Mein
liebstes Mädel! 20.11.43
Das Wochenende ist schon wieder herangekommen. Ich will erst kurz auf meinen
gestrigen Kinobesuch eingehen. Der Film „Wenn die Sonne wieder scheint“ schien
mir nach dem Titel zu urteilen, ein Schmarren zu sein. Ich hatte mich aber
gewaltig getäuscht. Das ist einer der wenigen Filme gewesen, die ich in letzter
Zeit gesehen habe, die schauspielerisch und inhaltlich sehr in Ordnung waren.
Es werden die Kontraste zwischen jungen und alten Menschen gezeigt, die sich
bei der Übernahme der Aufgaben der Alten durch die Jungen herausstellen. Die
Art und Weise, wie der alte flandrische Bauer seinen Hof verwaltet hat, läßt
der Sohn ganz und gar gelten. Doch der Junge bringt neue Ideen von der Schule
mit, die der Vater nicht versteht. Es entstehen Komplikationen, die sich fast
zur Katastrophe auswirken. Ich war während der Dauer ziemlich losgelöst und
ganz beim spiel. Ich habe immer das empfinden, wenn das erreicht wird, dann muß
ein Schauspieler schon etwas können. Denn das ist doch der Zweck, daß man mit
der Handlung mitleben soll. _ Post habe ich gestern nicht bekommen und heute
auch nicht. Das kann ich nach dem vorgegangenen Segen nicht verlangen. Von Dir
trafen Zeitungen ein und von Deinem Vater auch. Gestern erhielt ich übrigens
auch Zeitungen mit dem einen Säckchen. Was Dur mir von den Briefmarken
schreibst, so kannst Du mir ja die doppelt beschafften einmal mitschicken. Wenn
Du Dich nun nicht gleich so hineinstürzen kannst in meine Markensammlung, so
ist mir das vollkommen verständlich. Ich werde mich auch entsprechend gedulden.
Mir laufen ja hier die Sachen nicht weg. Ich muß ja doch erst auf den Eingang
des Katalogs warten. Ich habe nicht Lust, mich übers Ohr hauen zu lassen. Die
Händler machen ja trotz allem noch ein Geschäft. Ich will aber auch etwas davon
haben, sonst lasse ich es lieber bleiben. Ich hatte hier Gelegenheit, einige
neue griechische Marken billig zu kaufen. Ich sende sie Dir heute mit zu. Hebe
sie mit auf. Einen Satz kannst Du Kuster anbieten, wenn er ihn haben will. Für
Deinen Vater habe ich auch eine beschafft, den kann er für Siegfried mit
aufheben. _ Bei Deinen letzten Briefen habe ich mir einige Randbemerkungen
erlaubt. So auch wegen der Schreibmaschine, die an dem Papier hängen geblieben
ist. Ich bitte Dich, diese Sachen etwa nicht tragisch zu nehmen. Ich finde das
nur so putzig, wenn die so hin und herbaumelt. Das ist ja kein Wunder, wenn das
Papier dann etwas einreißt, denn das Gewicht muß sich ja mir der Zeit bemerkbar
machen. Ganz abgesehen davon, daß wir nun im fünften Kriegsjahr leben; da ist
das Papier auch nicht mehr so gut.
Es ist sehr nett, wenn sich Helga ab und zu Deiner Hausarbeiten annehmen kann,
wenn es Dir einmal nicht recht ist. Sie ist ja schon so groß. Ich glaube schon,
daß das nicht so leicht ist, besonders bei ihrer Größe, hochzuheben. Sie ist
aber auch noch ein Kind und hat es gern, wenn sie ein bißchen verhätschelt
wird. Ich weiß ja noch, wie ich verwundert war, wie mir unser Töchting ohne
große Anstrengung und ohne sich erst auf die Zehenspitzen zu stellen, mir um
dem Hals langen konnte.
Die Schokolade, die Du abgeschickt hattest, ist ja richtig angekommen. Daß Du
Dir so Gedanken machtest, was Du mir schicken könntest, das war ja nicht
notwendig. Aber ich muss Dir auch zustimmen, daß es wirklich schade darum wäre,
wenn Dur mir Obst hierher senden würdest. Bei der langen Transportdauer über es
sicherlich nicht ordentlich ankommen und das wäre doch sehr schade. Wir
bekommen hier ja auch ab und zu frisches Obst. Manchmal gibt es einige Äpfel
oder, wie wieder gestern, Weintrauben. Ich schrieb Dir ja schon, ich komme
schon auf meine Rechnung.
Ja, das sind so Kindersorgen, wenn wir nicht einmal wissen, was für Namen wir
einem Kind geben würden. Das wäre ja auch allerhand, wenn man so plötzlich vor
eine solche Tatsache gestellt würde. Die Kinder haben eben noch keine so
richtige Vorstellung von allem Das ist ja in allen Einzelheiten auch nicht so
nötig.
Ihr habt in Stahringen also nochmals Äpfel geholt, wie ich aus Deinem Brief
ersehe. Ich kann mir Vater vorstellen, wie er wieder aufgeregt war, daß er
seinen Kauf nicht selbst mitschleppen konnte. Er wird erleichtert aufgeatmet
haben, als der Koffer bei Eurer Ankunft in Petershausen auch da war. Die
wenigen Pfennige haben sich doch wirklich verlohnt. Er ist eben kein Riese und
in dem Alter wirkt sich das nun noch stärker aus.
Die 700 Zigaretten mußt Du aber sehr einteilen. Wenn Du Deinem Vater welche
schickst, dann höchstens 100. Von mir hat er ja auch wieder ziemlich Rauchwaren
erhalten. Es hilft alles nichts, er muß sich einteilen.
Um auf die Briefmarken noch einmal zurückzukommen. Die, die in meinem Album
innen auf den vorgesehenen Seiten liegen, die können ruhig drin bleiben. Ich
habe vorne drin und auch so in einigen Schachteln noch welche herumliegen. An
die habe ich vorerst gedacht. Auch von den ukrainischen Marken. Ich habe da
noch einige höhere Werte (60 und 80 Pfennige), die sind wohl doppelt, die sende
doch auch mit.
Lasse mich nun schließen mit einem herzlichen Kuss und vielen Grüßen für Dich
und die Kinder. Dein Ernst.
Mein liebster Schatz!
20.11.43
Recht herzlich danke ich Dir für Deinen Brief vom 15.10. , der heute einig. Ein
Bummelant kam nun auch angetrottet, Es war der Brief vom 21.9. mit den beiden
Schreiben unserer Kinder dabei, Über alles habe ich mich sehr gefreut, denn es
waren doch wieder recht liebe Grüße von daheim. Dein Vater sandte mir gestern
ein Heft und heute kam wieder eins an. Ich muß sagen, daß er mich in dieser Hinsicht
reichlich versorgt, und ich muß mich schon sehr dranhalten, wenn ich mich durch
diesen vielen Lesestoff hindurch beißen will. Aber es macht sich schon mit der
Zeit. Gestern habe ich vier der Hefte , die ich gelesen habe, an Dich
abgesandt. Es sind zwei kleine Sendungen. Du alte Leseratte bitte, die Betonung liegt auf Leseratte hast doch gern etwas zum Schmökern. Ich
glaube, daß wir uns bald eine eigene Bibliothek für diese kleinen Bände anlegen müssen, solche Ausmaße nimmt doch
schon unsere Sammlung davon an. Wenn
ich in Deinem Schreiben lese, daß Ihr schon die warmen Sachen vertragen könnt,
dann mutet einem das komisch an, weil ein Teil der Landser noch in kurzen Hosen
herumläuft. Ich kann es mir jetzt nicht leisten bei meinem Durchmarsch. Aber die
Tropenmontur ist immer noch die Bekleidung. Wenn es gut geht, dann will ich
versuchen, heute über Mittag im Bade in die Sonne zu legen. Wenn ich ganz auf
dem Damm wäre, würde ich gern noch baden, denn das kann man sich schon noch
hier im Freien leisten. Die Sonne scheint noch, zwar die Hitzegrade und das
Drückende herrscht jetzt nicht mehr. Wolken stehen ja auch am Himmel, aber die
sehen harmlos aus. Ungefähr so wie im Sommern, wenn so ein schöner
fotografischer Tag ist mit einige kräftigen Wolken am Himmel, die aber keinen
Regen versprechen. wie ich lese, seid Ihr am
vergangen Samstag in Stahringen gewesen. Ob Ihr nun Obst bekommen habt,
das wird sich ja noch zeigen, wenn ich Deinen nächsten Brief erhalte. Äpfel oder
sowas könnt Ihr immer noch vertragen, das ist bestimmt nicht schade. Mit dem
getrockneten Obst und mit meiner Rosinenflut hast Du dann etwas
Bewegungsfreiheit. Ich hoffe ja, daß das „Päckchen“ angekommen ist, denn das
war ja schließlich der größere Teil. Das andere, was ich so laufend wegschicke,
das läßt sich schon bewältigen. Wenn es geklappt hat, dann kann ich vielleicht
schon in der nächsten Woche von Dir Bescheid über das Eintreffen erhalten. Ich
muß sehen, daß Helga sich mit dem Radfahren sehr daran gehalten hat. Sie ist
sicher froh, daß sie noch nicht zu alt dafür ist, wie ihr Ingrid prophezeit
hatte. Das war doch ihre Sorge, als sie es lernte, daß sie es wohl nun doch
nicht so richtig mehr lernen würde. Beim Lernen hat sie sich kein bisschen
ungeschickt angestellt, das Zeugnis kann ich ihr ja geben, denn sie war sehr
eifrig bei der Sache. Die wenigen Stunden, die wir haben dazu verwenden müssen,
bis sie selbst fahren konnte, das waren bestimmt nicht viel. Unserem Jungen
werden wir es auch noch beibringen, wenn sich einmal die Gelegenheit bietet.
