Mein
herzliebes Madel !
28.3.43
Wieder ist einmal ein Sonntag angebrochen. Ich bin heute hier allein , abgesehen von unseren zwei Fahrern und dem einen Schreiber. Mein Chef ist heute nach Charkow geflogen. Es ist anzunehmen, daß er heute wieder zurückkommt, bestimmt ist es zwar noch nicht. Es wird interessant sein, was er an Nachrichten von dort mitbringt. Man sollte nicht glauben, wie man auf Nachrichten gespannt ist, die nach dieser zwischenzeitlichen Besetzung sehr verschiedentlich laufen. Es ist einem dort so vieles im Laufe der längeren Tätigkeit bekannt geworden. Rein äußerlich würde man gern wissen, wie groß die Zerstörungen sind und dann, wie die Bevölkerung behandelt worden ist. Die Meldungen sind ja so unterschiedlich, so daß man am besten keiner großen Glauben schenkt. Inzwischen ist es Spätnachmittag geworden. Es gab verschiedenes zu tun. Trotz Sonntag bin ich heute nicht herausgekommen, denn ich will den Laden hier nicht allein lassen, wenn sonst niemand weiter da ist. Ich habe zwischendurch einige Päckchen fertiggemacht.
Mir waren meine Filzstiefel im Wege. Daraus habe ich zwei Päckchen gemacht. Innen habe ich die besagten Opanken beigepackt. Wenn ich sie tatsächlich zum nächsten Winter brauchen sollte, dann werde ich sie anfordern. Aber hier stehen sie herum und sind mir bei meinen schon so eingeschränkten Verhältnissen nur im Wege. Gestern erhielt ich wieder eine Flasche ordentlichen Sekt, den ich auch verpackt habe. Nun müssen wir doch schon ein kleines Sektlager daheim haben. Ich glaube, daß Dir damit bald Angst werden wird. Ich habe aber wirklich keine große Lust, diese Sachen zu trinken. Vor nicht allzu langer Zeit war ich noch erpicht darauf, aber ich weiß nicht, auf was das zurückzuführen ist. Dann denke ich mir, daß es schon einmal eine Gelegenheit geben wird, bei der wir uns zusammensetzen könne, um uns gemeinsam darüber herzumachen.
Es muß ja nicht alles an einem Abend ausgetrunken werden. Aber es ist doch ganz nett, wenn man einmal etwas daheim hat und man braucht nicht so genau darauf zu achten. Insgesamt müssen es doch bald zehn Flaschen sein, die wir mit Sekt haben.
Wenn Du aber einmal Appetit haben solltest, dann mache Dich einmal über eine Flasche her. Allerdings dürfte eine ganze Flasche für eine Person etwas mehr aus ausreichend sein. Die Päckchen haben die Nummern 41/43. Wie ich feststelle, muß ich in diesen Tagen an Siegfried zum Geburtstag schreiben. Teile mir doch bitte bei dieser Gelegenheit einmal den Geburtstag von Erna mit. Von Siegfried habe ich die neue Anschrift bis jetzt noch nicht. Auch auf meinen letzten Brief ist bis jetzt noch keine Antwort eingegangen.
Ich denke, daß er nun inzwischen soweit genesen und zu seiner Einheit gelangt ist.
Im Rundfunk war heute Nachmittag ein nettes Programm, so daß man doch immerhin eine ganz nette Unterhaltung über den Nachmittag hat. Vor allem abends ist es schön, wenn man den Apparat anstellen kann. Vielfach spielen wir abends Schach. Gestern Nacht haben wir bis nach ein Uhr nachts gesessen und haben gespielt. Die Zeit vergeht dabei so schnell, daß man selbst erstaunt ist, wenn Mitternacht herankommt. Wir haben ja im allgemeinen jetzt Zeit dazu, uns auszuruhen. Diese Sitzungen sind ja nicht die Regel, aber es kommt eben manchmal vor. Ich bitte Dich, an Vater recht herzliche Grüße auszurichten. Du gibst ihm ja immer Bescheid, was ich mache und wie es mir geht. Du meinst doch nicht, daß es erforderlich ist, daß ich ihm besonders schreibe. Was ich noch mitteilen wollte: wenn ich wieder in diesen Tagen einige Einschreibebriefe an Dich absende, dann lasse doch bitte die Marken auf dem Um schlag und hebe den gesamten Umschlag auf. Sei Du mit den Kindern vielmals gegrüßt und nimm Du viele liebe Küsse entgegen von Deinem Ernst. Nun habe ich ganz vergessen, das ich noch von heute Nachmittag schreiben wollte. Bei uns gibt es ja zum Sonntag Bohnenkaffee.
Ich hatte noch welchen von heute früh da. Den habe ich mir warm machen lassen, Dann habe ich mir noch den Rest von dem Gebäck vorgenommen, das Du mir mit Deinem letzten Päckchen gesandt hattest. Das war direkt feierlich. Dazu habe ich noch etwas gelesen. Man konnte direkt ein Gefühl von Sonntag bekommen. Es fehlte nur daß man dazu daheim wäre. Dann wäre das höchste der Gefühle gekommen. Aber das müssen wir uns erst noch etwas verkneifen. Später ist das sicherlich wieder möglich.
Nun will ich aber abschließen. Nochmals einen recht dicken Kuß von ......mir.
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