Meine
liebe Frau! 30.5.41
Wie
die vergangenen Tage, so auch heute habe ich von Dir keine Post erhalten.
Dagegen ging ein Brief von Nannie ein, den ich Dir demnächst mit zusenden
werde. Sie schreibt unter anderem, daß sie nach Pfingsten auf etwa vier Wochen
nach Konstanz kommen will. Sie würde sich freuen, wenn sie die Kinder einmal
wiedersieht und will Dich auch mit aufsuchen. Bei dieser Gelegenheit, schreibt
sie, will sie auch die „Anredeangelegenheit“ klären. Gesundheitlich geht es ihr
so, daß sie wenigstens jetzt wieder reisen kann, was im Winter nicht der Fall
war. Wie Du aus dem anliegenden
Durchschlag siehst, habe ich heute auch an Deine Eltern geschrieben. Ich
glaube, daß sie sich nun etwa ein Bild über die ganze Angelegenheit meines
Berufs machen können. Übrigens schreibt mir Nannie auch, daß ich ja nicht
unbedingt in Konstanz bleiben müßte um weiter zu kommen. Heute war ich bei Zahnarzt. Der hat mir eine
weitere Vorlage reingemacht. Er denkt immer, daß ich Schmerzen haben müßte,
wenn er den ganzen Zahn hinauffährt, aber ich spüre nichts und habe bis jetzt
auch keine Schwierigkeiten. Nächste Woche soll ich wieder hinkommen.
Gestern
habe ich mir einen neuen Schlafanzug gekauft. Für den habe ich 10,-RM bezahlt.
Er ist aber, wie mir scheint, in der Qualität besser wie die anderen. Auch die
Farbe ist ganz nett. Ich wollte eigentlich zwei Stück kaufen, aber weil diese
Sachen bewirtschaftet sind, kann man nicht mehr so kaufen wie man will. Bei
Gelegenheit werde ich zusehen, daß ich noch einen bekomme. Mein Bestand an
Socken hat sich inzwischen sehr gelichtet, so daß ich mit davon verschiedene
wieder beschaffen muß. Mein Besuch in
Lille für die Feiertage steht nun fest. Ich habe heute um Urlaub gefragt und
ihn auch erhalten. Am Dienstag früh werde ich wieder hier sein. Am Montag werde
ich ins Theater gehen. Karten werden besorgt. Soviel ich weiß, wird
„Waffenschmied“ gegeben. Ist dies doch auch wieder einmal eine willkommene Abwechslung. Ich werde dir darüber dann
schreiben. Ich grüße und küsse Euch
alle Ihr Lieben recht herzlich. Ich bitte Dich, an Vater ebenfalls herzliche
Grüße auszurichten. Du selbst nimm nochmals viele Grüße und Küsse entgegen von Deinem
Ernst
Meine
liebe Annie ! 31.5.41
Heute
Nachmittag, am Samstag vor Pfingsten, sitze ich nun in meiner Bude und will Dir
noch einen Gruß senden, denn ich werde, wie ich Dir schon mitteilte, über die
Feiertage mit meinen beiden früheren Kumpanen zusammentreffen. Ich überlege mir
gerade noch, ob ich erst zu Thomas mit dem Zug hinüberfahre oder ob ich erst
morgen mit unsrem Postauto bzw. mit dem Zug direkt fahre. Doch erst will ich
Dir noch schreiben, damit die Kette meiner Briefe nicht abreißt. Ich hoffe, daß
Du besser versorgt wirst wie ich. Zwar ich kann noch nicht sagen, ob heute
wieder einmal etwas eintrifft.
Vorhin
habe ich auf zwei Clubsesseln meinen üblichen Mittagsschlaf gehalten. Vorher
lese ich aber immer noch entweder in der Zeitung oder in einem Buch. Ich habe
ja mein Radioapparat, so daß ich zu allem noch Radio hören kann, was ich jetzt
auch tu. Wie ich dir schon berichtete, ist ein weiterer Verwaltungsbeamter bei
uns eingetroffen.
Mit
seinem Eintreffen hat sich nun die Frage erhoben, evtl. ein Haus zu nehmen, wo
wir zusammen wohnen und, da wir jetzt andere Verpflegung bekommen, dann auch
gemeinsam essen. Ich fühle mich gegenwärtig aber noch so ganz wohl, denn mit
dem Zusammenwohnen ergeben sich so manche andere Begleiterscheinungen, die ich
bei den anderen Kameraden hier auch sehe. Da kommen welche ziemlich spät nach
hause und daheim geht es dann weiter, womöglich fangen die dann noch an mit
Nachtwandeln. Hier habe ich bis jetzt meine Ruhe und ich bin für mich allein
und kann einmal ein Buch lesen. Ich befürchte, daß durch das Zusammenleben dies
auf gewisse Schwierigkeiten stößt. Ich nehme zwar an, daß ein Verhältnis, wie
wir es in Lille hatten, nicht zusammenkommt. Ich entziehe mich hier den Kameraden
in keiner Weise, denn ich will möglichst mit allen in einem erträglichen
Verhältnis stehen, und soweit ich dies von mir aus beurteilen kann, ist dies
auch der Fall. Wie geht es Dir und den
Kindern. Ihr seid doch hoffentlich alle gesund. Was werdet ihr wohl über die
Feiertage machen. Ich glaube, daß Ihr ein wenig aus der Wohnung geht.
Vielleicht hast du meine Päckchen schon alle bekommen. Ändern könnte ich es ja
nicht, wenn sie nicht rechtzeitig eingetroffen sind. Ich würde mich aber
freuen, wenn sie rechtzeitig angekommen wären.
Du
mußt selbst sehen, ob Du bzw. Ihr beide, diese Schuhe bei jedem Wetter anziehen
könnt. So, jetzt habe ich erst noch ein
Päckchen mit Schokolade fertiggemacht, das ich nach den Feiertagen absenden
will. Die kleine Tafel ist Milchschokolade. Ich habe dann meinen ganzen Vorrat
ab gesandt, damit Du weißt, daß ich weiter keine da habe. Ich fragte dieser
Tage in dem Geschäft nach, mußte aber hören, daß gegenwärtig keine mehr zu
bekommen sei. Ich glaube aber, daß Du jetzt für die nächste Zeit auskommen
wirst. Wie schmecken denn die Pralinen?
In den nächsten Tagen bekomme ich einige Fotos, die ich Dir dann zusenden
werde. Sie sind auf der Vimy-Höhe gemacht worden, von wo Du in einem der
letzten Briefe auch einige erhalten hast.
Ich werde an Euch in diesen Tagen denken. Was ich eigentlich sonst auch
tue, aber an diesen Feiertagen besonders. Ich sende Dir viele herzliche Grüße
und Küsse und bitte Dich, unseren beiden Stromern einige davon abzugeben.
Im
Geiste und in Gedanken bin ich bei Euch Dein Ernst.
Deine
beiden Briefe vom 23. und 24. habe ich heute erhalten, ebenso den Brief von
unserer Helga mit Deinem Zusatz vom 21., über den ich mich sehr gefreut habe.
Ich werde alle nach den Feiertagen dann beantworten. Nochmals viele Grüße und
Küsse sendet Dir Dein Ernst
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