Meine liebe Frau! O.U. den 20. Juli 1940
Donnerwetter war das eine Überraschung.
Fünf Päckchen auf einmal. Außerdem trafen noch drei Briefe ein, die Du nach
Köln gesandt hast. Weiterhin hatte mir eine Kollegin aus dem Amt in Konstanz ebenfalls
nach Köln zum Geburtstag gratuliert. Dann noch die vielen Briefe, die in dem
einen Päckchen waren. Ich bin also gestern geradezu mit Post überschüttet
worden. Nun habe ich ja die nächsten Tage zu tun, um alles wieder zu
beantworten. Du bist ja dabei wieder die erste. Ja siehst Du, Du kommst immer
gut weg. Ja, ich habe mich riesig gefreut, von allen und vor allen Dingen von
Dir und von den Kindern wieder etwas zu hören.
Meiner lieben Helga werde ich in den
nächsten Tagen besonders einen Brief schreiben. Ich kann Dir sagen, daß es mir
genau so gegangen ist mit dem warten. Doch das wirst Du ja auch aus meinen
letzten Briefen selbst gesehen haben. Am Nachmittag, d.h. kurz vor der Rede des
Führers, habe ich alles erhalten. Ich habe mir mit meinen Kollegen hier im
Rathaus die Rede mit angehört. Die Briefe konnte ich ja noch lesen. Dann habe
ich die Päckchen heimgebracht in mein Zimmer und bin dann noch zum Essen
gegangen. Als ich dann etwa gegen 11 Uhr wieder heimkam, wurde mit der
gewohnten Sorgfältigkeit, die Du ja an mir kennst, ein Päckchen nach dem
anderen aufgemacht. Dabei habe ich mich in mein Bett gesetzt und als ich dann
an die Briefe kam, die das eine Päckchen enthielt, ging dann die Leserei an.
Bis gegen 12 Uhr(Mitternacht) habe ich mich dann noch so betätigt. Heue früh
setze ich mich nun gleich her, damit Du gleich weißt, daß ich Nachricht von Dir
erhalten habe. Deinen Brief werde ich dann nach und nach im Einzelnen
beantworten sobald ich dazukomme.
Da Du Dich des Gartens in ganz besonderer
Weise annimmst, möchte ich Dir auch gleich die eine Frage nach den Erdbeeren
beantworten. Bei den neu gesetzten kannst Du einen Teil der Ausläufer für neue
Setzlinge stehen lassen. Den Rest kannst du dann nach dem Abernten entfernen.
Bei denen, die schon länger stehen, kannst Du alle Ausläufer wegmachen. Die
oberen fünf Einzelreihen aus der großen Anpflanzung kannst Du ja sowieso
entfernen, da die Zeit abgelaufen ist.
Meinen Brief, den ich auf der Bahn
geschrieben habe und in dem ich Dir auch noch Brüssel berichtetet, hast Du
anscheinend erhalten. Ich hatte ihn einem Bahnbeamten abgegeben und bin dann
hinterher etwas unsicher geworden, ob er auch richtig weiterbefördert wird.
Schade ist, daß ich Siegfried nicht sehen konnte. Zeit hätte ich mir ja nehmen
können, wenn ich gewußt hätte, daß wir so nahe beieinander waren. Vielleicht
trifft es sich so noch einmal, daß wir uns wirklich treffen.
Daß Du Kurt auch einmal eine Kleinigkeit
schickst ist ja in Ordnung, vor allem
auch deshalb, weil er ja sonst auch niemand weiter hat. Ich will nun nicht
damit sagen, daß er nun immer etwas bekommen muß, aber wenn Du ihm ab und zu
etwas zukommen lassen kannst, so denke auch einmal an ihn.
Wenn Du Dich mit dieser Frau Ehret unterhältst,
so habe ich ja sonst nichts dagegen, nur eins will ich dabei nicht haben, daß
die Leute mit Dir vielleicht nachher vertraulich tun. Du mußt das nicht so
scharf auffassen, wie ich es vielleicht gesagt haben kann, als ich bei Euch
war. Ich kann es wohl verstehen, daß bei dem langen Ausbleiben meiner Post bei
Dir die Spannung von Tag zu Tag gestiegen ist, doch Du hast es ja selbst
gesehen, daß es nicht an mir gelegen hat und tröste Dich mit dem, daß ich in
den drei Wochen habe auch mit einem Brief auskommen müssen. Glaube mir, es ist
mir auch nicht immer leicht gewesen. Ich hoffe ja nun, daß die Post einigermaßen
laufend wieder wechselt, denn ich habe ja wieder meinen regelmäßigen Dienst im
Schreiben aufgenommen. Ich kann Dir aber sagen, daß ich mich gefreut habe, als
ich aus Deinem Brief lesen konnte, daß Du Dich auch tapfer in alles gefügt hast
und daß Du mit den anderen vielen tausenden Frauen gefühlt hast.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich Dir aber
nochmals versichern, daß mein ganzes Arbeiten eigentlich nur Euch gilt und daß
ich nur an Euch denke. Habe also keine Angst, daß ich Euch vergesse. Auf dieses
Thema werde ich bei passender Gelegenheit nochmals zurückkommen.
Nehmt Ihr alle viele herzliche Grüße und
Küsse entgegen. Du aber sei von mir besonders herzlich gegrüßt und geküßt von
Deinem Ernst.
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