Helga kann es, wie ich sehe, ab und zu brauchen, wenn sie in die Schule muß.
Sie soll aber nicht zu toll werden. Du versuchst Dich ja auch auf meinem Rad,
wie geht es denn damit? Wie ich aber schon gelesen habe, hast Du Dich mit
großen Ladungen versucht und es ist anscheinend gegangen. Sieh Dich nur vor,
daß Dir nichts passiert. Denn für Dich ist das nicht so handlich wie Dein Rad.
Wenn Ihr Zwei so den Schneckenbuckel so hinunterbraust, das möchte ich schon
gern einmal sehen.
Von Siegfried erhielt ich doch ein Schreiben, in dem er mir auch ziemlich kurz
mitteilt, daß er sich in Italien befindet und daß er uns nichts mehr besorgen
könnte. Er würde versuchen, über Kurt Kühn, der bei der Eisenbahn in Frankreich
istm, etwas für Euch zu erhalten. Du wirst ja sehen, was dabei herausspringt.
Ihm werde ich auch in diesen Tagen bald wieder schreiben, damit diese
Verbindung mit ihm in Gang kommt. Durch diese Veränderung sind wir ganz aus dem
Turnus herausgekommen.
Unter Schnaken habe ich hier eigentlich nicht weiter zu leiden, aber so andere
kleine Viecher fliegen hier nachts herum, die an sich gefährlicher sind, weil
sie eine Art Fieber hervorrufen, wenn man von ihnen gestochen wird. Das haben
doch unsere heimischen Schnaken nicht an sich, und das ist doch bestimmt etwas
wert. Es ist nicht ausgeschlossen, daß ich meinen Durchmarsch auf diese Biester
zurückführen muß. Wie ich weiter lese,
hast Du Dich in der vergangenen Zeit wieder handwerklich in jeder Beziehung
betätigt. Ich bin nur froh, daß Du mit den verschiedensten Sachen
umzugehen und Dir zu helfen weißt. Wäre
das nicht der Fall, so hättest Du doch manche Schwierigkeit und manches käme
aus seiner Ordnung. Das ist mir bestimmt eine große Beruhigung, daß ich eine
solche geschickte Hausfrau daheim habe. Ich bitte Dich aber auch heute aus
diesem Anlass, daß Du Dich nicht zu sehr übernimmst, damit Du nicht eines Tages
schlapp machst. Schone Dich, soweit es sich irgendwie einrichten läßt, damit Du
Deine Kräfte immer wieder auffrischen kannst.
Die Sachen wegen der Bausparkasse sehe ich noch einmal durch, und ich werde Dir
dann die Antwort zugehen lassen, damit Du sie Vater vorher zeigen kannst. Mir
ist nicht ganz klar, wie er sich zu den Dingen verhält. _ Du hast ja selbst
schon rechtzeitig nach den Äpfeln von uns gesehen. Sie sind dadurch nicht
schlecht geworden, weil Ihr sie bald verzehrt habt. Aber es freut mich heute
besonders, wenn ich das lese, wenn ich daran denke, daß wir uns so eifrig an
das Trocknen der ringe gemacht haben. Wenn wir uns nicht so daran gehalten
hätten, dann wäre uns ja doch ein großer Teil verloren gegangen. Ja sagen wir:
KdF = Kampf dem Verderb. Der Hosenstoff für unseren Jungen hat nun Verwendung
für einen Rock für unser Mädel gefunden. Damit ist ihr ja auch wieder geholfen.
Das ist immer wesentlich, daß Du soviel Spielraum hast, um etwas zu machen. Es
ist ja nicht unbedingt notwendig, daß die gemachten Pläne stur eingehalten
werden müssen.
