Dienstag, 10. Mai 2016

Brief 123 vom 10.5.1941


Meine liebe Frau !                                                                                          10.5.41    

Vor einem Jahr nahmen die Kämpfe um Belgien, Holland und Frankreich ihren Anfang. Inzwischen ist ein Jahr vergangen und wir sitzen nun hier, um  für die wirtschaftlichen Belange  zu arbeiten. Zur Zeit dreht es sich ja nur bei mir in vorwiegendem Sinne um die Belange der Polacken, denn während der Zeit unserer Erniedrigung haben die Lumpen ihr Brot von den anderen genommen und dabei auf uns geschimpft. Ihr Vaterland haben sie verleugnet und jetzt wollen die sich mit uns auf die gleiche Stufe stellen, obwohl wir uns die ganzen Jahre durchgehungert haben. Mit dieser Gesellschaft gehe ich auch entsprechend um. Ich kann Dir sagen, daß die in dieser Beziehung bei mir und auch bei den anderen Kameraden nichts zu lachen haben.
Interessant ist, daß bei der ersten Aktion der Werbung von ausländischen Arbeitskräften für Deutschland sich diese  nur in geringem Maße gemeldet haben. Dies war im Herbst letzten Jahres. Inzwischen schreiben nun die zu uns hinüber gegangenen, wie es ihnen geht, und jetzt kommen gerade hier zu mir tagtäglich immer wieder Leute, die wünschen, zu uns vermittelt zu werden. Es ist doch ein Zeichen dafür, wie sie bei uns behandelt und bezahlt werden. Ja auch diese Erscheinung sind Zeichen unserer Friedenspolitik und der Menschenführung in fremden Landen. Ich bin trotzdem davon überzeugt, daß es immer noch viele gibt, die nicht zu überzeugen sind und sich auch nicht über unser Wollen im Klaren sind. Andererseits ist es ja auch so, daß die Vermittlung dieser Leute von diesen aus gesehen nicht etwa aus ethischen Gesichtspunkten heraus erfolgt um uns zu helfen, sondern bei ihnen spielt das Geldverdienen eine große Rolle. Wir werden die Leute so behandeln, wie sie es verdienen und entsprechend so, wie sie uns entgegentreten aber auch weiterhin so, wie es der Führer von uns verlangt.  Heute habe ich das Päckchen an Dich zum Muttertag zur Absendung gebracht. Das Format ist etwas ungeschickt, doch ich hoffe, daß es trotzdem gut ankommen wird.  Verwende alles entsprechend und erfreue dich daran. Ich wünsche, daß es Dich gesund erreicht.  Vorhin habe ich einen großen Schokolade-Einkauf getätigt. Einschließlich Pralinen sind es 5 kg.  Mit diesem Einkauf habe ich etwas über 20,-RM ausgegeben. Am meisten habe ich für die Milchschokolade ausgegeben. Ich hoffe, daß die Kinder sie auch mit entsprechendem Verstand essen werden.  Ich schreibe dies nicht deshalb, um Dir zu zeigen, was ich für Geld aufwende, sondern Du sollst nur sehen, wie die Preise entsprechend der Nachfrage gestiegen sind. Nach und nach werde ich die Sachen an Dich zur Absendung bringen. 
Deinen lieben Brief vom 7. habe ich heute erhalten. Jetzt werde ich nun wieder laufend von Dir Post erhalten. Es ist doch schön, wenn man nicht nur Briefe schreibt, sondern auch selbst welche bekommt. Man hat dann wenigstens Verbindung mit daheim und weiß, was daheim vorgeht. Es freut mich, daß Du im Garten solche Freude hast. Das macht Spaß, wenn man so sieht, wie die Bohnen schön blühen. Man hat dann zwar Sorge, ob etwa Frost eintritt, aber da merkt man erst, wie man mit seiner Sache verwächst. Bei uns herrscht hier auch schon seit vielen Tagen schönes sonniges Wetter, doch es weht ein kalter Wind dazu, so daß  man jetzt noch unter der Feldbluse  einen Pullover gut vertragen kann. Dies vor allem besonders früh.  
Am Nachmittag hatten wir wieder dienstfrei und morgen ist wieder Sonntag. Man hat hier an solchen freien Stunden nur wenig Gelegenheiten. Wie ich Dir letzthin schon schrieb, kann man sich in eine Wirtschaft setzen, daheim lesen oder wenn es das Wetter zuläßt, spazieren gehen. Heute Nachmittag habe ich mich an meinen Büchervorrat herangemacht. Zeitung habe ich auch noch gelesen. Außerdem habe ich dem Kameraden Bohmann noch einen Brief geschrieben.  Zwischendurch hatte ich noch meinen Schokoladeeinkauf getätigt und vorher ein Paar Schuhe zum Schuster geschafft. Anschließend war ich noch beim Essen. So ist auch dieser Nachmittag vorbeigegangen. Erst wollte ich noch mit unserem Postwagen nach X fahren (Lille). Doch ich denke, daß ich im Laufe der kommenden Woche sowieso hinkomme. Darum möchte ich vermeiden, daß man mich fragt, was ich so viel dort mache.  Für heute sende ich Dir recht viele Grüße und küsse Dich vielmals. Helga und Jörg gib wieder jedem einen herzlichen Kuß von ihrem Vater. Es grüßt und küßt Dich nochmals Dein Ernst.

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