Mittwoch, 12. August 2015

Brief 53 vom 29.8.1940


Mein lieber Schatz!                                                                 O.U., den 29. August 1940

Die Post hat es heute wieder einmal ganz gut mit mir gemeint. Drei Briefe sind auf einmal wieder angekommen und zwar die vom 23., 24., und 25. Das darin enthaltene Geld habe ich ebenfalls dankend empfangen. Es ist direkt erstaunlich, wie du das wieder so fein fertiggebracht hast und ich danke Dir bestens dafür. Den Anzug werde ich nun heute abholen und den Rest bezahlen. Damit ist auch diese Angelegenheit abgeschlossen. Ich freue mich, daß ich dann wenigstens wieder einen Anzug habe, denn es war ja bald notwendig, daß ich für meinen, den ich daheim noch im Schrank habe, einen anderen bekommen hätte. Für einen weiteren habe ich ja noch Stoff da, so daß ich in dieser Beziehung, wenn ich wieder gesund heimkommen sollte, vorerst keine Sorgen zu haben brauchte.
Was nun unsere Wohnung anbelangt, so hast Du Dich für manches wieder interessiert. Die Reinigung der Wohnung versieht eine Frau, die wir durch den hiesigen Bürgermeister haben anstellen lassen, der dann auch für die Bezahlung zu sorgen hat. Wir geben ihr von uns aus jede Woche noch etwa 50 Pfennig für das Putzen der Schuhe,  damit das nicht ganz so schäbig aussieht. Die Besorgung unserer Wäsche übernimmt auch diese Frau und die bezahlen wir besonders. Die Frau hat am Vormittag einige Stunden zu tun, wenn das ganze Haus wieder einmal gereinigt wird, sind noch einige Frauen mehr beschäftigt. Doch dies überlassen wir alles dem Büro des Bürgermeisters. Bis jetzt ist dieses Verfahren ganz gut gegangen, doch unser Haus soll uns jetzt streitig gemacht werden. Ich muß vorausschicken, daß wir im Kriege leben und daß da andere Gesetze gelten. Unser Haus ist vor einigen Tagen vom Quartieramt gewaltsam geöffnet worden, weil für verschiedene Offiziere, die hier eingetroffen sind, Quartier gemacht werden sollte. Wir haben nun jetzt so ziemlich alles in Ordnung und wir hatten uns anfänglich gesträubt. Unser Chef hat nun neben seinem Haus ein weiteres Haus frei und uns dieses zur Benutzung angeboten. Wir haben uns dies angesehen, es ist viel komfortabler eingerichtet wie unser jetziges, doch ist die Badeeinrichtung nicht so schön wie unsere jetzige. Wir sind uns nun noch nicht ganz schlüssig, ob wir umziehen. Sofern uns diese noch etwas verbessert wird, werden wir einen nochmaligen Umzug auf uns nehmen, aber dann ist es Schluß damit. Man kommt sich sonst bald wie ein Zigeuner vor. Ich werde Dir dann wieder von unserer Entscheidung berichten.
Was Deinen Garten anbelangt, so freue ich mich jedes Mal, wenn ich lese, was Du alles wieder geerntet hast. Es hilft Dir doch in Deiner Haushaltungsführung wieder eine ganze Menge mit, vor allem, wenn Du wieder etwas für den Winter aufheben kannst. Was nun die Erdbeeren anbelangt, so ist es unwesentlich, wo Du sie hin setzt. Es spielt auch keine so große Rolle, ob sie etwas später rein kommen, denn die haben noch Zeit zum Anwachsen.
Sein Du nun wieder recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deinem Ernst. Eins habe ich aber noch vergessen, Dir mitzuteilen. Ich bin jetzt mit Rückwirkung auf 29.6.40 zum Beamten auf Kriegsdauer ernannt worden. Die Urkunde darüber schließe ich bei, lege sie bitte mit zu den anderen Akten.

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