Mein liebes Mädel! O.U., den 5.8.40
Deinen lieben Brief vom 29./30.7. habe ich
heute erhalten. Ich danke Dir wieder bestens dafür. Ich muß übrigens Dir wieder
feststellen, daß Du Dich im Briefeschreiben sehr gut eingearbeitet hast. Die Briefe,
die Du so als Durchschlag an mich mit gesandt hast, sind so gut geschrieben,
daß man gerade seine Freude daran hat. Die Briefe, die Du mir sendest sind
immer so persönlich gehalten, wie wir auch früher immer zueinander waren.
Dieses Kompliment mußte ich Dir heute einmal zum Voraus machen, weil dies
einmal an der Zeit war. Ich weiß ja, daß Du aus diesem Lob nicht mehr machst,
als es ist.
Daß Du Dich über die Kakteen hergemacht
hst, ist ja alle Achtung wert. Bei mir hat das jahrelang gedauert und zuletzt
ist doch nichts daraus geworden. Hast Du Dir die Finger nicht dabei tüchtig
zerstochen? Ich werde hier zwar auch zerstochen, aber meist nachts durch die
Schnaken. Ja, die sind sehr unangenehm, vor allem, wenn sie so kurz vor dem Einschlafen am Gesicht herumschwirren.
Da kann man bald singen „Glühwürmchen schimmere“, um besser zuschlagen zu
können. Meistens muß ich mir ein Taschentuch über das Gesicht legen, damit ich
nicht so sehr in Mitleidenschaft gezogen werde.
Der Geburtstag unseres Jungen ist ja nun
auch wieder vorüber. Da wird er aber sich gestern als Held des Tages gefühlt
haben. Ich war gestern hier im Kino. Da wurde in der Wochenschau gezeigt, wie
Frauen und Kinder unsere Soldaten empfangen haben. Ich hätte gar nicht gedacht,
daß mich diese Bilder so weich stimmen würden. Ich habe diese Leute auf der
Leinwand fast nicht mehr ansehen können, so fest habe ich dabei an Euch alle
daheim denken müssen. Hervorgerufen wurde dies in ganz besonderem Maße, weil
ich gerade an so einem Tag des Familienfestes nicht bei Euch sein konnte. Ich
habe diese momentane Schwäche wieder überstanden und habe mich wieder in den
Alltag eingelebt. Ich schreibe Dir dies vor allem deshalb mit, damit Du siehst,
daß ich nicht so unempfindlich bin gegen derartige Einflüsse, wie es meistens
scheinen mag.
Heute Nachmittag traf nun Dein liebes
Päckchen mit dem Brief vom 28./29.7. bei mir ein. Eine Gelegenheit zur Widerrede,
daß Du mir die Parlinen nicht schicken sollst, hast Du mir ja nicht gelassen.
Ich muß sie also hinnehmen. Ich danke Dir herzlich dafür und freue mich
trotzdem darüber, wenn Du auch, wie in diesem Falle, gegen meinen Willen
gehandelt hast. Ich habe sie probiert und bin nun ganz wieder versöhnt, man
kann sie essen. Du mußt nun zwar nicht meinen, mein Gaumen sei hier derart
verwöhnt worden. Dem ist wirklich nicht so, aber ich muß doch von vornherein
meinen männlichen Standpunkt vertreten, damit Du nicht meinst, es ginge immer
so ab.
Auch Deine Gartenschilderungen haben mich
wieder sehr interessiert. Vor allem die Geschichte mit den Engerlingen unter
den Erdbeeren. Ich glaube gerne, daß Du damit eine große Freude gehabt hast.
Wenn wir nun wieder beim Garten sind. Ich möchte Dir immer und immer wieder ans
Herz legen, schone Dich und nimm Dir nicht zuviel vor. Ich möchte nicht haben,
daß Du Dich dabei überanstrengst und wenn ich tatsächlich einmal heimkommen
sollte, liegst Du mir dann krank da. Habe also Verständnis für diese Einwände
und laß lieber etwas liegen, ehe Du vielleicht durch einen künstlich
übersteigerten Ehrgeiz mir auf die Nase fällst. Verstehe mich in dieser
Hinsicht richtig und halte und handle auch entsprechend.
Ich habe gleich mit der Maschine weitergeschrieben,
damit ich Dir mehr mitteilen kann, weil es dann viel schneller geht. Außerdem
haben wir Feierabend, denn während der Dienstzeit ist nicht erwünscht, daß man
seine Privatpost erledigt. Ich habe darum einen Teil so zwischendrin
geschrieben. Es ist dies der Teil, den ich mit der Hand geschrieben habe.
Daß sich Helga über meinen Brief gefreut
hat, habe ich aus Deinem Brief gelesen. Ich warte nun, was sie mir darauf
schreibt. Wie findet sie sich denn mit den vielen Ferien ab? Hoffentlich
bekommt sie keine Langeweile. Ich glaube aber, daß ihr die Tage schon vergehen
werden. Jörg wird wohl nicht viel Zeit für sie haben, aber doch immer ganz froh
sein, ab und zu einmal auf sie zurückgreifen zu können. Ebenso wird es ja mit
Helga sein. Ich kenne meine Pappenheimer.
Für morgen bin ich in die Familie eines
unserer Dolmetscher eingeladen. Es ist der Schweizer, von dem ich Dir früher
schon einmal berichtete. Ich werde ja sehen, wie sich die Leute anlassen. Er
hat mich schon wiederholt darum gebeten. Nun kann ich mich gar nicht mehr
herausreden und muß dieser Einladung folgen.
Die Einladungen von Resi erscheinen mir
immer sehr zweifelhaft. Im Übrigen hat sie schließlich genau so viel Zeit wie
Du. Wenn ihr viel an der Freundschaft mit Dir liegt, kann sie ja, wenn sie
sowieso vorbeifährt, auf einen Sprung zu Dir reinkommen. Der Haken liegt aber
wo anders. Doch darüber brauche ich Dir
ja nicht zu schreiben.
Wenn Du einen Pullover strickst, so möchte
ich Dir ebenfalls anraten, Dich dabei nicht anzustrengen, denn Du hast doch
gleich nach dieser Strickerei wieder Beschwerden. Wenn wir gerade bei der Wolle
sind. Hier gibt es noch Wolle. Soll ich welche kaufen und was für eine Farbe
und zu welchem Zwecke. Gib mir darüber bald Antwort.
Sonst kann ich heute nicht mehr berichten.
Außerdem ist es bereits 3/4 10 Uhr, so daß ich mich hier auf dem Büro langsam
aus dem Staub machen muß. Seid Ihr alle meine Lieben herzlich gegrüßt und
geküßt Du nimm aber wieder besondere Grüße und Küsse entgegen von Deinem Ernst
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