Liebes
Mädel! 2.5.41
Grade
hatte ich geschrieben, da war er auch schon hier erschienen und hat mich gleich
mit eingepackt. Nach dem ersten trübseligen Eindruck, den ich hier bekommen
hatte, war das eine Erholung. Heute bin ich etwas gefaßter und ich nehme an,
daß ich mich schon durchsetzen werde. Wir sind mit unsrem alten Wagen, den wir
früher hatten und den sich der Tommi mitgenommen hat, hinübergefahren. Wir
haben uns wieder einmal richtig ausgesprochen und auch sonst gut unterhalten.
Er ist dort schön untergebracht mit noch einem Kameraden hat er ein Haus zusammen. Sein Kamerad ist
gegenwärtig in Urlaub, so daß ich dessen Bett benutzen konnte. Ich Habe mich dann am 1. Mai in seinem Ort
umgesehen, auch auf seinem Büro habe ich mich umgesehen. Zum Mittagessen hat er
mich mit dem Kommandanten bekannt gemacht. Es war wirklich ein sehr netter
Kreis und gutes Essen hat es zur Feier des Tages auch gegeben. Die Stadt, die
ich im letzten Jahr schon einmal besuchte, kenne ich schon.
Gegen
4 Uhr mußte ich dann wieder wegfahren, damit ich meinen Anschlußzug bekam. Ich
muß noch nachtragen, daß ich Thomas nicht nochmals wegen Zurückführung in Anspruch
nehmen wollte, so daß ich den Zug benutzen mußte. Normalerweise ist ja die
Fahrt auch nicht so schlimm, nur in gegenwärtiger Zeit ist es insoweit
schlimmer, als die Bevölkerung schlecht mit Kartoffeln versorgt ist und in
dieser Beziehung genau dieselben Verhältnisse
wie sie bei uns nach dem Weltkrieg geherrscht haben , sind. Ich kam bei
Regenwetter wieder hier an und habe mich
unverzüglich auf mein Zimmer begeben. Das Zimmer hatte ich mir besorgt.
Es ist zwar nicht überragend, aber unter den gegenwärtigen Verhältnissen nimmt
man es so hin. Es ist noch so eine Art Nebengemach dabei, in dem ein eingebauter
Schrank und eine Waschgelegenheit mit fließendem Wasser ist. Der stellvertretende
Kommandant stand auf dem Standpunkt, daß es zu weit von der Dienststelle
entfernt sei und daß ich mir eines mehr in der Nähe beschaffen soll. Nach
Rücksprache mit unserem Kriegsverwaltungsrat (dem Chef der Militärverwaltungsabteilung)
soll ich mich aber nicht weiter darum kümmern und soll die Dinge an mich
herankommen lassen. Es ist ein großes Haus, wahrscheinlich eine Witwe mit ihrer
verheirateten Tochter, die zwei kleine Mädchen hat im Alter von etwa 3 - 6
Jahren. Es war gestern zwar etwas kalt, doch ich werde mich schon einrichten.
Eines habe ich aber festgestellt, daß man wenn man da etwas braucht, seine
kümmerlichen Französischkenntnisse noch
ziemlich ausbauen muß.
Als
Wichtigstes will ich Dir aber meine neue Feldpostnummer mitteilen. Sie lautet
38293. Ich weiß ja nicht, wie lange die Post von hier aus läuft. Ich werde ja
dann sehen, wann ich wieder von Dir Post bekomme. Über die übrigen Verhältnisse
gebe ich Dir dann bei Gelegenheit ausführlich Bescheid. Ich möchte nur, daß
dieser Brief bei der Post, die immer ½ 3 Uhr weggeht, mit weg gesandt werden
kann.
