Meine
Liebste ! 14.11.43
Der Sonntagvormittag, der wieder mit Dienst ausgefüllt war, ist vorbei. Das Mittagessen habe ich auch hinter mir. Nun will ich mich gleich an die Beantwortung Deiner beiden Briefe vom 7. und 8. machen, die ich mit der Post heute bekam. Zuerst recht vielen Dank dafür wie auch für die Schokolade, die mit der gleichen Post eintraf. Ich probiere sie gerade und ich kann nur feststellen, daß sie wirklich ganz auszeichnet schmeckt. Also nochmals recht herzlichen Dank dafür. Von Deinem Vater bekam ich sein Schreiben vom 8., das Du ja auch erhalten hast. Er muß anscheinend ganz großes Verlangen nach Rauchwaren haben. Du hast ja auch den Durchschlag seines Schreibens an mich erhalten. Heute früh ging schon das eine Päckchen an ihn ab. Ich will nur hoffen, daß es richtig in seine Hände kommt. Das Päckchen einem anderen Kameraden, der in Urlaub geht, mitzugeben, ist nicht so einfach. Meist haben die Leute schon genug zu schleppen. Dann kommen meist die Leute aus der eigenen Abteilung dran. Das läßt sich ja auch ohne weiteres erklären. Ich hoffe, daß ich von ihm in den nächsten Tagen noch die Mitteilung erhalte, daß das von ihm verloren geglaubte Päckchen doch noch eingetroffen ist. : Nun aber zu Deinen Briefen. Ich freue mich zu hören, daß verschiedene Sendungen von mir wieder bei Dir eingetroffen sind. Ich habe sie bei mir angezeichnet, denn ich will ja auch nicht den Überblick verlieren. Wie es mir scheint, habe ich die verschiedenen Nummern durcheinandergeschmissen bzw. ich habe eine dazu geschrieben. Ich hoffe aber, mit meiner Buchführung doch noch zurecht zu kommen. Daß Du die Feigen aufhebst, ist ja ganz recht, denn ich habe ja vorwiegend Rosinen geschickt. so daß diese in Deinem Vorrat das Übergewicht bilden. Ich denke, daß diese aber gerade im Verbrauch ausgiebiger sin, denn zwei Feigen sind gleich gegessen. Das gibt aber schon eine handvoll Rosinen. Im Geschmack geben sie aber doch genau so viel an. Daß Du schon die ersten Mandeln erhalten hast, das ist ja fein. Vorgestern und gestern habe ich mich hier wieder einmal umgesehen, was die Sachen kosten. Ich kann Dir nur sagen, ich war einfach erschlagen. Seit meiner Ankunft sind die Waren um 2 300% gestiegen. Der Karton Seife, für den ich noch 22000 Drachmen bezahlte, kostet jetzt 70 000,. Seit dieser Zeit ist unser Wehrsold von 2400 auf 3600 heraufgesetzt worden. Daran kannst Du Dir etwa ein Bild machen, was wir mit unseren Zahlungen für Reichtümer erwerben können. Ich bin nur froh, daß ich meine paar Drachmen, die ich hatte, rechtzeitig anlegte, denn wenn man hier das Geld aufspart, dann ist man regelrecht der Dumme. Ich habe den Eindruck, daß die Lawine hier ungehemmt ihren Lauf nimmt, bis es in dieser Beziehung zu einem großen Krach kommt. Aber mein Essen habe ich ja, und die anderen Dinge kann man ja soweit beobachten.
Ja, mit Deiner Mitteilung, daß Jörg für mich etwas schafft, hast du mich ja direkt neugierig gemacht. Vor allem, wo Du noch dazu den strengen Befehl erhalten hast, mir nichts zu verraten. Das ist ja schon sehr geheimnisvoll. Das wird ja eine Überraschung geben. Lieb ist es von ihm, daß er etwas für mich schafft, und wenn er mit solchem Eifer bei der Sache ist, daß er nicht einmal zum Spielen geht, dann muß es ihm schon selbst viel Freude machen. Daß aber letzten Endes alles darauf gerichtet ist, mir eine Freude zu bereiten, das schätze ich besonders dabei. Na, ich bin ja gespannt. Und unsere Helga ist eine Puppenbastlerin geworden. Mit Deiner Hilfe macht sie nun für die Weihnachtsschau und den Verkauf schon die verschiedensten Sachen. Ich kann sie mir gut vorstellen, wie sie bei der Sache ist. Läßt sich denn niemand dazu sehen? Wenn jede soviel leistet, dann kommt doch allerhand zusammen. Diese Gemeinschaftsarbeit ist doch ziemlich nutzbringend. Außerdem bringt man den Kindern etwas Geschick aber auch Geschmack damit bei. Wie ich aber sehe, wirst auch Du ziemlich in Anspruch genommen.
