Dienstag, 10. Mai 2016

Brief 122 vom 9.5.1941


Mein liebes Mädel                                                                                Standort, den 9.5.41      

Ich hatte wohl im Stillen Damit gerechnet, daß ich nun bald von Dir Post bekommen würde. Heute Abend erreichte mich nun Dein Brief vom 6.5., über den ich mich recht gefreut habe. In so langen Tagen ereignet sich doch manches. Man merkt das erst dann, wenn man einige Zeit Nichts hört.
Daß das Kind von Kusters gestorben ist, habe ich mit Bedauern gelesen. Das stimmt, wenn es einmal anfängt einzureißen, dann hört es meist auch nicht gleich wieder auf. Meine Kollegin hat nun auch den Hafen der Ehe gefunden, den sie doch ganz entschieden für die Dauer des Krieges abgelehnt hatte. Ja, man muß eben seine Meinung manchmal ändern.  Soll sie glücklich werden. Ob ich ihr kurz schreiben soll?
Wegen der Stachelbeerspritzung kann man ja das einmal versuchen, wenn es notwendig werden sollte. Den Artikel  lege ich wieder bei. Die Schuhgrößen habe ich entnommen. Ich Versuche was sich machen läßt.  Graser hat mir gestern zwar gesagt, man bekäme nur welche  gegen Bezugschein, doch ich denke, daß ich sie auch durch jemand anders bekommen kann. Ich habe die Absicht, mir ein paar Stiefel machen zu lassen und  eine Stiefelhose  will ich mir auch machen lassen.  Ich werde ja sehen, ob ich es zusammen bekomme.
Daß Vaters Kopf wieder verheilt ist, beruhigt mich, denn es ist eine Verantwortung, wenn man immer darin herummacht und man sieht nicht, daß es besser sondern womöglich noch schlimmer wird. Wenn unser Junge sich so gut mit den Soldaten beschäftigen kann, ist es ja gut, denn warum soll er den Kopf den ganzen Tag hängen lassen, denn ihm ist dies ja doch nicht ganz klar und es kommt ihm auch gar nicht zu Bewußtsein. Mich freut auch, daß unser Mädel an der Rechnerei so gefallen gefunden hat. Man muß die Kerle nur immer richtig anpacken, dann geht es schon. Ich will Dich auch heute wieder darum bitten, sieh Dich mit Deiner Niere vor, damit Du keine Schwierigkeiten damit bekommst. Halte Dich bei entsprechendem Wetter warm und sieh Dich mit den schweren Gartenarbeiten vor, daß es nicht zuviel auf einmal wird. Ich finde es ja ganz entgegenkommend, wenn Zahn Dir die Bohnenstangen rein gemacht hat.  Der Mann hat zwar Zeit, aber er hätte es auch nicht brauchen müssen. Kannst ihm, wenn Du willst, auch nochmals in meinem Namen danken.
Bei den Schlüsselblumen werdet Ihr Euch wieder fest angestrengt haben, wenn Ihr so müde gewesen seid. Mit dem Wetter habt Ihr aber dabei Glück gehabt.
Über meinen Aufenthalt bist Du Dir ja wohl im Klaren. Ich bin also tatsächlich an dem Ort, von dem ich Dir zuerst geschrieben hatte. Wenn ich meine Sporthose brauche, teile ich Dir dies noch mit. Meine Tabletten, die ich mir für den Hals gekauft hatte, werden in der nächsten Zeit zu Ende gehen. Es eilt also tatsächlich nicht. Du besorgst mir dann bitte wieder einmal welche. Ich möchte diesmal Inspirol, denn die erfüllen genau denselben Zweck wie die teureren.
Heute habe ich für Dich ein kleines Päckchen für den Muttertag fertig gemach, Ich hoffe, daß es Dich gesund erreicht und auch noch rechtzeitig. Schokolade für die Kinder sende ich in den nächsten Tagen ab. Heute war die Impfung. An sich spürt man dabei nichts weiter, nur hinterher fängt es an, sich bemerkbar zu machen. Kameraden, die mit auf meinem Büro arbeiten, haben hier Eier besorgt. Heute habe ich 6 Stück bekommen, davon habe ich mir nach dem Abendessen noch zwei kochen lassen. Nunmehr habe ich die nötige Bettschwere.  Etwas Schokolade und auch Obst esse ich noch nebenher, damit ich nicht von Kräften komme.
Du siehst, daß ich mir schon zu helfen weiß und daß ich zusehe, daß ich immer wieder etwas bekomme.
An Nannie habe ich heute auch einen Brief geschrieben. Was so noch an Post zu erledigen ist, kommt in den nächsten Tagen dran.  Ich sende Dir wieder die herzlichsten Grüße und Küsse und bitte Dich, unseren beiden Stromern das gleiche auszurichten. In treuer Liebe bin ich Dein Ernst.

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