Ich
grüße Dich für heute recht herzlich und sende Dir viele Küsse und bitte Dich,
unseren Kindern jedem einen herzlichen Kuß zu vermitteln. Es grüßt und küßt
Dich nochmals Dein Ernst
Meine liebe Frau! 2.5.41
Eigentlich
hätte ich viel zu berichten. Man weiß nur nicht, was etwa wichtig oder
interessant ist. Aber fange ich einmal bei der Wohnung an. Ich wohne etwa 8 -
10 Minuten von der Dienststelle entfernt. Dort habe ich ein großes Zimmer mit
einem kleinen Nebengemach, in dem die Waschgelegenheit sich befindet. Es ist
fließendes Wasser. Zwar steht daran warm und kalt, ich habe aber bis jetzt nur
das letztere verspürt. In diesem kleinen Zimmer ist noch ein eingebauter
Schrank, in dem ich meine Sachen unterbringen kann. Es hat den Anschein, daß
noch vor einem Jahr ein Engländer drin gewohnt hat. Das Bett ist zwar nicht
gleich als solches erkennbar, denn es hat keine Bettlade wie wir es im Allgemeinen
gewohnt sind. Es ist aber so, daß ich drin bequem Platz habe. Obwohl es teilweise noch ziemlich frisch
ist, hat man die Dampfheizung nicht mehr in Betrieb. Am ersten Tag hatte man
mir das Bett noch nicht bezogen. Als ich es anforderte, sagten die Leute, daß
nichts da sei. Da es unsicher war, ob ich dieses Zimmer behalten kann, legte
ich für die eine Nacht, die ich vielleicht dort verbringen würde, keinen
besonderen Wert darauf. So nach einer halben Stunde kam dann die Frau und
brachte mir Wäsche. Da ein Dienstmädchen
im Hause ist, dachte ich, die würde dann kommen und das Bett wenigstens
fertig machen. Ich wartete aber vergebens. Ich habe mich dann so in die Falle
gelegt und mir so ein Leintuch unter den Kopf gelegt, was dann auch gegangen
ist. Als ich dann über Mittag in meine
Behausung kam, war noch nichts gemacht. Ich habe dann jemand vom Quartieramt
hingeschickt, die dann noch regeln sollen, was zu machen ist. Am Abend war
immerhin das Bett gemacht, doch an das Schuheputzen hat sich noch niemand
gewagt. Du ersiehst Daraus, mit welchen Scherereien man rechnen muß, wenn man
einmal eine Handreichung haben will. Ich gebe aber immer noch nicht die
Hoffnung auf, daß es mir gelingt, das zu erreichen, was ich brauche, um
wenigstens einigermaßen wohnen und leben zu können. Gegen 7 Uhr stehe ich auf
und gehe dann in die Kantine zum Frühstück. Um 8 Uhr fängt dann der Dienst hier
an. Das Frühstück ist zwar nicht
überragend aber es reicht bis zum Mittagessen, das dann ½ 1 Uhr stattfindet.
Der Nachmittagsdienst erstreckt sich dann bis 6 / ½ 7 Uhr. Die Kantine befindet
sich im gleichen Haus. Du siehst nun, was wir für eine Dienstzeit haben. Am
Samstagmittag, also heute ist dann dienstfrei.
Wie mir vorhin mitgeteilt wurde, soll ich morgen von 6 Uhr Abends bis
zum Montagabend 6 Uhr Offizier vom Dienst machen. Was ich da für Funktionen zu
erfüllen habe, das wird sich dann schon noch zeigen. Bis jetzt soll ich mich
erst einmal etwas in dem Laden hier umsehen. Dann kümmere ich mich weiterhin um
den Publikumsverkehr, der hier zu einem großen Teil aus polnischen Arbeitern
besteht. Bei dem kleinen Kreis der Gefolgschaft sind die Gebiete ziemlich
zusammengedrängt. Was dann auf mich entfällt werde ich noch abwarten. Es besteht
hier ein gewisser Zwiespalt zwischen dem Kommandostab und unserem
Militärverwaltungsstab, der durch meine Versetzung nach hier insofern eine ganz
interessante Blüte getrieben hat, als hier beschäftigte Schreibkräfte den
Soldaten über einzelne Offiziere einen gewissen Einfluß ausüben um zu
erreichen, daß ich hier den bei uns entstehenden Schriftverkehr schreiben soll,
vor allem weil in meinem Wehrpass steht, daß ich Stenografie und Maschine
schreibe. Ich habe dem Hauptmann gleich gesagt, daß das wohl nicht der Zweck
meiner Kommandierung hierher sei. Der Chef unserer Verwaltungsabteilung steht
mit mir auf dem gleichen Standpunkt, so daß durch diese Weiber ein gewisser
Kleinkrieg besteht. Ich bin gespannt, welchen Ausgang das noch nehmen wird.
Ich
hoffe, daß Du nun inzwischen von mir Bescheid erhalten hast. Heute bin ich ja
nun wieder eine Woche von Euch fort, was hat sich alles in dieser kurzen Zeit
ereignet. Ich hoffe, daß Ihr alle gesund seid und grüße und küsse Euch alle
recht herzlich. Meine neue Adresse habe ich Dir ja gestern mitgeteilt, so daß
Du die Verbindung nach hier nun übernehmen kannst. Die sende ich nochmals viele
Grüße und Küsse Dein Ernst
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