Die Todesanzeige vom Schuster hat mich heute doch etwas überrascht. Während meines letzten Urlaubs sprach ich doch noch mit ihm. Wenn ich mich nicht täusche, kamst du noch dazu. Er machte mir keinen kränklichen Eindruck wie sonst. Das muß ich an ihm anerkennen, er hat sich nie merken lassen, wie krank er ist. Ich muß immer noch daran denken, wie er bei dem Paddlern so eine Rolle spielen wollte. Er war aber damals auf eine Art ein Einzelgänger. Dann versuchte er Dir doch in einer Form zu imponieren, um mich vielleicht auszustechen. Ab das nun ernster war oder nicht, das ist ja ganz unwesentlich. Auch auf dem Amt war immer eine gewisse Rivalität zwischen ihm und mir. Ich hatte zwar nie versucht, ihm in irgendeiner Form zu nahe zu treten, aber er wollte wohl als alteingesessener Konstanzer stärkere Rechte geltend machen bei der Stadt wie ich. Leistungsfähig war er. Das stimmt, und das kann man ohne Neid sagen. diese Familie ist nun auch gänzlich ausgestorben. Das ist wohl bitter für eine Mutter. Den Mann gab sie im ersten Weltkrieg her. Ich weiß noch, wie der eine Bruder von ihm mit Kurt in der HIAG immer versuchte zu stänkern. Nun liegen sie beide im Osten. Wenn man das geahnt hätte vor Jahren.
Heute will ich mit einem Kollegen nach dem Hafen Piräus hinausfahren, um den Nachmittag noch herumzubringen. Man muß sich ja irgendwie beschäftigen. Lasse mich darum jetzt abschließen mit recht herzlichen Grüßen und vielen Küssen für Dich und die Kinder. Dein Ernst.
Mein gutes, liebes Mädel ! 15.11.43
Gestern habe ich wirklich einen netten Nachmittag verbracht. Ich bin mit einem Kameraden wie ich schon schrieb, nach Piräus gefahren. Dort sind wir nach einem kleinen Rundgang zum Offizierheim gelaufen. Ich muß sagen, daß das wirklich einzig am Meer liegt. Der Bau hat einem Mann gehört, der mit einer Deutschen verheiratet war. Ich glaube, daß man dort hat ziemlich sorglos hat leben können, wenn man das nötige Geld dazu gehabt hat. Das muß ja zweifellos vorhanden gewesen sein, denn sonst hätte sich diese Leute nicht dieses Gebäude dort hinsetzen lassen können, Ein einzigartiger Garten gehört auch noch dazu. Im Sommer muß das nach meiner Ansicht herrlich sein. Vor einem liegt das Meer. Halblinks sieht man die Berge und rechter Hand weitet sich die Bucht. Einzelne Inseln ragen aus dem Wasser hervor und beleben dadurch die weite Fläche etwas. Dort wurden wir für die Zeitverhältnisse ganz gut verpflegt. Wir bekamen wieder etwas Kuchen da merkt man doch dass Sonntag ist und Kaffee. Natürlich keinen Bohnenkaffee. Das ist aber auch nicht unbedingt notwendig. Man freut sich auch über den anderen. Einen guten Cocnac erhielten wir auch und abends gab es noch etwas Warmes zu essen. Kartoffeln mit Senfsoße und gurke. Das ist nun nicht weiter toll, aber wenn man seine andere Verpflegung noch daheim hat, dann ist einem das schon sehr willkommen. Wir sind dann mit der Untergrundbahn wieder in unsere Stadt gefahren und dort bin ich noch ins Kino gegangen. Der Film hieß „Altes Herz wird wieder jung“. Ich kann ihn Dir nur empfehlen, wenn er einmal dort laufen sollte. Ein heiter beschwingter Film,. Es ist nur schade, daß nicht alle Filme von der gleichen Art sein können. Es wird doch im allgemeinen viel Quatsch gezeigt, also alles in allem gesehen, war das eine schön verbrachte Freizeit. Wir hatten an unserem Tisch einige Marineoffiziere sitzen, die bei dem Unternehmen auf Leros dabei waren. Die konnten ganz interessant erzählen. Auch von den sonstigen Fahrten, die sie gemacht hatten. Ich habe einige Male dabei gedacht, wenn Du doch auch einmal so dabei sein könntest. So kann ich Dir leider nur davon berichten. Als wir von dort draußen heimkamen, da stand noch der Mond silbern auf dem Wasser und die Sterne funkelten. Die Berge, die am Tage so klar hervortraten, waren nur noch als Silhouette sichtbar. Es war so richtig dazu angetan, daß man hätte romantisch hätte werden können. Die Wirklichkeit ist aber da und ziemlich rau und damit müssen wir uns eben alle abfinden.
