Meine liebe Annie! O.U. , den 21.Juli 1940
Dein Einzelpäckchen habe ich nun auch schon erhalten. Du hast ja
wieder eine feine Nase gehabt, als Du mir gleich das Wörterbuch mitgesandt
hast. Ich habe ja diesen Wunsch in einem späteren Briefe geäußert, aber ich
sehe, Du kannst Deine Gewohnheiten nicht lassen, mir Wünsche zu erfüllen, bevor
ich sie ausgesprochen habe. Herzlichen Dank dafür.
Ebenfalls das Gebäck, was ich gestern Abend
und heute früh z.T. gegessen habe. Das war wieder ein Stück Heimat. Ich muß aus
allen Deinen Briefen immer wieder erkenne, daß Du Dich des Gartens in ganz
besonderer Weise annimmst. Ich muß aber auch immer wieder lesen, daß Du Dich
darüber freust, mir von Deinen Erfolgen mitteilen zu können. Es ist ja auch
schön, wenn man sieht, wie durch die Mühe und die Arbeit und auch mit etwas
Glück beim Wetter alles so schön heranwächst. Die Stachelbeeren haben sich ja
fast wieder übertragen. Mit diesen sind wir eigentlich noch nie schlecht
gefahren. Bei den Johannisbeeren merkt man, daß sie größer werden. Wegen den
Erdbeeren weißt Du ja jetzt Bescheid, wenn aber noch etwas unklar sein sollte,
schreibe mir nur, ich werde dann umgehend antworten.
Das Gequatsche von Resi war ja wieder
typisch. Lassen wir sie. Ich muß erst einmal sehen, ob ich ihnen schreibe.
Wahrscheinlich wird Fritz auch als Verwaltungsmensch nach dem Elsaß kommen. Na,
dann braucht er ja nicht mehr zum Kommis. Da wird er aber froh sein.
Wenn einer der Herren schreiben sollte,
die ich in Köln kennengelernt hatte, so kannst Du ihnen ja, je nachdem sie Dir
schreiben, auf einer Karte meine Adresse mitteilen. Evtl. auch in einem kurzen
Brief. Den kannst Du ja dann mit Maschine schreiben.
Wenn Du Kuster wieder sehen solltest, so
kannst Du ihm ja sagen, ich hätte ihm schon geschrieben, doch durch diesen
Wechsel ist es mir noch nicht möglich gewesen. Du kannst ihn vielleicht auch
mit der Beschaffung der Briefmarke für mich beauftragen. Ich nehme an, daß er
dies schon übernehmen wird.
Helga habe ich heute besonders geschrieben.
In den kommenden Tagen werde ich auch an Jörg zu seinem Geburtstag einen Brief
schreiben. Ich würde ihm gerne etwas geschickt haben, doch leider ist mein
Kontingent an Päckchen schon erreicht. Kaufe ihm nur etwas, was ihm Spaß macht.
Wenn es etwas teurer sein sollte, so schreibe mir, denn dann werde ich etwas
dazu geben.
Pralinen oder Schokolade brauchst Du mir
nicht hierher zu senden, denn bei uns kann man hier ja alles kaufen. Was es
nicht im freien Handel zu erlangen gibt, kann ich in der Kantine kaufen. Mir
fehlt es hier an nichts. Nicht einmal am Geld. Doch darüber habe ich Dir ja
schon berichtet.
Gestern habe ich auch die letzten zwei Päckchen
für diesen Monat an Dich abgeschickt. Hoffentlich sagt Dir alles zu.
Für meine Wäsche habe ich hier auch schon
jemand aufgetrieben, der sie mir wäscht. Es ist einer der Dolmetscher, der hier
im Hause tätig ist, dessen Frau will sie mir in Ordnung halten. Ja, das sind so
richtige Junggesellensorgen, die man da hat.
Heute früh habe ich einmal wieder alles in
Ordnung gebracht, habe allerdings auch etwas länger wie sonst geschlafen. Nun
bin ich am Vormittag aufs Amt gegangen, um gleich meine Briefschulden, die ich
so habe, langsam zu erledigen. Ich sehe aber, daß es nur zu den Briefen an Euch
langt. Den Eltern habe ich ja meine Adresse schon mitgeteilt und habe auch den
Wunsch geäußert, sie Siegfried zu übermitteln, damit wir uns hier evtl. einmal
treffen können, wenn ihn sein Weg hier vorüberführen sollte. Bis jetzt habe ich
zwar noch keine Antwort von Leipzig, doch in den nächsten Tagen wird sicher
etwas eintreffen.
Ihr alle seid wieder von mir herzlich
gegrüßt und geküßt, Du aber nimm ebenfalls wieder besonders herzliche Grüße und
Küsse entgegen von Deinem Ernst.
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