Ich finde es auch komisch, daß sich Dein Vater so um das Kohlenschichten bei
Erna bemüht, ob das Verhältnis jetzt wieder etwas besser geworden ist? Denn so
scheint er ja doch nicht mehr über Erna herzuziehen, wie er es einmal eine Zeit
getan hat. Diese Sachen nimmt Dir niemand ab und Du muß Dir erst dafür ein
Rückenweh beschaffen, bis Du diese Arbeit geschafft hast. Aber froh bin ich
doch, daß Ihr den Winterbrand im Keller habt, dann ist doch in dieser Hinsicht
auch gesorgt.
Ja, die Tage in München. Das kann ich Dir ohne weiteres nachfühlen, daß Dir das
gefallen hat, daß alles so ordentlich und aufgeräumt war, Schön war auch, wenn
man so früh zum Frühstück ging. Alles wurde einem hingestellt,. Das ist schon angenehm, wenn man sich einmal
bedienen lassen kann. Denn als Hausfrau muß man das ja sonst jahraus, jahrein
selbst machen. Es war dort wirklich sehr freundlich und nett. Aber das
Wichtigste dabei war auch mir, daß Du dabei gewesen bist, denn sonst hätte das
alles für mich nur halb soviel Bedeutung gehabt.
Mit der Bastelarbeit hat Dir Helga eine weitere Arbeit ins Haus gebracht. Unser
Jörg hat, wie ich feststellen muß, auch schon seine Ansprüche geltend gemacht.
Wenn Du aber auf diese Art noch ein Spielzeug für die kleine Ursula dabei
herausbekommst, dann ist da ja ganz schön. Daß die von mir gesandte Baumwolle
noch eine solche Verwendung findet, das hätte ich mir nicht geträumt. Aber wenn
Du diese Sachen noch für Hausschuhe verwenden willst, dann hat das
Verpackungsmaterial , das wir uns noch in Charkow beschafften, bestimmt seinen
Zweck erfüllt.
Für heute will ich es gut sein lassen. Nimm viele Grüße entgegen. In Gedanken
bin ich immer bei Euch. Herzliche Küsse füge ich für Dich bei und bin in Liebe
immer Dein Ernst.
Meine Liebste!
20.11.43
Du wirst lachen, aber ein Großteil des Tages bringe ich immer noch auf dem Klosett
zu. Diese Gänge sind für mich jetzt sehr wichtig. Ich muß da an eine Sache
denken, die neulich in der Zeitung stand. Ein Mann kommt nach hause von einem
Stehgelage. Diese Kneiperei ist ihm nicht ganz gut bekommen. Er ruft: Frau,
bringe mir doch einen Kübel, ich muß mich übergeben. mach aber schnell. Die
Frau läuft und bringt den Kübel. Inzwischen hört man den Mann schon wieder
rufen, „Frau, lassen den Kübel sein, ich habe es mir anders überlegt, bringe
mir lieber eine frische Hose.“ Soweit kommt es bei mir zwar nicht und die
Ursache ist auch nicht darauf zurückzuführen, aber immerhin mir reicht es schon
so. Ich hoffte eine Besserung dadurch herbeizuführen, daß ich das Essen
wesentlich einschränke. Aber nur die Mittagsportion und ein Teil des Abendessens
ist doch auf die Dauer zu wenig. Das mache ich nun schon seit 3 Tagen, aber
eine Änderung meines Zustands ist noch nicht zu bemerken. Wenn es nicht anders
wird, gehe ich nochmals zum Arzt. Zum Hungerkünstler will ich mich nicht
ausbilden. Aber vom Dienst will ich auch nicht fernbleiben. Es liegt aber keine
Veranlassung vor, daß Du Dir deshalb Gedanken machst. Daß dieser Schwehr versucht, sich von Zeit zu Zeit bemerkbar und
wichtig zu machen, das liegt nun einmal in der Natur solcher kleinen Geister.
Das ist für mich auch kein Grund zum Aufregen, wenn ich weiß, daß Du Dir weiter
nichts daraus machst. Das sind eben kleine Hasselzwerge, die stolz sind, einmal
etwas sagen zu dürfen. Lasse diesen Kaffern links liegen, und wenn er Lust zum
Meckern hat, dann soll er ein Ei legen und es, wenn er will, bebrüten. Das soll
uns alles nicht weiter kümmern.
