Mein
liebes Mädel! 28.5.41
Vom
heutigen Tage weiß ich eigentlich nicht viel zu berichten. Post habe ich keine von Dir bekommen. Ich
könnte also schon aufhören. Mir fällt
gerade ein, daß ich dieser Tage bei einem französischen Zahnarzt war, um nun
endlich meine Zähne in Ordnung bringen zu lassen. Er versucht nun erst einmal,
den Zahn fest abzuschließen, um zu sehen, wie er sich dazu verhält. Am Freitag
soll ich wieder hinkommen. Wie er mir erklärte, glaubt er nicht, daß der Zahn
gezogen werden muß. Ich werde Dir dann wieder Bescheid geben. Ich weiß nicht,
ob ich Dir schon wegen der Hosen- und Stiefelangelegenheit geschrieben habe. Du
fragtest mich, warum ich mir diese zulegen will. Wenn ich mit meiner jetzigen
Rüstung herumlaufe, so gefällt sie mir nicht immer, vor allem weiß man nicht,
wann eigentlich Sonntag ist. Wenn ich noch Stiefel bekomme, so ist das ja kein
Schaden, denn die kann ich später auch immer noch tragen, wenn der Krieg einmal
vorbei ist. Es ist nur, damit man auch einmal etwas besser angezogen ist,
außerdem finde ich, sieht es militärischer aus. Ob ich zwar alles noch bekomme,
muß ich erst einmal sehen. Heute ist
bei uns ein Oberinspektor eingetroffen, der sich vorübergehend hier aufhalten
soll, um sich einzuarbeiten. Er ist ein Schlesier. Man merkt, daß der Mann
direkt aus der Heimat kommt und an die Verhältnisse hier noch nicht gewöhnt
ist. Das Büro sagt ihm nicht zu, es sei ihm zu klein, die Stadt sei unsauber
usw. Wenn ich Dir früher derartige Schilderungen geben habe, so war dies ja
nur, um Dir ein Bild von dem zu machen. Aber bei diesem Mann merkt man, daß er
mit den Verhältnissen noch nicht vertraut ist. Es ist eigenartig, wie einem das
dann gleich auffällt. Dieser Mann ist, wie ich Dir schon mitteilte, nur vorübergehend
hier. Wie ich zwar gehört habe, sollen wir noch einen Inspektor hierher
bekommen, der gewissermaßen die Verwaltungsabteilung führen soll. Wie sich das
entwickelt, wird sich dann ja herausstellen.
Ich
hoffe, daß Ihr alle gesund und munter seid. Die Kinder werden Dir hoffentlich
folgen, damit Du Dich nicht immer aufregen und ärgern mußt. Ermahne sie nur und
sage ihnen, was ich geschrieben habe. Ich weiß wohl, daß, wenn man so jung ist,
es schwer fällt, immer brav zu sein. Sie sollen sich aber trotzdem
zusammennehmen. Ich sende Euch allen recht herzliche Grüße und Küsse, Dir
sendet wieder besonders herzliche Dein Ernst
Mein
liebes Mädel! 29.5.41
Unsere
Post wird wegen wichtigen Transporten scheinbar zurückgestellt, denn ich habe
auch heute keinen Brief erhalten; die anderen Kameraden zwar auch nicht. Die
wenigen, die Post bekommen, fallen im Verhältnis nicht ins Gewicht. In dieser Woche war ich nun wieder drei Mal
im Kino. Am Montag wurde „Ohm Krüger“ gespielt, am Dienstag „Donauschiffer“ und
heute „Verdacht auf Ursula“. Es waren alles ganz nette Filme, den vom Montag
hatten wir ja noch zusammen gesehen, als ich daheim war. Dadurch, daß im
französischen Kino auch deutsche Filme laufen, kann man immer einmal mehr
hineingehen. Wenn auch einmal ein Film kommt, den man schon gesehen hat und der
an sich gut war, so kann man sich diesen ohne weiteres noch einmal
ansehen. Ich füge Dir einen Durchschlag
bei, der zu einem Schreiben an den Oberbürgermeister gehört.
Wie
Du daraus ersiehst, kann von unserem Kommandanten zwar nicht viel geschrieben
werden, aber immerhin geht aus dem Schreiben hervor, was ich hier bin und daß
die von mir gemachten Angaben stimmen. Mein Gesuch bekommt dadurch einen
amtlichen Charakter.
Ich
verspreche mir von allem zwar keinen großen Erfolg von meinem Vorgehen, weil
mir das Verhalten der Stadt von früher her nur zu bekannt ist. Ich halte es aber
für notwendig, etwas zu tun, damit der Stadt nicht alles so kampflos in den
Schoß fällt.
Das
wechselhafte Wetter hält immer noch an. Es ist zwar im Durchschnitt wärmer wie
im Anfang, wo ich hierher kam, doch man weiß nicht, wie man sich verhalten
soll. Man muß immer zusehen, daß man nicht zu warm oder zu wenig angezogen
ist. Ab nächster Woche bekommen wir
wieder andere Verpflegung. Bisher bekamen
wir für den Tag 2,RM für unsere Verpflegung. Die Unteroffiziere und
Mannschaften hatte dann eine gemeinsame Küche. Am Ende von 10 Tagen wurde dann
abgerechnet. Durchschnittlich kostete das Essen etwa 1,RM, so daß mit für die
10 Tage rund 8 bis 9 RM übrig blieben. Die Auszahlung des Verpflegungsgeldes
fällt nun ab nächsten Monat weg und wir erhalten Truppen bzw.
Magazinverpflegung. Wie die dann ausfällt, müssen wir erst wieder sehen. Auf
jeden Fall kann man sich evtl. etwas Dazu kaufen, wenn es nicht langen
sollte. Wenn ich Urlaub bekomme, werde
ich, wie ich Dir schon mitteilte, nach Lille fahren. Mit Thomas habe ich schon
telefoniert und auch mit Graser. Es ist also wahrscheinlich, daß wir uns dort
treffen über Pfingsten. Für heute hatte
ich nicht weiter zu berichten. Ich grüße und küsse Euch, Ihr meine Lieben und
hoffe, daß Ihr alle gesund seid. Dir sendet nochmals viele Grüße und Küsse
Dein
Ernst
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