Mittwoch, 12. August 2015

Brief 52 vom 27./28.8.1940


Meine liebe Annie!                                                                  O.U., den 27.8.1940

Deine beiden lieben Briefe vom 20. und 21. kamen heute an. Du bestätigst mir in diesen Briefen den Empfang der Päckchen und daß alles was ich Dir gesandt habe, Dich erfreut hat. Wenn Du nun dies mitteilst, so weiß ich, daß ich alles richtig gekauft habe und bin Dir nicht einmal böse, wenn Du mir ein Lob erteilst, daß ich einen guten Geschmack hätte. Ich will deshalb auch nicht weiter schimpfen, wenn Du mir etwas mehr Geld schickst, wie ich angefordert habe. Wie ich Dir schon gestern mitteilte, werde ich es schon zweckmäßig verwenden. Ja weißt Du, für gutes Geld kann man schon gut kaufen. Ich habe früher auch schon gewußt, was mir gefällt, doch bei unseren Einkünften war es ja nicht möglich, etwas derartiges zu kaufen. Für franz. Verhältnisse sind die beiden Schals sehr teuer, es waren eigentlich die teuersten, die ich hier gesehen habe. Weil sie mir aber gefielen, habe ich sie für Dich erstanden, weil ich dachte, daß Du auch einmal was  Schönes haben sollst.
Am Anfang des Monats gehen dann wieder verschiedene Päckchen an dich ab. Ich habe ja im vergangenen Monat nur durch Zufall mehr senden können wie eigentlich gestattet ist.
Den Mist für die Erdbeeren brauchst Du noch nicht zu holen, damit warte nur so lange, bis ich zu Euch in Urlaub kommen kann, denn ich hoffe bestimmt, daß dies vor Eintritt des Winters noch vom Stapel läuft.
Die Briefmarken sollst Du K. nur zeigen, wenn er dafür Interesse hat, soll er es mir mitteilen.
Daß Du das Geld gleich in diesen Kassenscheinen gesandt hast, zeigt, daß Du immer noch so findig und aufmerksam bist wie früher. Ich danke Dir also nochmals bestens dafür. Bis heute habe ich 15,-RM erhalten.
Für die gesandten Bilder, die unsere beiden Stromer wieder verfertigt haben, danke ich auch vielmals. Daß sie mich auch gerne haben, freut mich ungemein, man sieht doch daraus, daß sie auch an mir hängen.
Heute möchte ich Schluß machen, denn in der Kaserne wäre eigentlich schon lange Zapfenstreich. Sei Du mein liebes Mädel vielmals recht herzlich gegrüßt und geküßt (leider nur im Geiste) von Deinem Ernst.


Meine liebe kleine Annie! Mein liebes Geburtstagskind !     O.U., den 28. August 1940

Nun kommt der letzte Familiengeburtstag heran und das ist Deiner, meine liebe Annie. Alle Geburtstage haben wir in diesem Jahr nicht beieinander verleben können und nun auch Deinen nicht. Ich möchte es deshalb versuchen, meine Wünsche und auch meinen Dank zu Deinem 29. Geburtstage zu übermitteln. Ich wünsche dir, daß Du uns auch im kommenden Jahre weiterhin gesund bleibst. Wir haben schon immer erkannt, daß für uns die Gesundheit das wichtigste ist, darum setze ich dies auch voran. Daß Du mir während der Dauer meiner Abwesenheit die Treue hältst, darüber habe ich keine Stunde einen Zweifel gehabt, ich brauche in dieser Beziehung also keine Wünsche  äußern. Ich weiß ebenfalls, daß Du mir, sofern ich im kommenden Jahre wieder daheim sein sollte, eine liebe und gute Kameradin bist, die ihre Arbeit immer gewissenhaft erfüllt hat. Unseren Kindern warst Du bisher auch immer eine treusorgende Mutter und ich danke Dir, daß Du Deine Aufgabe daheim in jeder Beziehung tatkräftig erfüllt hast. Ich wünsch uns beiden, daß wir in naher Zukunft wieder einmal beieinander sein können, damit wir uns über die vielen Fragen, die sich in der Zwischenzeit angesammelt haben, wieder einmal aussprechen können. Daß ich nun gleich für immer heimkommen kann, ist ja bei der gegenwärtigen noch unabgeschlossenen Lage unmöglich. Vielleicht wäre aber einmal ein Urlaub möglich. Sobald wir hier für den Urlaub zugelassen werden, bin ich einer der ersten, der dabei berücksichtigt werden soll. Ich werde mein möglichstes tun, um wieder einmal für Tage bei Euch sein zu können. Ich bedauere nur, daß es nicht möglich ist, daß ich zu Deinem Geburtstage da sein kann. Wir haben uns nun schon durch vieles hindurchgebissen, wir werden auch noch darüber hinwegkommen. Wenn ich nun schon einmal vom Urlaub rede, so wünsche ich, daß wir uns alle auch gesund wiedersehen.
Nun habe ich viele Wünsche übermittelt, doch wenn ich sie so ansehe, sind es eigentlich meistens welche für mich und es sieht bald so aus, als ob ich Geburtstag hätte. Du weißt ja, daß ich von Natur aus nicht so egoistisch  bin und doch immer nur wieder an Euch, meine Lieben daheim, denke.
Mit den Geschenken selbst ist das ja nicht so einfach. Ich habe Dir in letzter Zeit verschiedene Sachen zugehen lassen und habe auch versucht, Dir Deinen Wunsch zu erfüllen. Die Bluse, die Du Dir gewünscht hast, ist ja bereits seit 20. unterwegs und ich hoffe, daß sie noch rechtzeitig bei Dir eintrifft. Weitere zwei Blusen habe ich Dir noch gekauft, damit Du darin keinen Mangel hast. Ich werde sie Dir gleich am Anfang des Monats zugehen lassen. Ebenfalls die Wolle. Es ist zwar keine blaue aber ein schönes Kupferrot. Ich hoffe, daß Du Dich ebenfalls darüber freuen wirst. Sollte ich noch schöne blaue erhalten, so werde ich noch welche kaufen. Betrachte dies alles dann als Geburtstagsgeschenk. Zwei Schürzen habe ich Dir gleichfalls noch besorgt, denn ich denke, daß Du sie gebrauchen kannst.
Mein liebes Mädel, ich versichere Dir, daß am Tage Deines Geburtstages ich immer an Dich denken werde, wie ich ja auch bestimmt weiß, daß Ihr meiner gedenkt. Verlebe Du diesen Tag recht gesund, sei Du aus diesem Anlaß besonders herzlich gegrüßt und vielmals geküßt (was man ja leider nur schriftlich tun kann) von Deinem Ernst.

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