Meine
liebe Annie! 16.5.41
Gestern
habe ich in meinem Brief vergessen zu vermerken, daß ich wieder 2 Päckchen mit
Schokolade und zwar Nr. 5 und 6 an Dich zur Absendung gebracht habe. Ich hoffe,
daß Dich alles gesund antrifft und daß Du Dich darüber freust. Post erhielt ich
keine, doch Dein Brief wird sich etwas verspätet haben. Wie Ich Dir schon
schrieb, bin ich ins Kino gegangen. Es wurde ein Kriminalfilm gezeigt, „Der 4.
kommt nicht“. Ich muß sagen, daß das ein guter Film war und vor allem nicht so,
wie es meist dabei zugeht. Für diese
Woche ist es nun aus mit der Unterhaltung. Jetzt lese ich wieder in meinen
Büchern. Das zweite Buch habe ich auch bald fertig. Wir bekommen hier ja noch
unsere Tageszeitung und am Ende der Woche trifft auch immer „Das Reich“ ein.
Man verkümmert dabei nicht ganz und gar.
Heute
habe ich nun, nachdem ich schon über 14 Tage hier bin, meinen Platz im Büro
bekommen. Der Sonderführer, der vorher noch mit im Zimmer war, ist rausgezogen.
Jetzt ist noch der Unteroffizier und der Gefreite bei mir.
Vorhin
habe ich Deinen Brief vom 11./12. erhalten. Diesmal war er sehr lang, so daß
ich wieder etwas zu lesen hatte. Da habt Ihr also das „Mensch ärgere Dich nicht
Spiel“ herausgeholt, das noch von uns stammt.
Ja, da will ich nur dazu feststellen, daß ich das selbst gemacht hatte.
Ich hatte mir ein Muster besorgt und hatte es nach diesem abgezeichnet.
Ja,
von der Eröffnung des deutschen Theaters in Lille hörte ich schon bei meinem
letzten Besuch. Dann war in unserer Frontzeitung ein Artikel, den ich mir
aufgehoben habe, weil ich ihn Dir mit senden wollte. Wegen den Büchern habe ich Dir ja schon gestern geschrieben.
Da
ist ja der Zweck erreicht, wenn Du Freude an dem regelmäßigen Posteingang hast.
Ich sehe auch zu, daß ich ziemlich jeden Tag schreiben kann. Es muß schon
einmal wirklich nicht gehen, wenn ich nicht schreibe. Durch das Stenographieren
kann ich ja ohne viel Anstrengung mehr schreiben wie das früher der Fall war.
Ich glaube, daß Dir das Lesen keine Schwierigkeiten bereitet.
Über
unsere geistige Betreuung, die wir hier erfahren, habe ich Dir schon in meinen
letzten Briefen Auskunft gegeben. Am nächsten Mittwoch wird hier von KDF ein
Theaterstück von Kotzebue aufgeführt „Wirrwarr.“ Ich werde sicher hingehen. Die meiste Schokolade ist ja nun
unterwegs. Die in der weißen Packung
soll Gesundheitsschokolade sein. Wieso und warum das welche ist, weiß ich zwar
nicht, aber es steht darauf. Du kannst mir dann einmal mitteilen, wie sie
geschmeckt hat.
Nun
haben die Kinder den Nikolausbrief wieder herausgekramt. Das ist gar nicht so
schwer, ihn zu schreiben, wenn man sich nur hineindenkt, was die Kinder hören
wollen und wenn man weiß, was nötig ist zu sagen. Wenn er ihnen gefällt, sollen
sie ihn nur gut aufheben, damit sie wissen, wie man es machen muß und was der
Nikolaus sagt.
Mit
dem Wetter ist es fast so wie bei uns nur mit dem Unterschied, daß wir bis
jetzt schon viel schönes Wetter hatten. Gestern hatte es geregnet und
heute ist wieder schönes Wetter gewesen.
Es ist zwar auch noch verhältnismäßig kühl. Wenn Vater also seine Hacke weggekommen
ist, braucht er sich tatsächlich nicht zu wundern. Man kann doch seine Sachen
nicht den ganzen Winter über draußen liegen lassen. Weiter braucht er sich auch
nicht zu wundern, wenn der Feldhüter sich darum kümmert, daß sein Garten noch
nicht bestellt ist. Ich denke, er wollte sich Urlaub geben lassen. Soll er es
doch einmal wahr machen und sich dafür ein paar Tage frei nehmen, dann ist das
doch halb so schlimm für ihn. Er hat es ja dann gar nicht nötig, sich nach
Feierabend hinzustellen. Ich weiß aber, daß da alles Reden nicht viel
nützt.
Dein
Päckchen, das Du am 9.5. ab gesandt hast, habe ich heute auch erhalten. Ich
will es erst daheim öffnen. Über den Inhalt weiß ich also noch Bescheid. Ich danke
Dir jedenfalls im voraus, ich sollte Dir erst nämlich den Kopf waschen, weil Du
Dir so ohne Vorankündigung ein Päckchen zugehen läßt.
17.5.
früh
Gestern
Abend habe ich in meiner Wohnung Dein Päckchen aufgemacht. Ich Danke Dir herzlich
für das gesandte Gebäck. Ich werde es so verbrauche, wie Du es mir geschrieben
hast. So zwischendurch ißt man ganz gern einmal etwas, vor allem, wenn man abends
in seiner Bude sitzt und liest. Nochmals herzlichen Dank für alles.
Nach
dem Abendessen hatte ich mit einem Kameraden noch einen Spaziergang gemacht.
Soweit das hier möglich ist. Das Wetter war ganz schön, und wenn man den ganzen
Tag im Zimmer sitzt, tut einem das schon ganz gut, wenn man an die Luft kommt.
Als ich dann heimkam, habe ich noch Zeitung gelesen und dann noch im Buch bis es
so gegen 11 Uhr war. Jetzt fängt nun
wieder der Dienst an. Schon wieder ist eine Woche um und morgen haben wir
Sonntag. Euch allen sende ich recht
herzliche Grüße und Küsse. Ich bitte Dich, gib unseren beiden Stromern jedem
wieder einen herzhaften Kuß. Du selbst nimm mehrere Davon entgegen von Deinem
Ernst.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen