Meine
liebe Frau ! 7.5. 1941
Heute
bin ich nun schon eine Woche in diesem Kaff. Es ist wohl Frühling draußen und
soweit Obstbäume vorhanden sind, blühen diese. Doch was hat man hier eigentlich
von allem. Das Interesse geht einem direkt ab. Es ist das auch darauf
zurückzuführen, daß alles hier so einen eintönigen und grauen, unfreundlichen
Charakter hat. Man hat einfach nicht die Freude an allem, wie es doch daheim
der Fall ist. Außerdem ist es noch so, daß man auch niemanden hat, mit dem man
über dieses und jenes sprechen kann.
Größtenteils muß man alles in sich reinschlucken, denn man kann ja nicht
mit jedem über alles sprechen. Auch an dies wird man sich gewöhnen müssen. Gestern
war hier Kinovorstellung. Es wurde ein ganz ansprechender Film geben. „Kora
Terry“ hieß er. Die Wochenschau war auch neu, so daß es eine sehr willkommene
Abwechslung war. Ich muß auch hier wieder feststellen, daß das Kino erstens
sehr geräumig und gut eingerichtet ist. Auf solche Sachen hat man, wie es mir
scheint, großen Wert in Frankreich gelegt.
Wenn die eigenen Filme auch unseren Begriffen nach nichts wert
sind, oder wenigstens zum größten Teil so
ist der Besuch, wie ich hier am vergangenen Sonntag feststellen konnte, sehr
stark. Das bringt ja dann auch ziemlich
Geld ein, so daß sich der Besitzer schon solche Gebäude leisten kann. Ich kann ja noch nicht erwarten, daß von Dir
Post eingegangen ist, ich würde mich aber doch freuen, wenn ich bald welche
erhalten würde. Für heute grüße und küsse ich Euch alle recht herzlich. Dir
sende ich aber besondere Grüße und Küsse Dein Ernst
Grüße
bitte auch Vater von mir. Was macht eigentlich sein Kopf? Ist es nun besser?
Meine
liebe Annie, O.U. den 8.5.1941
Heute
habe ich es nun wahr gemacht und bin in die Stadt gefahren. Mit dem Auto ist es
eine ganz nette Fahrt. Vor allem wenn es ein schöner sonntäglicher Frühlingstag
ist wie heute. Die Gegend ist dann nicht ganz so topfeben wie es in der Stadt
immer scheinen mag. Man sieht auch einmal einige Wälder. Die Bauern sind auf
ihren Äckern tätig. teilweise sah man blühende Bäume. Du weißt ja wie ich für
die Natur empfänglich bin. Es tut einem direkt wohl, wenn man aus dem stinkenden
Nest herauskommt. In L. hatte ich doch letzte Woche meine Abrechnung nicht
mitbekommen und hier wollte man mir das Geld, was mir für die Zeit vom 21. bis 30.4. zustand, nicht ausbezahlen, weil ich erst am
30. hier eingetroffen bin. Mir ist ja das letzten Endes gleich, wo ich mein
Geld her bekomme. Außerdem war mir das eine ganz willkommene Reise. Meine 21,- RM habe ich mir abgeholt, denn so
läßt man ja das Geld nicht schwimmen. Doch war man sehr verwundert, als ich so
unversehens erschien, das machte aber nichts aus. Dann bin ich in die Buchhandlung
gegangen und habe dort 13 ½ RM in Bücher angelegt. Zwei Lönsbücher, ein
weiteres von Finkh und dann von Stoberlein „ ........um Deutschland“. Die
anderen schreibe ich Dir dann noch auf bzw. ich sende sie Dir dann zu, wenn ich
sie ausgelesen habe. Eines ist ja schon fertig und zwar das von Thoma. Für uns
wird auf die normalen Preise ein Rabatt von 25% gewährt. Das kann man ja
schließlich mit in Anspruch nehmen. Später
habe ich dann noch meinen Freund Graser besucht, der auch ganz überrascht war,
als ich auf seinem Büro erschien. Er sagte mir dann, daß jetzt der Kampf in
seiner Dienststelle genauso wieder losgeht wie seinerzeit bei uns mit dem
Stadtkommandant. Entweder Oberfeldkommandantur oder seine Dienststelle. Nun hat
er Bedenken, was mit ihm werden wird. Vorerst bin ich ja von derartigen Dingen nicht berührt, denn
ich bin ja jetzt untergebracht. Wie gut das ist, habe ich Dir ja schon
geschrieben. Ich weiß nicht mehr genau,
ob ich Dir schon mitgeteilt habe, daß unser Kommandant gestern wieder zurückgekommen
ist. Doch jetzt fällt es mir ein, daß ich dies in meinem letzten Brief
geschrieben habe. Vorhin war ich im
Kino. Es wurde der Film „Jugend“ gespielt, der mir sehr gut gefallen hat.
Einige Zivilisten waren wohl anwesend, doch etwa 90% der Anwesenden waren
Soldaten. An die Verpflegung gewöhnt
man sich hier nun auch. Sie ist zwar einfach, doch wichtig ist, wie ich letztes
Jahr, als ich beim Kommis war auch immer geschrieben habe, daß man den Magen
voll hat. Außerdem hat man die Gelegenheit, sich immer noch etwas zu kaufen, wenn man Hunger hat. Schokolade
habe ich für Euch beschafft. Auch für die Kinder Milchschokolade. Sie müssen
sie aber mit Verstand essen, denn die war sehr teuer. Auch solche andere, wie
ich früher schon ein paar Mal gesandt habe, werde ich noch kaufen können. Ich
lasse sie Euch dann in den nächsten Tagen mit zugehen. Morgen werden wir wieder einmal geimpft. Es
ist zwar nicht angenehm, doch beim Kommis werden derartige Dinge von Zeit zu
Zeit immer einmal vorgenommen. Zum
Schluß sende ich Dir recht viele herzliche Grüße und Küsse Dein recht oft an
Euch denkender Ernst
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