Mein
liebes Mädel! 3.6.41
Deine
beiden Briefe vom 23. und 24. sowie den Brief von Helga vom 21. habe ich ja in
meinem Schreiben vom 31.5. bestätigt. Als ich am Sonntag nach Lille fuhr bin ich erst noch an der Post vorbeigefahren
und da bekam ich noch Deine beiden Briefe vom 26. und 27. ausgehändigt. Ich
Danke Dir für alles vielmals. Mit Sorge habe ich Davon Kenntnis genommen, daß
Du zwei Tage krank gewesen bist. Ich hoffe, daß sich das etwas gelegt hat,
Damit Du wieder bei vollen Kräften bist, denn ich weiß nur zu gut, daß Du
meinst, es soll jeden Tag das volle Pensum geschafft werden. Nun möchte ich aber alle Briefe der Reihe
nach beantworten. Ich muß sehen, wie weit ich komme, denn ich schreibe heute
über die Mittagspause, damit Du wieder ein Schreiben von mir bekommst und nicht
so lange Warten mußt. Zuerst nun Helgas Brief. Über den habe ich mich sehr
gefreut, auch über Jörgs schönes Bild.
Helga hat sich diesmal wieder sehr viele Mühe gegeben, und ich will ihr
deshalb auch mein Lob für ihre schöne Leistung aussprechen. Ich werde ihn ihr
bald beantworten. Für Deinen Zusatz habe ich Dir schon gedankt. Das Päckchen
Nr. 4 ist auch angekommen.
Jetzt
sind also alle Päckchen von 1 bis 6 in Deinem Besitz. Von dem Rest der
Schokolade habe ich Dir schon geschrieben. Den mache ich heute mit fertig und
er geht dann morgen mit ab. Mit der weiß verpackten Schokolade weißt Du ja
Bescheid, daß das nur eine alte Verpackung ist, die mit verbraucht worden
ist. Dein Päckchen mit dem Gebackenen
vom 24. habe ich erhalten. Ich bekam es am Sonntag mit ausgehändigt. Auch Dafür
vielen Dank. Wenn Du es verlangst, ich schimpfe also nicht, sondern ich halte
es genau so, wie ich es am letzten Mal gemacht habe, ich schreibe nicht einmal
„Es ist nicht nötig“. Ich werde es also
so machen und beim Lesen mir ab und zu eines zu Gemüte führen. Die anderen Briefe beantworte ich heute noch
und auch wie ich die Feiertage verlebt habe, werde ich Dir mitteilen. Nimm für
heute Mittag viele herzliche Grüße und Küsse entgegen von Deinem Ernst
Meine
kleine liebe Frau! 3.6.41
Den
einen Brief habe ich gerade abgegeben, nun will ich sehen, wie weit ich mit den
anderen komme, die ich noch zu beantworten habe. Die Schwarzwurzeln hast Du nun
auch raus gemacht. Ich meinte fast, daß man sie hätte noch drin lassen sollen,
auch wenn sie blühen. Aber es ist schon recht, dann setzt Du dort eben Kraut
hin. Die Stachelbeeren machen aber schnell voran. Das ist ja köstlich, was sich
Da Helga geleistet hat wegen der Schminkerei. Ich möchte nur wissen, wo die das
aufgeschnappt hat.
Wegen
der Marken für Kuster will ich sehen, daß ich sie hier bekomme. Ein Kamerad hat
sie wohl auch auf der Post haben wollen, da waren sie nicht mehr erhältlich.
Da
mußt Du aber sehr aufpassen, daß Dich so Viehzeug nicht sticht, ich denke, daß
Dir das sehr zu schaffen gemacht hat. Wegen der Angelegenheit mit der
Stadtverwaltung muß man sehen, was dabei herauskommt. Wegen des Mistes ist es
nicht so schlimm, wenn er schon aufgeschichtet daliegt. Es wird ratsam sein,
ihn etwas mit Erde zuzudecken, damit nicht der ganze Stickstoff und Ammoniak
herausgeht. Das ist der Vater von dem,
der mit beim Jugendamt ein ganze Zeit war, der da gestorben ist.
In
meinem anderen Brief habe ich mich schon lobend über unsere Helga aussprechen
müssen, weil sie so einen schönen, lieben Brief geschrieben hat.
