Donnerstag, 23. Juli 2015

Brief 31 vom 20.7.1940


Meine liebe Frau!                                                                                 O.U. den 20. Juli 1940

Donnerwetter war das eine Überraschung. Fünf Päckchen auf einmal. Außerdem trafen noch drei Briefe ein, die Du nach Köln gesandt hast. Weiterhin hatte mir eine Kollegin aus dem Amt in Konstanz ebenfalls nach Köln zum Geburtstag gratuliert. Dann noch die vielen Briefe, die in dem einen Päckchen waren. Ich bin also gestern geradezu mit Post überschüttet worden. Nun habe ich ja die nächsten Tage zu tun, um alles wieder zu beantworten. Du bist ja dabei wieder die erste. Ja siehst Du, Du kommst immer gut weg. Ja, ich habe mich riesig gefreut, von allen und vor allen Dingen von Dir und von den Kindern wieder etwas zu hören.
Meiner lieben Helga werde ich in den nächsten Tagen besonders einen Brief schreiben. Ich kann Dir sagen, daß es mir genau so gegangen ist mit dem warten. Doch das wirst Du ja auch aus meinen letzten Briefen selbst gesehen haben. Am Nachmittag, d.h. kurz vor der Rede des Führers, habe ich alles erhalten. Ich habe mir mit meinen Kollegen hier im Rathaus die Rede mit angehört. Die Briefe konnte ich ja noch lesen. Dann habe ich die Päckchen heimgebracht in mein Zimmer und bin dann noch zum Essen gegangen. Als ich dann etwa gegen 11 Uhr wieder heimkam, wurde mit der gewohnten Sorgfältigkeit, die Du ja an mir kennst, ein Päckchen nach dem anderen aufgemacht. Dabei habe ich mich in mein Bett gesetzt und als ich dann an die Briefe kam, die das eine Päckchen enthielt, ging dann die Leserei an. Bis gegen 12 Uhr(Mitternacht) habe ich mich dann noch so betätigt. Heue früh setze ich mich nun gleich her, damit Du gleich weißt, daß ich Nachricht von Dir erhalten habe. Deinen Brief werde ich dann nach und nach im Einzelnen beantworten sobald ich dazukomme.
Da Du Dich des Gartens in ganz besonderer Weise annimmst, möchte ich Dir auch gleich die eine Frage nach den Erdbeeren beantworten. Bei den neu gesetzten kannst Du einen Teil der Ausläufer für neue Setzlinge stehen lassen. Den Rest kannst du dann nach dem Abernten entfernen. Bei denen, die schon länger stehen, kannst Du alle Ausläufer wegmachen. Die oberen fünf Einzelreihen aus der großen Anpflanzung kannst Du ja sowieso entfernen, da die Zeit abgelaufen ist.
Meinen Brief, den ich auf der Bahn geschrieben habe und in dem ich Dir auch noch Brüssel berichtetet, hast Du anscheinend erhalten. Ich hatte ihn einem Bahnbeamten abgegeben und bin dann hinterher etwas unsicher geworden, ob er auch richtig weiterbefördert wird. Schade ist, daß ich Siegfried nicht sehen konnte. Zeit hätte ich mir ja nehmen können, wenn ich gewußt hätte, daß wir so nahe beieinander waren. Vielleicht trifft es sich so noch einmal, daß wir uns wirklich treffen.
Daß Du Kurt auch einmal eine Kleinigkeit schickst  ist ja in Ordnung, vor allem auch deshalb, weil er ja sonst auch niemand weiter hat. Ich will nun nicht damit sagen, daß er nun immer etwas bekommen muß, aber wenn Du ihm ab und zu etwas zukommen lassen kannst, so denke auch einmal an ihn.
Wenn Du Dich mit dieser Frau Ehret unterhältst, so habe ich ja sonst nichts dagegen, nur eins will ich dabei nicht haben, daß die Leute mit Dir vielleicht nachher vertraulich tun. Du mußt das nicht so scharf auffassen, wie ich es vielleicht gesagt haben kann, als ich bei Euch war. Ich kann es wohl verstehen, daß bei dem langen Ausbleiben meiner Post bei Dir die Spannung von Tag zu Tag gestiegen ist, doch Du hast es ja selbst gesehen, daß es nicht an mir gelegen hat und tröste Dich mit dem, daß ich in den drei Wochen habe auch mit einem Brief auskommen müssen. Glaube mir, es ist mir auch nicht immer leicht gewesen. Ich hoffe ja nun, daß die Post einigermaßen laufend wieder wechselt, denn ich habe ja wieder meinen regelmäßigen Dienst im Schreiben aufgenommen. Ich kann Dir aber sagen, daß ich mich gefreut habe, als ich aus Deinem Brief lesen konnte, daß Du Dich auch tapfer in alles gefügt hast und daß Du mit den anderen vielen tausenden Frauen gefühlt hast.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich Dir aber nochmals versichern, daß mein ganzes Arbeiten eigentlich nur Euch gilt und daß ich nur an Euch denke. Habe also keine Angst, daß ich Euch vergesse. Auf dieses Thema werde ich bei passender Gelegenheit nochmals zurückkommen.
Nehmt Ihr alle viele herzliche Grüße und Küsse entgegen. Du aber sei von mir besonders herzlich gegrüßt und geküßt von Deinem Ernst.

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