielleicht zu beachten. Gib mir aber allgemeine Deine Ansicht bekannt. Das wäre für heute alles, was ich zu schreiben hatte. Nimm recht viele herzliche Grüße und Küsse entgegen und denke wie immer an Deinen Ernst.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen