Meine liebe Annie! O.U., den 15.8. 1940
Als ich heute Deinen lieben Brief vom 8. erhielt, habe ich mich
doch sehr gefreut. Ich habe aus ihm ersehen, daß mein Einzelpäckchen bei Dir
angekommen ist. Es freut mich vor allem wieder, daß alles paßt und daß Dir
alles zusagt. Sogar die Socken passen. Ich hätte selber kaum geglaubt, daß ich
so ein gutes Augenmaß habe. Die Sachen für Dich wäschst Du ja erst einmal
durch, ehe Du sie in Gebrauch nimmst. Ja ich bin selbst gespannt, wie Du in all
den Sachen aussiehst.
Wenn Du von dem Kaffee an Vater noch
abgibst, so habe ich durchaus nichts dagegen. Das stelle ich ganz und gar in
Dein Ermessen. Wenn ich in meinem Schreiben vom 4. zu massiv geworden sein
sollte, so bitte ich Dich vielmals um Entschuldigung, denn so schlimm hatte ich
dies ja gar nicht gemeint. Es ist ja so, daß man hier in dieser Umgebung viel
mehr Stimmungen unterworfen ist wie daheim. Wenn man sich dann am Abend oder
auch sonst am Tage hinsetzt zum schreiben, so bist Du nur der einzige Blitzableiter,
an den man sich wenden kann.
Heute am Abend konnte ich hier mit
ansehen, wie aus unserer Gegend etwa 35 - 40 Flugzeuge ihren Flug nach England
antraten. Ich kann Dir sagen, das ist dann doch ein imposantes Bild, wenn so
viele losziehen. Ein Herr, der heute in Dünkirchen war, hat mir gesagt, daß es
in Richtung England heute den ganzen Nachmittag gebrummt hat. Denen da drüben
wird nun auch eingeheizt. Morgen werden wir ja hören, was es heute gegeben hat.
Von Dir gingen heute noch Zeitungen ein
und von dem Herrn Naumann, der Dir die Bilder von Köln sandte, auch ein Brief.
Ich könnte also nicht klagen, daß niemand an mich dächte.
Dich grüße und küsse ich wieder recht herzlich. Ich bitte Dich, unseren
beiden Stromern wieder einen herzlichen Kuß zu geben. Grüße Vater von mir und
denke Du auch weiterhin an Deinen Ernst.
Mrin liebes Mädel! O.U. den 16.August 1940
Ab heute werde ich nun die postfreien Tage
einführen. Du kannst zwar nichts dafür, denn das liegt ja an der Feldpost ganz
allein, doch man freut sich doch, wenn man, wie ich ja immer wieder sehe, jeden
Tag geschrieben bekommt, dies auch so ziemlich jeden Tag erhalten würde. Ich
habe mich zwar nun daran gewöhnt und die höheren Stellen werden sich wohl auch
kaum für unseren Fall interessieren und die Post in der bisherigen Form weiter
laufen lassen. Ich will ja nicht verkennen, daß auch von Dir wieder Zeitungen
eingegangen sind, die schließlich auch einen Gruß von Dir bedeuten.
Ich habe auf den mir zur Verfügung
gestellten Absender drei Päckchen heute Abend fertig gemacht. In einem ist
wieder Kaffee enthalten. Das zweite enthält Seifenflocken, Persil und zwei Taschentücher für Dich. In
das dritte Päckchen habe ich Schokolade gepackt. Wenn Ihr die große Tafel
Schokolade nicht essen wollt, so könnt Ihr sie immerhin zum Kochen verwenden.
Die Tafel kostet 21 Pfg. Ich habe davon noch einige auf Vorrat.
Ich wünsche, daß alles wieder gut bei Euch
ankommt. Inzwischen sind sicher auch die vorhergehenden Päckchen bei Euch
eingetroffen. Man freut sich immer wieder, wenn man für Euch etwas fertig
machen kann, damit Ihr doch auch von dem teilhabt, was ich hier gekauft habe.
Unseren Umzug werden wir wahrscheinlich
morgen oder übermorgen vornehmen. Dann müssen wir einmal sehen, wie sich dort
alles anläßt. Die Handwerker sind noch im Haus, die alles herrichten. Auch
Putzfrauen haben wir angestellt, die dafür sorgen sollen, daß alles
einigermaßen in Ordnung kommt. Als ich gestern Abend dort war, hatten sie schon
verschiedenes hergerichtet, so daß es schon ziemlich wohnlich aussah.
Am 17. früh.
Heute Nacht ist es wieder unruhig bei uns
gewesen. Wir hatten gegen 4 Uhr Fliegerbesuch und es ist auch nach ihnen
geschossen worden. Daß die über die Stadt fliegen habe, ich noch selten gehört,
meistens fliegen sie in der Umgebung oder in den Außenbezirken. Es war interessant,
wie dann nach einiger Zeit die Sprengstücke bei mir durch die Bäume gefallen
sind. In nächster Nähe meines Hauses muß eine Batterie gestanden sein.
Ich grüße und küsse Euch alle recht
herzlich und bitte Dich, denke auch immer wieder an Deinen Ernst.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen