Mittwoch, 12. August 2015

Brief 44 vom 12.8.1940


Meine Liebe!                                                        O.U. , den 12. August 1940

Die letzten Tage hatte ich leider vergeblich auf einen Brief von Dir gewartet, doch heute bin ich dafür wieder reichlich entschädigt worden. Es trafen ein: Deine beiden Päckchen vom 3.August mit dem beigefügten Brief, Dann Deine Zeitungssendung mit dem beigefügten Brief vom 8. und die weiteren Briefe vom 7. und 9. Außerdem kam noch der Brief von Helga an, über alles habe ich mich herzlich gefreut. Ich bin es nun von unserer Post gewöhnt, daß sie ruckweise arbeitet. Man muß sich dann die Briefe der Reihenfolge nach vornehmen, dann geht auch wieder alles in Ordnung. Wenn dann einmal ein kürzerer Brief dabei ist, fällt das sowieso nicht so sehr auf.
Gefreut hat es mich, als Du den Wunsch geäußert hast, daß ich zu Deinem Kostüm eine Bluse kaufen soll. Dein Wunsch soll Dir erfüllt sein. Ich habe mich heute schon darnach umgesehen und schon vieles gesehen, was mir evtl. zusagen würde. Ob es dann Deinem Geschmack entspricht, mußt Du dann sehen. Ich weiß zwar nicht, wie die Röcke beschaffen sind im Farbton, doch ich denke, wenn ich eine Mittelfarbe wähle,  wird es schon klappen. Die Überraschung wirst Du dann ja erleben. Zudem bin ich ja nicht daheim, so brauche ich dann nicht Dein langes Gesicht sehen, wenn Du das Päckchen auspackst.
Weiter teilst Du mir in Deinem Schreiben mit, daß Du die Sachen anprobiert hast und daß alles paßt. So etwas freut mich, ist das nicht fein? Was du mir bezüglich Siegfried schreibst wegen der Schuhe, so kann ich Dir nur sagen, daß ich ja diesen Plan schon lange im Auge gehabt habe und zwar auch wegen der anderen Sachen. Das geht durchaus in Ordnung.
Was Du mich wegen der Düngung der Erdbeeren fragst, so kann ich Dir dies dahingehend beantworten, daß es nicht unbedingt erforderlich ist, vor dem Setzen zu düngen. Man kann dies vor Eintritt des Winters durch Abdecken mit Mist tun.
Über den Brief von Helga habe ich mich auch sehr gefreut, weil sie so ursprünglich schreibt und alles noch so kindlich. Ich werde ihr bald bei Gelegenheit wieder schreiben.
Ja der Eberhard hat es nun auch wieder geschafft. Diese Herrschaften fallen immer wieder die Treppe rauf. Ich kann ja schließlich auch nicht klagen und bin auch soweit zufrieden. Hoffentlich kommst Du mit Deinen Kohlen aus. Du hast doch noch Holz da, was Dir auch noch mithilft.
Jörgs Wunsch als Geburtstagsessen war ja wirklich bescheiden, aber das ist nun einmal seine Lieblingsspeise mit.
Ich habe hier einige Briefmarken beigefügt, die ich mir erstanden habe. Wenn Du Kuster siehst, kannst Du sie ihm ja einmal zeigen und ihn fragen, ob er für so etwas Interesse hat. Es gibt noch verschiedenes andere in französischen Marken. Ich habe dafür etwa 50 Pfg. bezahlt. Du kannst aber von ihm dann ohne Weiteres 80 Pfg. verlangen. Du weißt schon wie Du das anstellen mußt.
Außerdem habe ich Dir heute noch eine wichtige Mitteilung zu machen. Unsere Verpflegung, die wir bisher, außer dem Mittagsessens, immer frei einnehmen konnten und die wir auch immer selbst bezahlen mußten, hat eine Umänderung erfahren. Wir erhielten bis vor wenigen Tagen täglich 5.50 RM Verpflegungsgeld und außerdem noch unseren Wehrsold, der bei mir, wie ich Dir ja früher schon mitteilte, täglich 1,8o RM beträgt. Das ganze Verpflegungsgeld ist uns nun gestrichen worden und für alle Mahlzeiten werden uns Gutscheine gegeben, die dann die Wehrmacht wieder einlöst. Wir haben also mit dem Essen keine Sorge mehr. Bei dieser Gelegenheit ist uns aber auch die Sparbüchse zugemacht worden, die für uns immer ganz einträglich war, wenn man sparsam gelebt hat. Von dem ist nun alles nichts mehr.
Ich habe mir hier nun einen Anzug bauen lassen, an dem ich bei der jetzigen Dekade 25 RM zahlen wollte. Damit wird es nun Essig. Meine Schulden betragen dort noch 50 RM. Ich möchte dich nun bitten, daß Du mir mit in einem Brief eingeschlossen, meinetwegen in kleineren Beträgen zusammen 20 RM übersendest. Für den Rest kann ich dann ohne weiteres aufkommen. Ich glaube auch, daß ich Dich dann nicht weiter in Anspruch nehmen muß, weil ich wahrscheinlich mit meinem Gelde auskommen werde. Sei aber vorsichtig mit dem Umschlage. Ich bin nur froh, daß ich mich mit dem Kaufen nicht weiter übernommen habe, denn sonst wäre ich jetzt schön pleite.
Heute hätte ich sonst nichts weiter zu berichten. Ich grüße Euch alle wieder recht herzlich und sende Euch ebenfalls wieder viele Küsse, Du aber kommst wieder besonders dran und zwar sendet Dir alle noch einmal extra Dein Ernst.

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