Daß Du von der Frau die Kartoffeln angeboten und erhalten hast , das ist ja sehr nett, finde ich. Für Dich sind sie ja eine große Hilfe. 1 ½ Zentner Kartoffeln reichen doch wieder eine ganze Weile. Bei uns will das schon etwas heißen, wenn man uns die Kartoffeln kürzt. Wenn der Betreffende raucht, dann kannst Di ihm vielleicht einige Zigaretten zukommen lassen, dann sehen die Leute doch auch, daß man sich darüber gefreut hat und daß man das anerkennt. Ich dachte so 10 bis 20 Stück. Du kannst das selbstverständlich halten wie Du willst. Das ist nur ein Vorschlag von mir.
Das ist ja wieder der richtige Fall für unsere Motte. So Theater spielen, das ist doch ihr ein Vergnügen. Ich glaube, daß sie wieder mit Eifer bei der Sache sein wird. Hat sie denn viel zu sprechen? Na, ich werde ja wohl noch davon hören. Sie ist ja nun tüchtig in Anspruch genommen, denn mit dem Turnen, den Jungmädchen , dem Baden und den sonstigen anderen Einsätzen . Da bekommst Du sie schon nicht mehr viel zu Gesicht. Wie schnell entwachsen sie einem doch. Bald wird unser Junge auch mit diesen Sachen anfangen.
Deine Gartenarbeiten hast du nun soweit fast alle beendet. Ich weiß, daß man dann froh ist, daß man es wieder geschafft hat. Mir ging es dann aber immer so, daß ich von der Arbeit des vergangenen Jahres dann immer erst genug hatte. War aber dann eine gewisse Zeit vorbei, dann fing man einmal da an herumzustochern oder dort gab es etwas zu ergänzen. sobald dann wieder anfingen die Stachelbeeren zu treiben, dann hielt ich die Zeit für gekommen, daß ich mich des Verschneidens annehmen musste und daß der Winterschlaf vorbei sei.
Was wolltet Ihr denn in Stahringen noch besorgen? Wolltet Ihr nochmals Obst holen? Daß Du Dich da zuerst geärgert hast, das kann ich Dir nachfühlen. Man ist erst darauf eingestellt, und dann tritt so schnell die Reaktion auf die Änderung des Vorhabens ein. Wie Du schreibst, hat sich Dein Zorn dann bald wieder gelegt. Dann ist es ja gut. Man sieht aber doch, daß Vater auch wieder an Euch gedacht hat. Pech war es allerdings, daß er vergeblich nach dem Fisch angestanden hat. Ist es denn jetzt mit seiner Erkältung besser beworden? Ich denke doch, daß er nun etwas dagegen getan hat. Er will eben immer noch versuchen und zusehen, wie weit sein Körper noch widerstandsfähig ist. Ich weiß, daß er Zäh und anspruchslos is, aber im allgemeinen ist die Ernährung nicht so kräftig und dann macht sich ohne jeden Zweifel das Alter spürbar.
Lasse Dich wiederum herzlich grüßen. Ich gebe Dir noch einige Küsse dazu und denke so oft an Dich. Dein Ernst.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen