Mein liebes Mädel ! 9.3.43
Mit einer gewissen Spannung hatte ich schon auf Deine Nachricht über den
Empfang der Kiste gewartet. Es interessierte mich sehr, was Du wohl sagen
würdest, wenn diese kleine Überraschung eintrifft. Daß es für Euch eine
Überraschung war, habe ich aus Deinem Schreiben lesen können. Ich freue mich,
daß mir dies auch gelungen ist. Es ist doch ein schönes Gefühl, wenn man sich
sagen kann, man hat denen daheim, seiner Familie, wieder helfen können. Daß
alles gut angekommen ist, freut mich besonders, denn nun kann ja alles seine
vorgesehen Verwendung finden. Die Wurst und das Mehl sowie das Öl werden von
Dir schon zweckmäßig eingeteilt werden. Wenn Du auch Dir mit dem Mehl zu helfen
weißt, dann bin ich vollkommen beruhigt. Denn es ist doch so, daß man alles
unter schwierigen Umständen besorgen muß. Wenn nun der Wunsch bestand, nur
weißes Mehl zu beschaffen, so war ich doch froh, als ich das gesandt bekam,
weil ich davon überzeugt war, daß Du schon etwas damit anfangen kannst. Daß
meine Mutmaßung richtig war, hast Du mir ja schon geschrieben. Das ist mir ein
Spaß gewesen. An dem Tag, als ich die Würste eingepackt hatte, schriebst Du
mir, daß Du einmal in jener Woche Fleisch eingespart hattest, damit Ihr einmal
mehr Wurst essen konntet. Da dachte ich mir, das ist ja günstig. Mit Hilfe
dieser kleinen Vorräte kannst Du ja wieder Deine Karten strecken und das ist es
ja nur, was ich erreichen will. Den Mehlsack sendest Du mir bei Gelegenheit
bald zu. Ich hatte mich hingesetzt und mit viel Mühe diesen Mehlsack
fabriziert. Seinen Zweck hat er aber wohl erfüllt. Sorge hatte ich nur mit der
Kiste, die war sehr nass, als ich sie mir erbeutet hatte. Darum hatte ich sie
reichlich mit Stroh an den Wänden ausgefüttert.
Daß Ihr Zwei wieder Bronchialkatarrh hattet, tut mir sehr leid, ich hoffe aber,
daß sich alles wieder gelegt hat in der Zwischenzeit. Auf alle Fälle wünsche
ich Euch recht gute und baldige Besserung. Die Anzeige bezieht sich auf unseren
früheren Paddelkameraden Haisch. Wenn man das so liest und dann an jene Zeit
denkt, wie war man in mancher Hinsicht unbeschwerter wie gerade jetzt. Nach dem
Kriege wird man die Reihen ziemlich gelichtet finden und auf die Frage nach dem
einen oder anderen beantwortet bekommen, ja, der ist dort und dort gefallen. Es
ist schade um ihn, denn er war doch ein flotter Bursche dieser Haisch. Ich sehe
ihn noch, wie er mit seinem schmalen Einer loszog, als wir den Rhein
hinunterzogen. Der Zustand der
Ungewissheit über unsere Verwendung hält immer noch an. Ich möchte fast sagen,
daß sie immer verworrener wird. Gestern kam der Befehl, daß wir hier bei dieser
Einheit bleiben. Damit war für den Moment eine Klarheit da, die meine Spannung
etwas löste. Ich freue mich schon deshalb, weil nämlich diese Einheit nach Prag
kommen soll. Das wäre doch schon ein ganzes Stück der Heimat näher. Aber heute
früh scheint die Lage wieder anders zu sein. Wie und was nun los ist, weiß man
überhaupt nicht mehr. Darum läßt man vielleicht erst bis zu einer endgültigen
Entscheidung den Karren laufen. Deine
Mutmaßung, daß wir inzwischen weiter gerückt sind, stimmt wohl nicht ganz, aber
ich denken, daß in den nächsten Tagen dieser Fall nun doch eintritt. Ich grüße
und küsse Dich oft und fest und bin in Liebe immer Dein Ernst.
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