Nun
sehe ich mich nochmals veranlaßt, dies zu tun, weil sie sich so sehr um Dich
gekümmert hat, als Du Dich umlegen mußtest. Das ist fein, wenn man weiß, daß
sie sich schon der Sachen ein bißchen annehmen kann, wenn es einmal nicht geht.
Das ist ja ganz fabelhaft, in welch lieber Weise sie sich um Dich angenommen
hat und für Jörg hat sie auch noch gesorgt, soweit es für ihn notwendig war. Es
ist nur erfreulich, daß alle beide so schön brav waren. Mädel, ich sage Dir immer wieder das eine,
mache dort nicht mehr zuviel und schone Dich mit der Arbeit, denn es geht Dir
niemand nach, der Dich treibt, und wenn Du Deinen Laden so in Ordnung hast, daß
Ihr drin leben könnt, so ist das doch recht. Die Schuhe sind sicherlich
inzwischen bei Dir angekommen.
Mit
dem Geld ist das schon in Ordnung. Die Angelegenheit mit der Frau hat sich auch
erledigt. Am Sonntag bin ich mit
unserem Postwagen hinübergefahren nach Lille. Graser war mit seiner
Kommandantur nach Belgien gefahren und kam erst am Abend wieder. Dann bin ich
mit Thomas zusammen gewesen und war auch in unserem Stammhaus, wo ich auch zu
Mittag gegessen habe. Auch meine übrige Verpflegung habe ich dort eingenommen.
Bei Graser habe ich geschlafen, so daß ich also in jeder Weise versorgt war. Am Nachmittag war ich
mit Thomas zum Kaffee eingeladen bei einer bekannten Familie, und am Abend
waren wir nochmals zum Kaffee bei Laurens. Der führte uns ein Kino vor, und
zwar Tonfilm. Ich muß schon sagen, das ist ja ganz groß so in der Wohnung ein
Tonfilm. Es sind zwar keine großen Sachen, die dort gemietet werden können,
aber immerhin, es ist schon fabelhaft.
Gestern waren wir am Vormittag auch schon beieinander, nach dem Mittagessen
sind wir an der Zitadelle gewesen und haben uns Abbrucharbeiten angesehen, die
dort im Gange sind, und anschließend waren wir zu einem Fußballspiel gegangen.
Es spielten zwei Soldatenmannschaften gegeneinander.
Es
war nicht gerade sehr überragend, aber der Nachmittag ist so auch herumgegangen
und das Wetter hat schön ausgehalten. Hier bei uns hat es geregnet, wie ich
heute feststellen mußte.
Heute
bin ich hier wieder im Kino gewesen. Es wurde gespielt „Unser kleiner Junge.“
Der Film ist zwar nicht überragend, aber man konnte sich ihn ansehen.
Dann
lief noch ein Kulturfilm dazu über „Münster“. Unter anderem war da auch vom
Tollen Bomberg die Rede. Dabei mußte ich an das Buch denken, was wir früher
einmal gelesen hatten. Dann kam noch die Wochenschau, dabei konnte man den
Kampf von Fallschirmjägern in Griechenland sehen, das war ganz fabelhaft.
Du
könntest mir noch eine große Tube Zahnpasta senden, außerdem hatte ich noch
eine Zahnbürste daheim gelassen, die Du mir schon früher einmal zugedacht
hattest. Auch diese kann ich jetzt
gebrauchen. Ich habe mir hier Zahnpasta kaufen lassen, das war ein Dreckzeug
und ist nicht zu gebrauchen. Dabei handelt es sich um Markenware. Ich weiß nicht, ob die Ware so lange
gelagert hatte, denn da hatte sich die Masse und das Wasser schon voneinander
geteilt. Von hier ist als Besonderheit zu melden, daß ein Teil der
Bergarbeiter, die unter Tage arbeiten, streiken. Über die Gründe sich hier
auszulassen, ist nicht der Platz. Der Hilfszug mit Arbeitern allein schafft es
auch nicht mit der Ernährung der Bevölkerung. Politische Gründe spielen auch dabei
eine gewichtige Rolle.
Das
Wetter ist früh hier immer sehr neblig. gegen Mittag oder Nachmittag klart es
sich dann meistens auf. Für diesmal
sende ich Dir viele Grüße und Küsse.
Unseren
Kindern sende ich ebenfalls viele Grüße und Küsse, und ich Danke ihnen nochmals
für den schönen Brief und das schöne Bild. Dir nochmals viele Grüße sendet Dein
Ernst
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