Freitag, 29. Juni 2018

Brief 438 vom 28.06.1943


Mein liebstes Mädel !                                                                           28.6.43 
    
 

Den Eingang Deiner Briefe vom 17. und 18. muß ich Dir gleich vorweg bestätigen. Aber dann möchte ich erst noch auf den Inhalt Deiner anderen Briefe eingehen, die doch so lange ausgeblieben waren. Da hat mich vor allem gefreut, daß Du gleich mir der Ansicht warst, daß Du dem Kind etwas aufs Sparbuch gelegt hast.  Das macht mir immer Spaß, wenn ich die Übereinstimmung zwischen uns feststelle. Auch über die Höhe sind wir uns ja einig, denn mein Vorschlag ging ja gleich falls in dieser Richtung. Mit dem Kaufen ist das jetzt so eine Sache, denn die Punkte sind immerhin so knapp bemessen, daß es gerade so reicht. Ich denke, daß sie das auch einsehen werden und das genau so schätzen. Über die beiderseitige Anwesenheit von Deinem Vater und Alice war ich auch etwas verwundert. Das kann schon sein, daß es am Anfang etwas steif  zugegangen ist. In irgendeiner Form wird das schon einmal seinen Niederschlag finden. Doch das sind wohl Dinge, um die wir uns keine sorge machen brauchen. Wenn Familienklatsch gemacht werden muß, dann sollen sie ihn machen, wir werden immer versuchen, uns nicht hineinziehen zu lassen. Deine Anregung wegen des Mehls nehme ich gern entgegen. Ich weiß, daß Du es auf alle Fälle gut verwenden kannst und das ist die Hauptsache. Ich bin sowieso scharf auf solche Sachen. Aber vorerst habe ich für Euch wieder einmal Öl besorgt, weil das immer einen Hauptfaktor in der Ernährung darstellt. Ich wäre erst froh, wenn ich es schon bei Dir daheim hätte. Vorerst sitzt Du ja noch auf dem Trockenen. Ich nehme das zwar nur an, ich glaube aber, daß es an dem ist. Außerdem habe ich etwas geräucherten Speck in Aussicht. Den wirst Du wohl auch nicht ablehnen. Man muß zusehen, auch die Ernährung immer etwas ausreichender zu gestalten. Jetzt bei der Verringerung der Fleischration ist das sogar nicht ganz ohne Bedeutung. Aber ich werde das Mehl und den Zucker nicht aus dem Auf lassen, sobald sich das etwas auftut, werde ich schon zufassen. Daß Du dich mit Deiner Anregung nicht antreiben willst, das weiß ich ganz gut, denn das entspricht ja nicht Deinem Wesenszuge. Ich habe überhaupt wieder Verschiedenes zu verschicken. Dein Vater hat mich schon wieder wegen Rauchwaren angehauen. Gar zu viel bekommt er nicht. Aber etwas habe ich schon für ihn. An Siegfried will ich auch einmal einige Zigaret ten senden. Wenn man anderen einmal eine Freude machen kann, dann soll man es ja tun. Mir macht es jedenfalls Spaß und ich glaube, daß sie sich auch darüber freuen. Nur aus nutzen lasse ich mich nicht gern. Ich sage das nun nicht im Zusammenhang mit Deinem Vater , weil er jetzt öfter davon schreibt, denn ich habe von ihm ja auch Gefäl ligkeiten verlangt. Ganz abgesehen davon, daß ich von Siegfried in dieser Richtung über haupt keine Anfrage erhalten habe. Ich nehme auch nicht an, daß Dein Vater in der Übersendung von Tabakwaren eine Dauereinrichtung sieht. Ich habe hier Kameraden, den ich zum Teil zu danken in irgendeiner Form verpflichtet bin. Was kann man ihnen schon geben als Zigaretten. Das ist nun einmal das große Klagen der Soldaten und eben vor allem der starken Raucher. Für Vater will ich ja auch noch etwas schicken, wenn er wird ein Päckchen Tabak  oder eine Zigarre auch nicht ablehnen. Wenn man als Nicht raucher bekannt ist, so wird man von den verschiedensten Richtungen angehalten.  Das ist nun einmal so, und ich versuche allen soweit als möglich gerecht zu werden, weil ich es nicht gern abschlage. Daß Jörg nun nach und nach sich teilweise mit und ohne Schwimmgurt ins Tiefe wagt, ist sehr schön, und ich freue mich jedes mal, wenn ich von seinen Fortschritten lesen kann, die er in der Schwimmkunst erreicht.  Wie ich mit Bedauern immer wieder feststellen muß, hast Du mit ihm Deine Mühe, daß er ins Turnen gehen soll. Es ist durchaus richtig, daß Du ihn nicht dazu zwingst, denn es liegt mir nichts daran, den Kindern etwas aufzuzwingen, an dem sie keine Lust haben. Es ist aber so, daß er dann später schwer daran tut, wenn er dann dies machen muß und dann nicht mitkommt. Ich denke nur daran, daß er in der HJ zu irgend welchen Dingen heran gezogen wird, und dann soll er nicht darunter leiden müssen, daß er im Hintertreffen steht. Wenn es dann soweit ist, dann hat er überhaupt keine Lust. Es ist mir nicht einerlei, daß ich nicht in diesem Fall daheim bin, um meinen Einfluss auf ihn ausüben zu können. Es ist zuviel für Dich neben Deinen täglichen Aufgaben, diesen Jungen so zu leiten, wie es notwendig wäre. Ich bitte dies aber nicht dahin aufzufassen, daß ich etwa unzufrieden mit Deinen Maßnahmen wäre. Aber der Junge hat einen zu eigensinnigen Kopf. Strenge wäre da wohl manchmal am Platz, aber bei Deiner nicht gerade festen  Konstitution ist das zuviel, sich stündlich mit ihm auseinander zu setzen. Lasse darum den Dingen den jetzigen Lauf. Es wird sich noch etwas mit der Zeit ergeben. Bleibt mir gesund und lieb. Laßt Euch fest küssen und nehmt viele Grüße entgegen von Deinem Ernst.

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