Freitag, 16. März 2018

Brief 393 vom 9.3.1943

Mein liebes Mädel !                                                                        9.3.43 
        
Mit einer gewissen Spannung hatte ich schon auf Deine Nachricht über den Empfang der Kiste gewartet. Es interessierte mich sehr, was Du wohl sagen würdest, wenn diese kleine Überraschung eintrifft. Daß es für Euch eine Überraschung war, habe ich aus Deinem Schreiben lesen können. Ich freue mich, daß mir dies auch gelungen ist. Es ist doch ein schönes Gefühl, wenn man sich sagen kann, man hat denen daheim, seiner Familie, wieder helfen können. Daß alles gut angekommen ist, freut mich besonders, denn nun kann ja alles seine vorgesehen Verwendung finden. Die Wurst und das Mehl sowie das Öl werden von Dir schon zweckmäßig eingeteilt werden. Wenn Du auch Dir mit dem Mehl zu helfen weißt, dann bin ich vollkommen beruhigt. Denn es ist doch so, daß man alles unter schwierigen Umständen besorgen muß. Wenn nun der Wunsch bestand, nur weißes Mehl zu beschaffen, so war ich doch froh, als ich das gesandt bekam, weil ich davon überzeugt war, daß Du schon etwas damit anfangen kannst. Daß meine Mutmaßung richtig war, hast Du mir ja schon geschrieben. Das ist mir ein Spaß gewesen. An dem Tag, als ich die Würste eingepackt hatte, schriebst Du mir, daß Du einmal in jener Woche Fleisch eingespart hattest, damit Ihr einmal mehr Wurst essen konntet. Da dachte ich mir, das ist ja günstig. Mit Hilfe dieser kleinen Vorräte kannst Du ja wieder Deine Karten strecken und das ist es ja nur, was ich erreichen will. Den Mehlsack sendest Du mir bei Gelegenheit bald zu. Ich hatte mich hingesetzt und mit viel Mühe diesen Mehlsack fabriziert. Seinen Zweck hat er aber wohl erfüllt. Sorge hatte ich nur mit der Kiste, die war sehr nass, als ich sie mir erbeutet hatte. Darum hatte ich sie reichlich mit Stroh an den Wänden ausgefüttert.
Daß Ihr Zwei wieder Bronchialkatarrh hattet, tut mir sehr leid, ich hoffe aber, daß sich alles wieder gelegt hat in der Zwischenzeit. Auf alle Fälle wünsche ich Euch recht gute und baldige Besserung. Die Anzeige bezieht sich auf unseren früheren Paddelkameraden Haisch. Wenn man das so liest und dann an jene Zeit denkt, wie war man in mancher Hinsicht unbeschwerter wie gerade jetzt. Nach dem Kriege wird man die Reihen ziemlich gelichtet finden und auf die Frage nach dem einen oder anderen beantwortet bekommen, ja, der ist dort und dort gefallen. Es ist schade um ihn, denn er war doch ein flotter Bursche dieser Haisch. Ich sehe ihn noch, wie er mit seinem schmalen Einer loszog, als wir den Rhein hinunterzogen.  Der Zustand der Ungewissheit über unsere Verwendung hält immer noch an. Ich möchte fast sagen, daß sie immer verworrener wird. Gestern kam der Befehl, daß wir hier bei dieser Einheit bleiben. Damit war für den Moment eine Klarheit da, die meine Spannung etwas löste. Ich freue mich schon deshalb, weil nämlich diese Einheit nach Prag kommen soll. Das wäre doch schon ein ganzes Stück der Heimat näher. Aber heute früh scheint die Lage wieder anders zu sein. Wie und was nun los ist, weiß man überhaupt nicht mehr. Darum läßt man vielleicht erst bis zu einer endgültigen Entscheidung den Karren laufen.  Deine Mutmaßung, daß wir inzwischen weiter gerückt sind, stimmt wohl nicht ganz, aber ich denken, daß in den nächsten Tagen dieser Fall nun doch eintritt. Ich grüße und küsse Dich oft und fest und bin in Liebe immer Dein Ernst.

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