Meine liebe Annie! Köln, den 3.Juli 1940
Jetzt habe ich meine Uniform beieinander
und heute Nachmittag werde ich mich bei dem Hauptmann Uhlhorn vorstellen, damit
ich für den nächsten Transport mit vorgemerkt werde. Wir werden ja höchstwahrscheinlich
mit Omnibussen dorthin befördert werden, es sei denn, daß die Eisenbahnverbindung
bis dahin wieder in Ordnung ist.
Ich werde heute Nachmittag versuchen, die
Genehmigung zum Kauf von ein paar schwarzen Schuhen zu erhalten. Es wäre mir
dann recht, wenn Du mir zu diesem Zwecke noch 10 RM irgendwie zusenden würdest.
Am besten wird es sein, wenn Du dies durch Postanweisung machst. Die Schuhe, die ich gefaßt habe,
sind etwas schwer und es wäre dann für mich eine Erleichterung, wenn ich
tatsächlich ein Paar bekommen würde.
Mit größter Pünktlichkeit haben wir wieder
um 1/2 1 Uhr in den Keller gemußt, diesmal wieder bis 1/4 3 Uhr. Man würde
direkt aus der Gewohnheit kommen, wenn um diese Zeit kein Alarm wäre.
Gestern war ich hier im Kino und habe mir
die Wochenschau auch angesehen, das war ja ganz gewaltig, was man da wieder zu
sehen bekam. Außerdem lief noch ein anderer Film „Zwei Welten“, der mich
ausgezeichnet unterhalten hat. Sollte der einmal bei Euch laufen, so möchte ich
ihn Dir wirklich empfehlen.
Meine Erkältung kommt nun, wie bei mir
üblich, endlich durch einen Schnupfen heraus. Die Taschentücher und die
sonstige Wäsche lasse ich Dir dann sicher noch zugehen. Du kannst mir dies ja
später gewaschen wieder zugehen lassen.
An Nanni werde ich heute auch noch kurz
schreiben, daß sie weiß, was jetzt los ist. Ebenfalls werde ich der Kompanie in
Hradisch Mitteilung geben, daß sie alle Post zu Dir senden soll. Du kannst sie
mir ja dann, sofern es wichtig ist, wieder zuschicken.
Post habe ich von Dir noch nicht erhalten,
doch es kann ja sein, daß bei der Nachmittagspost von Dir etwas dabei ist.
Sei Du herzlich gegrüßt und geküßt von
Deinem Ernst.
Grüße und küsse die Kinder herzlich und
richte auch Vater freundliche Grüße aus.
Meine liebe Frau! Köln,
den 3.Juli 1940
Nun ist es soweit, daß ich hier abrücken kann.
Heute Nachmittag bei meiner Vorstellung
erhielt ich die Mitteilung, daß ich morgen zu meinem Geburtstage früh 7.25 Uhr
nach Brüssel abfahren muß. Dort muß ich dann sehen, wie ich nach Lille
weiterkomme. Es wird ja nicht so einfach sein, aber ich werde es schon schaffen.
Ich habe hier zwei Herren kennen gelernt,
die sich etwa nach meiner Anschrift in Lille erkundigen werden. Der eine ist
ein Dr. Schwenker aus Berlin, der beim Reichswirtschaftsministerium tätig ist
und ein Johannes Neumann aus Wurzen. Mit dem ersteren bin ich am Sonntag in
Bonn gewesen und mit dem letzteren bin ich die vergangenen Tage ebenfalls zusammen
gewesen. Gib Ihnen meine neue Anschrift auf Verlangen dann bekannt, denn es
liegt mir daran.
Meine Sachen, die ich anhatte, habe ich zu
einem Paket zusammengepackt und lasse sie morgen mit zur Post geben. Den Anzug
habe ich vorerst einmal da behalten, vielleicht kann ich ihn noch brauchen.
Meinen Antrag auf Bewilligung von 10,- RM
ziehe ich hiermit zurück, weil für mich keine Schuhe genehmigt wurden. Solltest
Du das Geld noch nicht abgeschickt haben, so lass es bitte bleiben.
Ich muß nun einmal sehen, wie dort alles
wird und was ich dort an Geld bekomme. Je nach dem werde ich mir das eine oder
andere dann dort kaufen.
Sofern Dein Vater mir die Briefmarke vom
Deutschen Derby in Hamburg 1940 noch nicht geschickt haben sollte, so bitte ich
Dich, mir eine, womöglich ein Randstück, besorgen zu wollen. Ebenfalls wird Kurt
von seinem Geld auch eine haben wollen.
Da ich heute früh schon geschrieben habe,
und auch am Nachmittag keine Post von Dir eingegangen ist, habe ich Dir das
wichtigste wieder mitgeteilt. Eingetroffen ist jedenfalls, wie ich zuerst
vermutet hatte, daß ich am Donnerstag reise. Ich möchte es als ein gutes
Vorzeichen deuten, daß ich gerade an meinem Geburtstag diese Fahrt antrete. Du
siehst also, der Aberglaube stirbt nicht aus.
Seid Ihr alle herzlich gegrüßt und geküßt
und Du ganz besonders von Deinem Ernst.
Grüße auch Vater von mir. Als Besonderheit
wäre noch zu melden, daß es nach den schönen Tagen zum ersten Male geregnet
hat. Heute hatte ich ja die Uniform an und so brauchte ich keinen Regenmantel.
Ja, wie sich alles gibt. Gute Nacht. Sobald Du von Gloper etwas erhältst,
schreibe bitte, damit ich danke.
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