Freitag, 9. November 2018

Brief 480 vom 08./09.11.1943


Mein gutes liebes Mädel !                                                                    8.11.43   
       
Vom gestrigen Sonntag hätte ich noch nachzutragen, daß ich am Nachmittag mich einmal ganz schön an Kuchen sattgegessen habe. Ich war in einem Offiziersheim, wo es ab und zu am Sonntag Kuchen gibt. Meist bekommt man ja nur ein Stück, aber gestern ließ es sich so einrichten und ich erhielt drei Stück. Es war nicht schlecht zubereitet, wenn es zwar nicht so wie im Frieden war, aber es schmeckte wirklich gut. Einschließlich Kaffee und Trinkgeld hat das dann 40 Pfennig gekostet. Da kann man doch nichts sagen. Ich schreibe Dir diesmal auch deshalb, damit Du siehst, daß ich mir etwas gönne, Du musst mir aber dabei nicht übel nehmen, wenn ich mir das so heraussuche. Daß ich nicht die unverschämt hohen Preise bezahle, die im freien Handel verlangt werden. Das reicht bestimmt für die laufende Woche, was ich dort erhielt. Ich muss eben Obacht geben, wenn sich wieder einmal eine solche Gelegenheit ergibt. Man schlängelt sich so durch und sieht zu, wie man zu etwas kommt. Wahrscheinlich ist es jetzt so, daß ich nicht zufrieden bin, wenn ich nicht jeden Film zweimal angesehen habe. Ich war den anderen Kameraden zuliebe nochmals mit in dem Film „Die Sache mit Stimmung“ gegangen. Er war ja nicht gerade schlecht, so daß man ihn sich zweimal ansehen konnte. jetzt reicht es mir aber. Das war also wieder der Sonntag. Wenn ich dann vom Kino nach hause komme, dann lese ich noch bis gegen Mitternacht, denn ich habe noch allerhand Stoff zu verarbeiten. Die vielen Zeitungen  und die verschiedenen Heft, die ich allein von Deinem Vater bekomme, muß ich doch alle durchschwarten, sonst wäre doch alle seine Arbeit umsonst. Ich mache es aber auch aus Interesse, denn ich muß mich irgendwie beschäftigen. Ein Heft geht übrigens wieder an Dich mit weg und zwar mit der morgigen Post. Mein Wunsch, mich wieder etwas zu betätigen mit einigen Gebieten, die außer des alltäglichen Lebens liegt, wird nicht überall geteilt. Ich fragte darum, ob ich für die kommenden Samstage freibekommen könnte. Mit allen möglichen Ausflüchten hat man es mir nicht gerade abgelehnt, aber immerhin hat man mir zu verstehen gegeben, daß es nicht gern gesehen wird. Es wäre doch so, daß die anderen dann mit gleichen Wünschen kommen würden und so ähnlich. Ich hatte mich schon bei den anderen Leuten hier befragt, ob sie mittun wollen, was aber fast allgemein auf wenig Interesse stieß. Es sind ja nur zwei Stunden, die ich am Samstag fehlen würde. Aber da sind nun so einige Stänkerer, die sich dabei wohl fühlen, wenn sie etwas bestimmen dürfen. Mich können diese Leute ja nicht weiter stören. Ich glaube kaum, daß ich noch viel deshalb frage, denn dann vergeht einem der Appetit zum fragen.  Aber nun muß ich mich für Deinen lieben Brief bedanken, den Du am 31. 10 geschrieben hast, den ich heute erhielt. Also, die Bilder machen mir jedes mal Spaß wenn die neue Serie ankommt. Mit den Bezahlungen von Dir bin ich bis jetzt nicht einverstanden. Ich denke, daß Du auch bei den anderen die Wahl immerhin so glücklich getroffen hast. Diesmal bist Du ja auch in den verschiedensten Spielarten getroffen und ich muß sagen, daß mich das sehr freut. Der Spaß wäre für mich halb so groß, wenn wir damals nur von mir allein hätten aufnahmen machen lassen. Deine Kopfhaltung ist typisch für Dich. Ein wenig zur Seite geneigt. Einmal mit einem Lächeln auf dem Gesicht und einmal schaust Du mich prüfend an, das andere Mal siehst Du halb ernsthaft und dann presst Du den Mund zusammen, wie wenn Du so still für Dich lächeln wolltest. Ich muß sagen, das hat wirklich gut geklappt. Du siehst jedenfalls sehr lebendig aus und das ist ja so schön.  Du wirkst sehr natürlich und das macht die Bilder für mich sehr wertvoll. Kurz gesagt „extra prima“. Ich finde, daß Du Dich im allgemeinen gut fotografieren läßt und im besonderen, wenn ich dabei bin. Na, wie habe ich das wieder hingedreht?
Auch „extra prima“? Auf Deinen Brief gehe ich morgen mit ein, denn das gibt ja einen Doppelbrief. Lasse Dich recht herzlich und innig küssen und sei dazu vielmals gegrüßt von Deinem Ernst.

Meine liebste Frau !                                                                                     9.11.43

Post habe ich heute keine von Dir erhalten. Aber ich habe ja noch den von gestern zu beantworten. Du bekommst mein Schreiben also meistens auf einen Ruck. Das ist ja teilweise schön und andernteils wieder weniger. So hast Du immer einen ganzen Schwung auf einmal zu lesen, doch vorher musst Du eben entschieden länger warten. Aber meist bekommst Du ja meine Schreiben ziemlich schnell. Es ist aber besser, wenn Du dann einen Teil zusammen erhältst, wie wenn einer normal einläuft und die andren hinken hinterher und rollen so nach und nach an. Findest Du nicht auch ?
Den Kartoffeln geht es anscheinend zu wohl, wie Du schreibst. Sie fangen wieder an auszuschlagen. Ja, das verkehrte Wetter spielt da schone eine große Rolle. Es ist deshalb gut, wenn Du im Keller die Fenster noch solange offen hast, bis entsprechende kalte Witterung eintritt, daß sie sich das abgewöhnen. Es ist ja mit Rücksicht auf die Heizung günstig, wenn es noch nicht so kalt ist, aber auch hier kann man da sehen, das jedes Ding seine zwei Seiten hat. Wenn wir nach dem Kalender schon bald mitten im November stehen, so ist es wohl für die hiesigen Verhältnisse herbstlich und kühl, aber man hat nicht so das Gefühl, daß es nun doch auf Weihnachten zugeht.  Die Frauen haben hier wohl ihre Sommerkleider in den Schrank gelegt und laufen nun zum Teil mit so einer Art Übergangsmänteln herum, aber kalt  ist es hier noch nicht. Wenn man mittags in der sonne spazieren geht, dann kann man noch ziemlich ins Schwitzen kommen.
Mit dem Brot habe ich es immer so gehalten, wie ich Dir es schon einmal schrieb. Das war doch recht so, wie ich es immer geschnitten hatte, oder ist das noch zu dick? Heute habe ich ein Päckchen mit Brot an Dich abgehen lassen. Es hat die Nummer 9 und morgen oder übermorgen werde ich die Nummer 10 ebenfalls mit getrocknetem Brot an Dich abschicken. Wenn ich dann wieder etwas zusammengespart habe, dann schicke ich es Dir dann zu. So wie lese, gehst Du mal mit dem Öl ziemlich sparsam um. Es freut mich aber, daß Du doch immerhin noch etwas Fett da hast. Wenn ich aber hier welches günstig bekommen kann, dann lasse ich mir das nicht entgehen, darauf kannst Du Dich verlassen.  Ich schrieb Dir vor einigen Tagen wegen Briefmarken. Die kannst Du ja Deinen Briefen so nach und nach mit beifügen, denn es ist ja nicht notwendig, daß Du nun diese in einem besonderen Päckchen absendest. Nun bitte ich Dich noch um folgendes. Kaufe doch beim Holliner auf dem Bodanplatz einen Katalog nur über Deutschlandmarken. Das ist eine gekürzte Ausgabe. Wenn Du dann noch so lieb wärst, dann kannst Du ja die Marken, die ich in meinem Album habe anhaken. Vielleicht nach gestempelten und ungestempelten. Du versiehst dann jeweils die entsprechende Marke mit zwei bestimmten Zeichen. Jetzt zwinge ich Dich nun doch noch in den Briefmarkenkram hinein. Aber ich würde dies ja nicht brauchen, wenn ich das vorher gewusst hätte. Vielleicht nutzt es etwas.
Was Deine Anfrage wegen Erna anbelangt, so wäre ich an sich damit einverstanden, daß Du ihr einige Rosinen schickst, aber dann doch nur von den offenen. Du musst aber ihr vorher darum schreiben, ob sie keine hat. Ich glaube für Deinen Vater reicht es dann nicht mehr, denn sonst verzettelt man sich zu sehr. Das wäre nicht so schlimm, wenn man unbeschränkt kaufen und schicken könnte.
Gestern kam nun das eine Päckchen von Dir mit Verpackungsmaterial an und heute rollte schon das zweite auch noch ein. Ich glaube, jetzt sind doch nun alle Sendungen von Dir eingetroffen. Jetzt komme ich ja nicht gleich in Verlegenheit. Ich hoffe, sie aber in nächster Zeit doch noch voll packen zu können. Wenn ich Glück habe, werde ich bald damit aufgeräumt haben.
Da fällt mir noch ein, daß ich die Angelegenheit mit der Bausparkasse noch zu erledigen habe. Soviel ich mich erinnere, ist außer einen Abzuges auch noch ein Schreiben angekommen, das ich einmal hier hatte. Habe ich das schon wieder mit zurückgesandt? Den Abzug habe ich noch hier, doch damit allein kann ich nicht viel anfangen. Schreibe mir doch bald noch einmal darüber.
Gestern habe ich mich wieder einmal der Familienforschung angenommen. Diesmal handelt es sich um Deine Linie. Nach Dittersbach, Böhmisch-Kamnitz, Bautzen und Neu-Salza habe ich geschrieben. Ich bin gespannt, was für Bescheid ich von dort erhalten werde.  Ich will jetzt nun wieder einmal abschließen.  Ich küsse Dich recht herzlich und bin mit vielen Grüßen an Dich und die Kinder wie immer Dein Ernst.

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