Durch das Zusammensein in München hat sich für Dich die Trennung etwas anders
gestaltet. Das war ja für mich einer der Gründe, die mich veranlassten, Dich
kommen zu lassen. Die Kinder kommen im allgemeinen besser darüber hinweg und
durch Dein Wiedereintreffen hat es ihnen ja nur Freude bereitet, so daß sie
meine Abreise nicht mehr so empfunden haben. _ Die Gartenarbeit hat Dich auch
in der vergangenen Zeit sehr in Anspruch genommen und ich Freude mich, daß die
Bohnen noch so geworden sind, daß Ihr etwas davon gehabt habt. Uns werden sie
ja hier in der Woche mindestens zweimal vorgesetzt. Die meisten meutern ja
darüber, doch es hilft ihnen nicht viel. Hast Du eigentlich genügend Zwiebeln?
Vielleicht könnte ich hier noch welche kaufen. Nur die Absendung macht mir noch
Gedanken, weil wir ja nur zwei Päckchen senden dürfen. Übrigens habe ich heute
wieder ein Päckchen an Dich abgeschickt. Es enthält zur Abwechslung und zum
Abgewöhnen wieder einmal ....Rosinen. Du wirst bald sagen, wohin mit diesen
vielen Dingern. Mancher wäre vielleicht
froh, er bekäme welche. Wenn man etwas dafür tauschen könnte, dann wäre Dir auf
diese Art geholfen. Aber sie werden auch so ihren Mann finden. Du mußt Dir
keine Gedanken machen, daß ich nichts esse. Ich habe seit meiner Ankunft bis
jetzt über 1 kg Rosinen verzehrt und auch einige Feigen. Ist das nichts? Demnächst will ich, wenn mein Magen wieder
in Ordnung ist, mir sogar ein Stückchen Torte leisten. Ich scheute bisher immer
die teuren Preise, aber wo ich nun schon weiß, daß ich für Euch hier nichts
weiter erwerben kann, da habe ich mich zu diesem Schritt entschlossen.
Vielleicht habe ich Geld dazu, wenn es soweit ist. Das Päckchen hat die Nummer
3 und nun steht mir immer noch eines für diesen Monat offen, denn das wurde mir
anscheinend irrtümlich nicht angerechnet. Ich bin bestimmt nicht böse darum. So
bekomme ich doch die Sachen nach und nach von hier weg.
Für die mitgesandten Fotos habe ich mich noch nicht bedankt. Sie sind ganz
nette Erinnerungsbilder, wenn sie zum Teil auch etwas hätten besser sein
können. Aber da wollen wir darüber hinwegsehen. Die Bilder vonm Fenster sind
soweit ganz gut geworden. Nur auf dem einen, da ziehe ich einen Latsch, das ist
schon nicht mehr heilig. Auch die Bilder, die Du noch gemacht hast, sind ganz
schön geworden, die Kinder sind ganz gut getroffen und auch Du sitzst ganz gut
auf dem Bordstein. Wo habt Ihr die denn gemacht? Also vielen Dank dafür. Ich
denke, daß ich in diesen Tagen von mir hier einige Bilder bekommen werde. Ich
lasse sie Dir dann als Bild zugehen. Ich will Dich aber nicht zu neugierig
machen, denn sonst sind Deine großen Vorstellungen davon nachher enttäuscht.
Gespannt bin ich ja, wenn Du mir einmal die ersten Bilder von München schickst.
Ich glaube, da könntest Du mir so nach und nach einen Streifen nach dem anderen
zugehen lassen, denn mich interessiert das ja auch, zu sehen, was wir da für
Gesichter machen.
Eine Sache drückt mich hier, das ist das Stopfen meiner Strümpfe. Bisher hat
sich immer jemand gefunden, der mir diese Arbeit abgenommen hat. Die Wäsche
wird uns wohl gewaschen, aber die Strümpfe, die kommen mit den gleichen Löchern
wieder zurück, mit denen man sie hingibt. Meist sind sie sogar noch größer.
Jetzt habe ich, nachdem ich nun mehrere Male mit mir zu Rate gegangen bin,
beschlossen, Dir in Zukunft meine Strümpfe anzuvertrauen. Ich werde sie Dir
immer zusenden und wenn Du dazu kommst, dann läßt Du sie mir bitte wieder
zugehen. Du wirst zwar von diesem Auftrag nicht sonders erbaut sein, aber ich
weiß mir nicht anders zu helfen. Die wenigen Drachmen, die wir ausbezahlt
erhalten, will ich nicht an die Leute für solche Zwecke ausgeben und wenn ich
das selbst mache, dann verspreche ich mir davon einen glatten Misserfolg. Also
sei bitte so liebe und nimm Dich meiner Strümpfe in gebührender Weise an. Herzlich grüße ich Dich, die Kinder und
Vater. Viele Küsse für Dich und die Kinder füge ich bei und bin immer Dein
Ernst.