Mein
liebster Schatz !
5.3.43
Jetzt
werde ich wohl die letzten liegengebliebenen Briefe erhalten haben. Ich bekam
heute die Briefe vom 28.1., 2., 5. und 6.2. Außerdem allerhand Zeitungen. Dann
lief auf meine Anfrage vom Pfarramt in
Stabitz eine Antwort ein, daß
ich von dort zwei Urkunden erhalten könnte über den Georg Rosche. Es handelt
sich um Sterbeurkunden. Die Urkunden über die Geburt können dort nicht
festgestellt werden, weil die Bücher nur bis 1706 zurückreichen. Ich habe heute
sofort geschrieben, ebenso nach Nimburg wegen Brose. Dem Pfarramt in Nimburg
habe ich übrigens geschrieben, daß die Urkunden an Dich gesandt werden sollen.
Du mußt dann die Kosten umgehend begleichen. Wenn diese Sachen eintreffen,
bitte ich, mir diese Sachen abschriftlich zuzusenden, damit ich meine
Unterlagen auch wieder vollständig habe. Über das Fortschreiten der
Nachforschungen habe ich mich gefreut. Es ist ja im Kriege mit größeren
Schwierigkeiten verbunden, aber man sieht ebenso, was man erreichen kann. Ehe ich auf Deine Briefe weiter eingehe,
will ich gleich noch eine andere Sache erledigen, über die ich Dich nicht im
Unklaren sein lassen will. Wie ich Dir schon mitteilte, wird unser Haufen hier
wahrscheinlich aufgelöst. Von den fünf Beamten, die wir hier sind, ist einer
vorgestern abkommandiert worden. Ich hatte schon so etwas im Gefühl, als ob mir
auch etwas blühen würde. Ich fragte schon meinen „lieben Arbeitskameraden“, den
ich so ins Herz geschlossen habe. Er wußte von nichts. Ich bin ja schließlich
nicht von gestern und merke doch, daß der Betrieb so geheimnisvoll weiterläuft.
Heute habe ich nun etwas fester auf den Busch geklopft, und da mußte ich hören,
daß ich schon für eine Versetzung ausersehen war, daß diese aber für das erste
abgestoppt worden sei. Das besagt nun daß dies nur etwas hinausgezögert worden
ist, weiter nichts. Ich muß also damit rechnen, daß ich mich in den nächsten
Tagen in Bewegung setzen werde. Wohin
ist noch nicht bestimmt, aber ich glaube nicht, daß ich mich täuschen werde.
Ich teile Dir dies mit, damit Du nicht eines Tages plötzlich überrascht wirst.
Die anderen Drei, die dann noch verbleiben, wollen dann wahrscheinlich unter
sich bleiben. Man wird es mir wohl anders sagen, aber ich habe solche Wechsel schon
so oft mitgemacht, daß ich mir da schon bald nichts daraus mache. Ich sende in
diesen Tagen noch verschiedene Winterbekleidungsstücke ab, damit ich diese
nicht mitschleppen muß. Den Kindern
habe ich vorhin geschrieben. Ich hoffe, daß sie damit zufrieden sein werden.
Ich will alle Post, die ich noch zu beantworten habe, noch vor der Veränderung
erledigen, damit ich da keine Schulden habe.
Daß Du mit unserem Bengel keinen leichten Stand hast, kann ich mir
vorstellen. Denn er stellt doch immer etwas an. Man kann annehmen, daß er se
nicht aus Bosheit tut. Aber Kinder handeln in solchen Sachen unüberlegt. Gerade solch ein Lauser, der denkt doch
nicht weiter nach. Er dackelt einfach mit den anderen über die Wiese. Daß er
von sich aus Versuche unternimmt, um seine Schuhe wieder in Ordnung zu bringen,
will ja schon etwas heißen. Aber nimm sie nur ran. Wenn Du etwas zu besorgen
hast, dann spanne sie nur mit an. Im allgemeinen sind sie ja auch ziemlich
angespannt. Aber man kann sie wohl nicht herumbummeln lassen. Dagegen muß man
ihnen auch wieder etwas Freizeit lassen.
Mit dem Öl, lese ich, hast Du Dir selbst geholfen. Wo hast Du das her,
bzw. wie hast Du das gemacht. Der Satz
hat mich auch daran gestört. Das
stimmt, es riecht sehr gut. Es ist ja sehr frisch. Das ist ja aus der
Ostukraine, das die Russen jetzt zum Teil wieder besetzt haben. Wahrscheinlich
werden diese Sendungen nun für eine Zeit wieder nachlassen, denn man muß sich
überall erst eingewöhnen und man kann doch nicht gleich anfangen mit organisieren. Das Zusammentreffen mit Nannie ist
sicherlich nicht leicht gewesen. Man merkt doch den Unterschied im Alter zwischen ihr und uns. Man muß ja noch
berücksichtigen, daß sie auf solch kleinem Kaff sitzt und dort nur ihren Mann
hat. Sie lebt ja nur in ihrem kleinen Kreis. Das andere, was sie durch
Briefwechsel erfährt und dadurch Anteil am Leben der anderen nimmt, das ist
doch im Verhältnis reichlich wenig. Ich glaube, daß ich auch kein Verständnis
für ihre Ansicht haben könnte. Dann muß man sagen, daß sie im Leben viele
Enttäuschungen erfahren hat, die sie ganz mutlos machen. Ganz abgesehen davon,
daß sie kein Riese ist. Wir haben aber immerhin noch eine gewisse Elastizität,
die uns diese Dinge besser überwinden läßt. Mit Paula, das ist nun wieder eine Geschichte
für sich. Du weißt ja, daß sie auch früher schon kein großer Held im
Saubermachen war. Das sich so fadenscheinige Entschuldigungen. Die Äußerungen
von ihr sind aber typisch. Ich kenne sie ja. Wenn sie meint, die Soldaten
würden auch im Dreck liegen, so liegt das ja nur daran, daß es sich nicht
anders einrichten läßt. Ich will Dir einmal sagen, wenn wir nicht immer von uns
auf Ordnung halten würden, dann würden wir bald in unsrem eigenen Dreck
verkommen. Man gestaltet sich die Bude etwas wohnlich, sobald man merkt, daß
man eine Weile im Ort bleibt. Daß Helga
sich zum Ziel gesetzt hat, auch in der Größenlehre eine bessere Note zu
erreichen, ist ja ein löblicher Vorsatz. Hoffentlich gelingt es ihr, damit dann
ihr Bemühen belohnt wird. Über die
Zeugnisse habe ich ja schon geschrieben, darum brauche ich heute wohl keine
Worte weiter verlieren. Es ist nun Mitternacht geworden. Ich möchte nun
schließen und beende mein Schreiben mit recht herzlichen Grüßen und vielen
Küssen von Deinem Ernst. Etwas muß ich doch immer vergessen. Man merkt, daß man
alt wird. Ich habe keine Näh und Stopfnadeln mehr. Ebenso fehlt mir etwas
Zwirn. Wenn Du mir wieder einmal Inspiroltabletten besorgen kannst, dann mache
das bitte einmal. Wegen der Zusendung mußt Du noch warten bis sich bei mir die
Lage geklärt hat. Nochmals viele Grüße
und Küsse von Deinem Ernst.
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