Meine liebe Annie! O.U., den 20.8.1940
Dein Brief vom 16.8. traf heute bei mir
ein und ich habe mich, wie über die
bisherigen Briefe auch, sehr gefreut. Ich habe aus ihm gelesen, daß Du
für unsere beiden wieder einige Anschaffungen gemacht hast, die inzwischen
wieder notwendig geworden sind. Es ist eben immer etwas anzuschaffen, wenn man
sie einigermaßen in Ordnung haben will.
Deine Gartenberichte interessieren mich
immer sehr, ich kann doch aus ihnen entnehmen, was gerade in Bearbeitung oder
was geerntet wird. Hier in dieser Stadt versimpelt man ja ganz und gar. Man
weiß ja kaum noch, wie alles draußen aussieht, wenn man keine Gelegenheit
bekommt, bei einem Anlaß einmal unseren Dienstwagen freizubekommen, um mit ihm
raus zu fahren. Es kann sein, daß wir am Samstag oder Sonntag wieder so eine
Möglichkeit haben. Wo wir dann hinfahren ist mir zwar noch nicht gekannt, doch
vielleicht zur Küste; dann würde ich aber baden.
Über Jörgs Päckchen habe ich ja schon
geschrieben und mich durch Dich bei ihm bedankt. Ja unsere Tochter entwickelt
sich, die weiß was sie will. Ich glaube schon, daß Du nach diesem Einwand von
ihr hast lachen müssen. Für die Bilder
danke ich Dir sehr. Am besten hat mir doch das Foto von Dir gefallen, da siehst
Du wirklich gut aus. Unsere Stromer sehen etwas verbogen aus, besonders Helga.
Nun habe ich im Wesentlichen Deinen Brief
vom 16. beantwortet und nun kommt noch der vom 15. dran, der ebenfalls heute
ankam.
Was ist denn das mit der Zusatzversorgung;
die haben wir doch früher nicht bezahlt. Erkundige Dich doch einmal darnach,
was das für eine Bewandtnis hat. Warum bekommen wir noch mal etwa 6,- RM mehr.
War eigentlich bei dem Gehalt von 274.45 auch schon die Steigerung dabei, die
mir ab Juli zustand? Befrage Dich nur über alles einmal und gib mir dann wieder
Bescheid.
In unserem Heim haben wir uns schon etwas
eingelebt. Zur Vervollständigung wollen wir uns noch einen Radio organisieren
und noch verschiedene Kleinigkeiten. Im Haus wohnt ja außer uns zwei niemand
drin. Wir haben uns eine Aufwartung stellen lassen, die uns dann alles in
Ordnung hält. Betten bauen, wie beim Kommis, brauche ich ja dann nicht.
Ebenfalls Stube fegen kommt ja auch nicht in Frage. Man kann sich dieser lieben
Angewohnheiten, die der Kommis von einem verlangt, ohne große Mühe und schnell
entwöhnen.
Ich möchte nun mein Programm für heute
wieder abschließen, indem ich Euch allen eine gute Nacht wünsche. Dir und auch
den Kindern sendet wieder viele und
herzlich Grüße und Küsse Dein Ernst.
Meine liebe Frau! O.U. den 21.8.1940
In den letzten zwei Tagen habe ich von Dir
4 Briefe erhalten, das ist doch bald zuviel für mich. Die Post hat ein Einsehen
mit mir gehabt und hat mich heute damit verschont. Ja Du kannst Dir gar nicht
vorstellen, was das für mich eine Erleichterung ist, nicht immer Briefe lesen
zu brauchen. An dieses ruckweise Eintreffen habe ich mich nun gewöhnt und mich
an den Rhythmus gewöhnt.
In unserem neuen Heim ist vorgestern der
Badeofen explodiert. Dies war für uns nun der Anlaß, verschiedene Neuerungen
vornehmen zu lassen. Der neue Badeofen ist nun eingetroffen, zwar noch nicht
fertig installiert, doch das soll morgen fertig werden. Als wir aber heute
Abend heimkamen, war aber ein Radioapparat eingetroffen. Wir haben eine sehr
gute Anlage, der Apparat ist auch gut,
so daß auch der Empfang gar nicht zu wünschen übrig läßt. Man könnte fast
meinen, daß wir uns auf den Winter hier einrichten. Wenn wir tatsächlich hier
bleiben müßten, so brauchen wir uns wegen der Heizung keine Sorgen zu machen,
denn der Keller ist voller Kohlen. Bei uns war übrigens ein Wetter, das schon
sehr stark auf den Herbst hindeutete. Es war so windig und kühl, daß hier alles
viel kälter wirkt in dieser Ruinenstadt.
Gestern habe ich die Bluse für Dich zum Geburtstag
zur Absendung gebracht, außerdem noch ein Paar Strümpfe und den restlichen
Kakao, den ich noch da hatte. Bei der Bluse möchte ich noch bemerkten, daß ich
erst beim Einpacken festgestellt habe, daß ein Knopf fehlt. Hoffentlich kannst
Du für Ersatz sorgen. Ich kann es leider nicht ändern.
Nun haben wir wieder Mittwoch und dies ist
der fünfzehnte, seit ich von Euch fort bin, ja man soll eigentlich nicht in
dieser Form an das Auseinandersein denken, denn dann macht man sich die
Trennung nur schwer. Man sollte vielmehr den Sinn auf das eine Ziel lenken, auf
die Niederkämpfung des Gegners. Mit der Erreichung des Sieges rückt ja
schließlich auch die Stunde näher, wo auch wir wieder beieinander sein dürfen.
Es ist eigenartig, daß ich im Kino deutsche
Menschen in der Wochenschau kaum noch sehen kann, ohne daß mich fast ein Sehnen
nach Euch allen erfaßt. Man muß aber in diesem Falle hart gegen sich sein und
derartige Gefühle niederkämpfen. Ich war heute wieder im Kino und habe mir den
Film „Spiegel des Lebens“ angesehen. Es war auch dies ein Film, der mir sehr
gut gefallen hat, es war die Wessely mit dabei.
Ihr meine Lieben alle nehmt wieder viele
herzliche Grüße und Küsse hin, doch sei Du, wie immer, besonders herzlich
gegrüßt und geküßt von Deinem Ernst.
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