Meine liebe Annie! O.U., den 27.8.1940
Deine beiden lieben Briefe vom 20. und 21.
kamen heute an. Du bestätigst mir in diesen Briefen den Empfang der Päckchen
und daß alles was ich Dir gesandt habe, Dich erfreut hat. Wenn Du nun dies mitteilst,
so weiß ich, daß ich alles richtig gekauft habe und bin Dir nicht einmal böse,
wenn Du mir ein Lob erteilst, daß ich einen guten Geschmack hätte. Ich will
deshalb auch nicht weiter schimpfen, wenn Du mir etwas mehr Geld schickst, wie
ich angefordert habe. Wie ich Dir schon gestern mitteilte, werde ich es schon
zweckmäßig verwenden. Ja weißt Du, für gutes Geld kann man schon gut kaufen.
Ich habe früher auch schon gewußt, was mir gefällt, doch bei unseren Einkünften
war es ja nicht möglich, etwas derartiges zu kaufen. Für franz. Verhältnisse
sind die beiden Schals sehr teuer, es waren eigentlich die teuersten, die ich
hier gesehen habe. Weil sie mir aber gefielen, habe ich sie für Dich erstanden,
weil ich dachte, daß Du auch einmal was
Schönes haben sollst.
Am Anfang des Monats gehen dann wieder
verschiedene Päckchen an dich ab. Ich habe ja im vergangenen Monat nur durch
Zufall mehr senden können wie eigentlich gestattet ist.
Den Mist für die Erdbeeren brauchst Du
noch nicht zu holen, damit warte nur so lange, bis ich zu Euch in Urlaub kommen
kann, denn ich hoffe bestimmt, daß dies vor Eintritt des Winters noch vom
Stapel läuft.
Die Briefmarken sollst Du K. nur zeigen,
wenn er dafür Interesse hat, soll er es mir mitteilen.
Daß Du das Geld gleich in diesen
Kassenscheinen gesandt hast, zeigt, daß Du immer noch so findig und aufmerksam
bist wie früher. Ich danke Dir also nochmals bestens dafür. Bis heute habe ich
15,-RM erhalten.
Für die gesandten Bilder, die unsere
beiden Stromer wieder verfertigt haben, danke ich auch vielmals. Daß sie mich
auch gerne haben, freut mich ungemein, man sieht doch daraus, daß sie auch an
mir hängen.
Heute möchte ich Schluß machen, denn in
der Kaserne wäre eigentlich schon lange Zapfenstreich. Sei Du mein liebes Mädel
vielmals recht herzlich gegrüßt und geküßt (leider nur im Geiste) von Deinem
Ernst.
Meine liebe kleine Annie! Mein liebes
Geburtstagskind ! O.U., den 28.
August 1940
Nun kommt der letzte Familiengeburtstag
heran und das ist Deiner, meine liebe Annie. Alle Geburtstage haben wir in
diesem Jahr nicht beieinander verleben können und nun auch Deinen nicht. Ich
möchte es deshalb versuchen, meine Wünsche und auch meinen Dank zu Deinem 29.
Geburtstage zu übermitteln. Ich wünsche dir, daß Du uns auch im kommenden Jahre
weiterhin gesund bleibst. Wir haben schon immer erkannt, daß für uns die
Gesundheit das wichtigste ist, darum setze ich dies auch voran. Daß Du mir
während der Dauer meiner Abwesenheit die Treue hältst, darüber habe ich keine
Stunde einen Zweifel gehabt, ich brauche in dieser Beziehung also keine
Wünsche äußern. Ich weiß ebenfalls, daß
Du mir, sofern ich im kommenden Jahre wieder daheim sein sollte, eine liebe und
gute Kameradin bist, die ihre Arbeit immer gewissenhaft erfüllt hat. Unseren
Kindern warst Du bisher auch immer eine treusorgende Mutter und ich danke Dir,
daß Du Deine Aufgabe daheim in jeder Beziehung tatkräftig erfüllt hast. Ich
wünsch uns beiden, daß wir in naher Zukunft wieder einmal beieinander sein
können, damit wir uns über die vielen Fragen, die sich in der Zwischenzeit
angesammelt haben, wieder einmal aussprechen können. Daß ich nun gleich für
immer heimkommen kann, ist ja bei der gegenwärtigen noch unabgeschlossenen Lage
unmöglich. Vielleicht wäre aber einmal ein Urlaub möglich. Sobald wir hier für
den Urlaub zugelassen werden, bin ich einer der ersten, der dabei
berücksichtigt werden soll. Ich werde mein möglichstes tun, um wieder einmal
für Tage bei Euch sein zu können. Ich bedauere nur, daß es nicht möglich ist,
daß ich zu Deinem Geburtstage da sein kann. Wir haben uns nun schon durch
vieles hindurchgebissen, wir werden auch noch darüber hinwegkommen. Wenn ich
nun schon einmal vom Urlaub rede, so wünsche ich, daß wir uns alle auch gesund
wiedersehen.
Nun habe ich viele Wünsche übermittelt,
doch wenn ich sie so ansehe, sind es eigentlich meistens welche für mich und es
sieht bald so aus, als ob ich Geburtstag hätte. Du weißt ja, daß ich von Natur
aus nicht so egoistisch bin und doch immer
nur wieder an Euch, meine Lieben daheim, denke.
Mit den Geschenken selbst ist das ja nicht
so einfach. Ich habe Dir in letzter Zeit verschiedene Sachen zugehen lassen und
habe auch versucht, Dir Deinen Wunsch zu erfüllen. Die Bluse, die Du Dir
gewünscht hast, ist ja bereits seit 20. unterwegs und ich hoffe, daß sie noch
rechtzeitig bei Dir eintrifft. Weitere zwei Blusen habe ich Dir noch gekauft,
damit Du darin keinen Mangel hast. Ich werde sie Dir gleich am Anfang des
Monats zugehen lassen. Ebenfalls die Wolle. Es ist zwar keine blaue aber ein
schönes Kupferrot. Ich hoffe, daß Du Dich ebenfalls darüber freuen wirst. Sollte
ich noch schöne blaue erhalten, so werde ich noch welche kaufen. Betrachte dies
alles dann als Geburtstagsgeschenk. Zwei Schürzen habe ich Dir gleichfalls noch
besorgt, denn ich denke, daß Du sie gebrauchen kannst.
Mein liebes Mädel, ich versichere Dir, daß
am Tage Deines Geburtstages ich immer an Dich denken werde, wie ich ja auch
bestimmt weiß, daß Ihr meiner gedenkt. Verlebe Du diesen Tag recht gesund, sei
Du aus diesem Anlaß besonders herzlich gegrüßt und vielmals geküßt (was man ja
leider nur schriftlich tun kann) von Deinem Ernst.
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