Mein
allerliebster Schatz ! 24.3.43
Heute kann ich Dir den Eingang Deines Briefes vom 16.3. bestätigen, für den ich Dir recht herzlich danke. Vor allem hat es mich gefreut, als ich von Dir lesen konnte, daß es Dir nun schon wieder etwas besser geht. Hoffentlich hältst Du Dich gut, so daß die Besserung Deines Zustandes weiterhin gute Fortschritte macht. Schone Dich bitte, soweit es irgend möglich ist und kuriere Dich vollständig aus, denn Rückschläge treten dann zu schnell ein. Du weißt ja, daß sie sich dann meist schlimmer auswirken, wie die vorhergegangene Krankheit. Es freut mich, daß Dir das Nervenmittel geholfen und Dir Erleichterung verschafft hat. Ich kann mir vorstellen, daß man durch dauerndes Kopfweh kolossal geschwächt werden kann. Daß Du selbst den Willen hast, wieder vollkommen gesund zu werden, das trägt ja dem Gesundungsprozess sehr viel bei. Wenn es ohne Brille geht, ist es schon besser. Vielleicht ist es aber gerade bei Veranstaltungen wie Kino doch zweckmäßig, daß Du Dir dafür eine verschaffst. Doch darüber endgültig zu entscheiden, bin ich nicht in der lage, denn dafür fehlt mir der Überblick. Ich denke, daß Du das aber selbst weißt, was notwendig ist und was nicht. In Deinem Brief schneidest Du eine Frage an, die mir zu beantworten etwas heikel ist. Ich will mich zu dieser Frage nicht grundsätzlich ablehnend einstellen. Ich habe volles Verständnis und ein großes Mitempfinden für diese Leute, die dauernd unter diesem Luftterror zu leiden haben. Ich muß aber bei dieser Entscheidung zwei Faktoren im Auge behalten, die hier nicht außer acht gelassen werden dürfen. Du bist noch nicht ganz von Deinem körperlichen Zusammenbruch genesen. Du brauchst Ruhe, um Deinen Körper zu kräftigen.
Ein fremdes Kind bringt neue Unruhe in die Wohnung. Ob Du diese vertragen kannst, glaube ich nicht. Jedenfalls solange Du Dich jetzt noch in ärztlicher Behandlung befindest, halte ich es nicht für ratsam. Dann mußt Du berücksichtigen, dass unsere Wohnung doch nicht gerade groß ist. Du wirst dem entgegenhalten, die anderen Leute in der Nachbarschaft haben mehr Kinder wie wir und wohnen auch zusammen. Das stimmt, aber es sind ja eigene Kinder. Wenn Du Dich also doch entschließt, ein Kind aufzunehmen, dann muß ich Dich aber darum bitten, vom Nähengehen Abstand zu nehmen. Wenn sich dieser Aufenthalt länger hinzieht, muß man ja schließlich auch wieder damit rechnen, daß ich einmal auf Urlaub kommen könnte. Du weißt ja, wie plötzlich das gehen kann.
Wenn Du Dir zutraust, trotz meiner Einwände ein Kind für einen beschränkten Zeitraum im Haushalt aufzunehmen, dann will ich nichts dagegen haben. Ich gebe diese Zustimmung aber unter den angeführten Forderungen und vor allem in der Meinung, daß ich Dir und den Kindern damit eine Freude bereite. Was Du zu tun gedenkst, teile mir dann bitte mit. Was Deine Mitteilung über die Frontberichte über Charkow usw. anbelangt, so kann ich Dir mitteilen, daß ich sie zum Teil auch gehört habe. Über die Dinge zu schreiben, halte ich hier nicht am Platz. Wenn wir wieder einmal zusammen sein werden, dann kann man am besten darüber sprechen. Du hast aber recht, daß es schon eigenartig ist, wenn man vom Roten Platz und vom Nikolausplatz usw. hört. Das kann man sich plastisch vorstellen und das wirkt ganz anders, wie wenn man sonst so einen Bericht hört. Heute habe ich einmal wieder verschiedene Post erledigt. An Deinen Vater habe ich geschrieben. Durchschlag liegt bei. Alfred hat heute auch von mir Antwort erhalten. Dann habe ich in der Ahnensache wieder an drei Pfarrämter geschrieben. Was dabei herauskommt, das muß man erst abwarten. So wie es jetzt aussieht, bin ich wohl am Ende angelangt, denn wie man mir schrieb, reichen die Kirchenbücher nur bis 17o6. Außer von Geschwistern waren noch Sterbeurkunden aus den Jahren 1739 und 1749 aufgefunden worden. Man muß nun nach neuen Wegen suchen. Immerhin sind wir nun ein ganzes Stück weiter gekommen.
Weiter jedenfalls, als ich mir früher getraute zu denken. Zu gern wäre ich aber noch 50 Jahre weiter zurückgegangen, um einmal festzustellen, ob wir tatsächlich mit Franzosen etwas zu tun haben oder nicht. Nach der letzten Mitteilung kommen mir insofern Zweifel, als sich da wieder der Name Rosche schreibt und nicht Rosch. Es ist ja nicht ausgeschlossen, daß wir noch dahinterkommen werden. Recht viele herzliche Grüße und Küsse verbunden mit den besten Wünschen für vollständige Wiederherstellung sendet Dir Dein Ernst.
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