Meine liebe Frau! O.U.
den 18.8.1940
Nun habe ich hier bereits solange
zugebracht, wie ich aktiv bei der Truppe im Protektorat war. Bei dem Tempo hier
merkt man sich kaum noch die Wochen, nur wenn man sich wieder einmal genau
erinnert oder im Kalender nachsieht. Wenn ich unseren Postkalender wieder
vervollständigen soll, so kann ich wieder mitteilen, daß für mich heute wieder
nichts dabei war.
Gestern hatten wir hier von der
Oberfeldkommandantur, der ich ja auch angehöre, in einem hiesigen Hotel
Kameradschaftsabend. Wir haben da einmal ganz nach französischer Art gegessen.
Erst eine Vorspeise (hors d`oeuvre), die aus 5 - 6erlei kleineren Sachen
bestand. Dann als Hauptspeise Hahn (Poularden) und geröstete Kartoffeln (pommes
frites) als Nachspeise Gales, dann noch zwei Stückchen Kuchen. Zu allem noch
zweierlei Wein, den wir uns dann nach Bedarf bestellt haben. Mit meinem
Kameraden, mit dem ich auch im Amte jetzt zusammen arbeite und wohne, habe ich dann
noch eine Flasche Sekt getrunken. Der ganze Spaß ist aus den Erträgnissen
unserer Dienststelle (O.F.K.), die diese aus der Kantine gezogen hat,
bestritten worden. Zu allem war dann noch eine dezente Musik, so daß alles
einen ganz offiziellen Charakter bekommen hatte. Es war alles in allem ein
ausgezeichneter Abend, soweit man so in einem fremden Lande in Kriegszeiten von
einer derartigen Veranstaltung sprechen kann. Bedauerlich ist nur, daß ich seit
einigen Tagen ein Schnupfen und Katarrh habe, der mir bei den augenblicklich
heißen Tagen sehr zu schaffen macht.
Wie ich schon vor wenigen Tagen berichtet,
wollte ich mit meinem Kameraden Dr. Thomas ein neues Heim beziehen. Seit
gestern haben wir uns in unserer neuen Behausung niedergelassen. Für mich
bedeutet diese Veränderung in mancher Hinsicht eine Verbesserung. Ich habe mein
Schlafzimmer, nebenan ein Bad für mich, das ich allerdings jetzt nicht benutzen
kann, weil der Warmwasserspeicher vom Küchenherd aus gespeist wird,. Dieser
Herd ist jetzt nicht in Betrieb, so benutze ich jetzt das Bad meines Kameraden,
der einen Gasbadeofen hat. In hygienischer Hinsicht ist dies doch ohne Zweifel
eine Verbesserung. Dann haben wir uns
noch ein gemeinsames Zimmer einrichten lassen, dem gleichzeitig noch ein Salon
angeschlossen ist. Eine Garderobeablage und eine Küche sind auch noch da. Es
hat jeder noch ein Schreib- oder Arbeitszimmer. Das reicht doch!
Den zweiten Stock haben wir ungenutzt
gelassen, es kann sein, daß wir noch ein Bett dort oben herrichten lassen,
damit, wenn Siegfried einmal kommen sollte, er hier gleich mit schlafen kann.
Alles ist aber nicht so schön, als daß einem damit die Heimat ersetzt wäre.
Von Siegfried erhielt ich gestern einen
Brief mit den angekündigten Bildern. Du siehst ja sehr nobel in Deinem Kostüm
aus. Ich kann Dir nur dazu gratulieren. Auch die Aufnahmen von den Kindern sind
ganz gut geraten. Ich habe mich sehr über die Aufnahmen gefreut, vor allem, wo
ich gesehen habe, daß Du Dir auch einmal etwas Neues zugelegt hast. Sei Du
liebes Mädel herzlich gegrüßt und geküßt von Deinem Ernst.
Unseren beiden Stromern je einen herzlichen
Kuß.
Mein liebes Mädel! O.U. den 19.8. 1940
Ausgerechnet am 13. mußte mein Brief vom
5.8. bei Dir eintreffen, in dem ich so massiv zu Dir geworden bin. Wie Du ja
aus meinen folgenden Briefen ersehen hast, bin ich ja nicht nachträglich. Daß
Du das gemerkt hast, ersehe ich nun aus Deinem Brief vom 14., der ebenfalls
heute bei mir ankam. Ich habe mich in der Zwischenzeit nicht geändert, denn
wenn ich meine Meinung Dir klargemacht habe, so ist die Angelegenheit für mich
erledigt. Ich bin also immer noch der Alte.
Oder heißt es Euer oder Dein Alter? Es
bleibt sich ja alles gleich. Du brauchst durchaus keine Angst zu haben, daß ich
etwas nachtrage, denn ich weiß ja, wir haben uns verstanden.
Deine beiden Briefe haben mich sehr
gefreut und Du hast Dich in jeder Beziehung gerechtfertigt. Nachdem Du den Wein
nicht trinken willst und Dich jetzt dafür an das Obst hältst, so freut es mich,
daß Du doch auch etwas für Dich tust.
Es ist ja auch nicht unbedingt notwendig,
daß Du Ersparnisse machst. Hoffentlich habe ich Dich durch meine Anforderung
vom 20,-RM nicht überbeansprucht. Für die gesandten Postkarten danke ich Dir
recht sehr; vor allem die Dieter-Karten. Ich werde sie in meinem Zimmer hier
festmachen, so habe ich doch immer ein Stückchen von dem vor Augen, wo Ihr
seid. Man kann sich alles so viel besser vergegenwärtigen. Es ist einem direkt
eine Erholung, wenn man so ordentliche von unserer sauberen Stadt und auch
Umgegend ansieht und dabei mit den hiesigen Verhältnissen vergleicht. Ja hier
sieht man erst, wie schön es bei uns ist. Hier alles so verrußt, dreckig,
verwahrlost und vertrottelt. Wenn man nicht wüßte, daß man hier für Deutschland
auf Vorposten steht, so könnte man mit dem Schicksal hadern, das einen für
längere Dauer hierher verschlagen hat. Wir sind nun hier notwendig und tun hier
unsere Pflicht. Wenn es dann hieße, nach England, mit Freuden wäre ich dabei,
weil dies für uns alle ebenfalls eine Notwendigkeit ist. Der Engländer muß
etwas abbekommen und wenn ich auf meine Art davon etwas mit abbekomme zum
Helfen, so bedeutet dies für mich eine Genugtuung. Ich schreibe dies nicht aus
einem verblendeten Haß heraus, sondern ich betrachte dies auch als eine
politische Notwendigkeit. Ich brauch Dir dies ja alles nicht noch
auseinandersetzen, denn Du weißt ja, dies alles selber, wie die anderen Deutschen
auch.
Morgen werde ich das Päckchen mit der
Bluse, die ich heute für Dich zu Deinem Geburtstag gekauft habe, abschicken.
Ich werde Dir noch eine weitere kaufen, hoffentlich sagt sie Dir zu und paßt Dir und zu Dir und zu Deinem Kostüm. Ich
kann dies ja auch nicht immer so genau beurteilen. Heute hat ja Vater übrigens
auch Geburtstag gehabt. Es hätte mich gefreut, wenn meine Päckchen bis heute da waren. - Ich bin nun wieder am Ende
meiner Kunst und auch meines Briefes. Ich wünsche Dir wieder eine gute Nacht
und grüße und küsse Euch gleichzeitig. Besondere Grüße sendet Dir nochmals Dein
Ernst.
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